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Brandenburg an der Havel
und Umgebung

Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Brandenburg an der Havel, Pritzerbe, Reckahn und Wusterwitz

Herausgegeben von den Herren Sebastian Kinder und Haik Thomas Porada im Auftrag des Leibniz-Instituts für Länderkunde und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig

M. Hübner
Ein hervorragendes Buch liegt da auf meinem Schreibtisch. Grüner Einband, auf dem Titel ein Luftbild der alten, Havel-durchflossenen Dreistadt Brandenburg, 457 Seiten stark. Eine wissenschaftliche Abhandlung und eben eine Bestandsaufnahme zum Großraum Brandenburg – so etwas hatte es seit Professor Tschirch seligen Angedenkens nicht mehr gegeben. Die Zeit rief nach einem solchen Werk und es waren hochkarätige Autoren, die diesen Ruf vernahmen und sich an die Arbeit machten.
Dabei gingen sie über Tschirchens historischen Ansatz weit hinaus. Vorgelegt wurde dem interessierten Publikum eine Synopsis aus geologischen, heimatkundlichen, historischen, und gegenwartsbezogenen Bereichen, die ihre Sujets vollumfänglich, ganzheitlich und fundiert behandelt. Es ist ein Nachschlagewerk, es ist ein Lehrbuch, es ist ein heilendes Pflaster auf die zutiefst verwundete Seele einer einst so bedeutenden und später zu Unrecht ins Abseits geschobenen Metropole mit ihrer so unverwechselbaren und einzigartigen Geschichte.

Lyrik, Bildbände und Prosa verneigen sich oftmals vor Landschaften oder Städten. Daß dazu aber ein wissenschaftliches Standardwerk in der Lage sei, diese Erkenntnis wäre zumindest bis zum Erscheinen dieses Buches strittig gewesen. Nun liegt der Beweis auf dem Tisch. Er fügt sich als Band 69 in die Reihe Landschaften in Deutschland - Werte der deutschen Heimat. Alles an dieser Schrift überzeugt: Eine klare und übersichtliche Gliederung – selbst die Indizes sind in Personen-, Orts- und Sachregister unterteilt, die Ausführlichkeit, mit der die Themata behandelt werden, die Qualität der 80 teils farbigen Abbildungen, die vortreffliche Papierauswahl und der saubere Druck empfehlen das Buch nicht nur den im Vorspann angeregten Institutionen wie Schulen, Archiven, Museen, etc. sondern auch und gerade den Hand- und Privatbibliotheken an ihrer Heimat interessierter Brandenburger.

Lediglich in der Quellendokumentation fand sich ein Wermutstropfen und dieser auch nur durch einen Zufall. Ein Mitarbeiter unseres Blattes ist ein Wikipedianer, der für diese Online-Enzyklopädie auch heimatkundliche Beiträge verfaßt. Nun sind Beiträge der Wikipedia gemeinfrei und von Jedermann kostenfrei zu nutzen. Wenn man aber dieses Angebot wahrnimmt, wäre eine Quellennennung zumindest anständig.
Es steht außer Frage, daß die Wikipedia noch immer unter einem Ruf leidet, der von der Fachwelt als gelinde gesagt oberflächlich betrachtet wird. Sollte man dennoch einen ihrer Artikel für qualitativ hinreichend betrachten, daß man ihn wörtlich und beinahe ungekürzt übernimmt, ohne den „verruchten“ Namen des Internet-Lexikons nennen zu wollen, kann man sich auch durchaus mit dem Namen des Beitrags-Verfassers behelfen, zumal, wenn eine Textfassung gewählt wurde, die, wie in diesem Falle, aus einer Hand stammt. Die ausführliche Historie, welche die Wikipedia zur Entsehungsgeschichte ihrer Einträge anbietet, läßt diese Option problemlos offen. Diese winzige Referenz wäre der Seriosität des Gesamtwerkes nicht abträglich sondern durchaus förderlich gewesen. Es ist schön, sich in einem so anspruchsvollen Werke wiederzufinden. Es ist traurig, namentlich dabei unter die Teppichkante gekehrt zu werden.

Etwas umfänglicher hätten wir uns auch die Abhandlung Herrn Joachim Wieses über „Mundart und Umgangssprache“ gewünscht. Zur ausführlicheren Behandlung dieses Themas hätte beispielsweise ein Beitrag aus dem Jahre 1878 von Herrn Domorganisten und Domschullehrer Carl Maass gute Dienste leisten können. Diese sprachkundlich aus berufener Quelle verfaßte Schrift mit dem Titel "Wie man in Brandenburg spricht" ist im Jahrbuch für niederdeutsche Sprachforschung veröffentlicht worden und liegt beispielsweise dem Arbeitskreis Stadtgeschichte der Stadt Brandenburg vor. Nach entsprechender Konsultation hätten 32 Seiten im Quartformat das Gesamtwerk um einige sehr lehrreiche und anschauliche Nuancen bereichern können.

Dennoch – das Resümee bleibt! „Brandenburg an der Havel und Umgebung“ ist ein aktuelles, informatives und hervorragend komponiertes Buch, das jedem heimatverbundenen Brandenburger als „Pflichtlektüre“ ans Herz zu legen ist.

Brandenburg an der Havel und Umgebung - eine landschaftliche Bestandsaufnahme im Raum Brandenburg an der Havel, Pritzerbe, Reckahn und Wusterwitz,

Hrsg. Sebastian Kinder und Haik Thomas Porada,

in der Reihe Landschaften in Deutschland - Werte der deutschen Heimat des Leibniz-Institutes für Länderkunde und der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Band 69,
ersch. im Böhlau Verlag Köln Weimar Wien, 2006,
ISBN 978-3-412-09103-3
€ 29,90


 
B
4. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2006