Briefe zwischen
Bettina von Arnim
und
Catharina Elisabeth Goethe
Aus der Reihe „Märkische Leselust“
des Brandenburger Theaters
Kotofeij K. Bajun
Das ist nun schon bald zweihundert
Jahre her, da unterhielten sich zwei Frauen durch einen intensiven Briefwechsel
miteinander. Wer die beiden waren? Machen wir es nicht so spannend:
Goethes Mutter Elisabeth und Bettina Brentano, spätere von Arnim
plauderten da so angeregt über Gott und die Welt und ihre eigenen
Befindlichkeiten.
Das Brandenburger Theater ließ es sich verwichenen Sonntag angelegen
sein, Auszüge dieses Briefwechsels in stimmungsvollem Ambiente
vorzutragen. Die immer wieder berückende Kulisse des Schillerparks
vor den Fenstern des Großen Foyers und die Reihe „Märkische
Leselust“ gaben den Rahmen.
Der von uns hoch geschätzte Herr Röhrig traf die Auswahl der
zu lesenden Texte und zwei Damen des Theaters brachten sie zu Gehör.
Besonders die Schauspiel-Absolventin der Hochschule für Film und
Fernsehen Potsdam, Frau Jenny Weichert, bestach durch ihren Vortrag
der Briefe Bettinas. Die Besetzung war klug gewählt, deckten sich
doch die Lebensjahre Frau Weicherts in etwa mit denen, während
derer Bettina ihre Korrespondenz mit Frau Aja so innig pflegte. Doch
Frau Weichert tat mehr, als sich nur auf diesen „Jugendbonus“
zu verlassen. Ihrer Stimme lauschend, ihrer Gestik folgend konnte man
sich des Eindrucks nicht erwehren, als hätte sie beides dem Geiste
Bettinas geliehen, der durch sie sprach, wie Gott aus dem Munde der
Propheten. Es sind die schönsten Augenblicke im Berufsleben eines
Rezensenten, vor sich solche anmutigen Momente noch einmal Revue passieren
zu lassen. Momente höchsten Kunstgenusses, wie wir sie auch Frau
Susanne Ellen Kirchesch danken, die mit ihrem voluminösen und kristallklaren
Sopran verzauberte, als sie Lieder der Epoche zum Vortrage brachte.
Am Klavier begleitet von Frau Rita Herzog trugen beide hervorragende
Musikerinnen das Ambiente, die Atmosphäre der frühen Romantik
in das Foyer des Theaters, so recht die Themata des Briefwechsels umspielend.
Frau Gisela Leipert versetzte sich in die Rolle der Catharina Elisabeth
Goethe, genannt Frau Aja. Und so sahen wir denn durch die Gestalt der
besonnenen Sprecherin hindurch die würdige Greisin in ihrem letzten
Lebensjahre an ihrem Frankfurter Fenster sitzen und in Gedanken an ihr
„Töchterchen“ Bettine den Federkiel ins Tintenfaß
tunken.
Wenn man diese Sonntagnachmittage des Brandenburger Theaters resümiert,
so fühlt man sich doch in eine aparte Soiree versetzt, in der just
die feinsten kulturellen Pralinen gereicht werden. Solche Künstler
zu verpflichten, die das Foyer des Brandenburger Musentempels zu einer
kleinen, stillen aber erlesenen Oase erheben, das ist eine Leistung,
über die wir des Lobes voll sind. Das Brandenburger Theater selbst
wird, geschmückt durch solche Perlen, zur Preciose. Daß sich
diese Erkenntnis bei den „gebildeten Ständen“ etabliert
haben dürfte, dafür sprach das mit etwa sechzig Zuhörern
vollbesetzte Foyer des Großen Hauses, welche sowohl die Künstler
als auch den sie kompetent und amüsant einführenden Dr. Gotthard
Erler mit dankbarem Beifall reichlich bedachten.
Das wirklich Charmante an solchen Nachmittagen ist, daß sie in
der kulturell empfindsamen Seele nachhallen, daß man von ihnen
zehrt, wenn längst der „grise“ Alltag das Szepter übernommen
hat und daß man das Gefühl mit nach Hause nimmt, die, welche
seit zwei Jahrhunderten schon der Sand deckt, leben in uns fort und
erquicken uns noch immer mit der Anmut ihres Geistes und einer wohlgesetzten
Sprache. Sei letztere auch unkonventionell, plaudernd und plätschernd,
quirlig und lebhaft wie ihre bezaubernden Deklamatorinnen, so verleugnet
sie doch nie den Esprit, den die Gedanken durch und durch gebildeter
Damen einst schufen.
Kultur ist ein Luxus! Und mit Oscar Wilde möchte ich diesbezüglich
rufen: „Umgebt mich mit Luxus – auf alles Notwendige kann
ich verzichten!“