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Spuren im Sand - Brandenburger Archäologen luden zum Jahresrückblick

Aschenputtel erwacht
Das Gotische Haus öffnet sich seinen Brandenburgern am Tag der Offenen Tür


Das Gotische Haus

Kotofeij K. Bajun
"Ceterum censeo Carthaginem esse delendam - Im Übrigen glaube ich, dass Karthago zerstört werden muss", beendete Cato der Ältere gebetsmühlenartig seine Reden im Senat. Irgendwann hatte er Erfolg. Davon angestachelt, deklamierte ein Brandenburger Journalist mit eben derselben Zähigkeit seit über einem Jahrzehnt bei jeder Gelegenheit: "Im Übrigen glaube ich, dass das Gotische Haus gerettet werden muss." In der Zeit, als man die Ritterstraße 86 noch als "Radio Pax" kannte, war gerade die Plakatierung als "Gotisches Haus" enorm wichtig. In dieser architektonischen Geschlossenheit mit genauer Datierung von 1452 gehört es mit dem Ordonnanzhaus und dem Spandauer Gotischen Haus zu den einzigen „Überlebenden“ dieser frühen Epoche der märkischen Profanbaugeschichte. Professor Carsten Westphal hatte seinerzeit geholfen, den Spandauern deren Pretiose zu erhalten. Nun wagt er sich gemeinsam mit den Brandenburger Denkmalschützern an den Brandenburger Bauschatz, der in seinem gegenwärtig traurigen Zustand zum Tag des Offenen Denkmals von den Brandenburgern besichtigt werden konnte. Die Brandenburger kamen. Obgleich für die Innenbesichtigung nur Tageslicht zur Verfügung stand – Carsten Westphals Augen hätten ausgereicht, selbst die dunkelste Kellerecke zu erleuchten. Wenn er berichtete, dass die Alten das Haus in unmittelbarer Nähe zur Havel vier Meter tief gründeten und es trotzdem zuwege brachten, den Keller absolut trocken zu halten, wenn er auf die alten gotischen Formatsteine, Spitz-Bögen, Nischen, Ritzfugen und den fulminanten Dachstuhl weist, nimmt sein Feuer alle Anwesenden gefangen. Sie gehen mit, sie folgen dem sachkundigen Architekten und Denkmalschützer, der ihnen schon ihr Paulikloster wiedergab.

"Sechshundert Jahre trägt dieser Dachstuhl seine Ziegel – und nicht der geringste Schädlingsbefall!" Niemand, der Westphal nicht vertrauensvoll auf die uralten Spitzboden-Bohlen gefolgt wäre. Das atmet alles Solidität, Standfestigkeit, präzise Arbeit von handwerklichen Spitzenkönnern und – es ist einfach nur schön! Westphal zeigt den grandiosen Südostgiebel mit den drei großen Rundblenden und erklärt: "Stellen Sie sich die Situation zur Entstehungszeit vor! Die Häuser bis zur Langen Brücke gab es noch nicht und ein prächtiger gotischer Giebel grüßte 600 Meter bis zum Neustädtischen Rathaus hinüber mit der unmissverständlichen Botschaft: Hier wohnt Geld!" Die ganze Sorgfalt und Kunst, die bei der Aufführung dieses Baukörpers verwendet wurde, verweist auf urbane Macht, Einfluss und Selbstbewusstsein des unbekannten Bauherren. "Ein Saal zehn mal zehn Meter!", schwärmt Westphal, "Einzigartig – und wir wissen nicht, wofür der gedient haben könnte!" Der Boden jedenfalls kann kein Speicher gewesen sein – es fehlen die Ladeluken. Der Architekt ruft jeden Besucher auf, sich gedanklich an der Erschließung eines der wertvollsten Häuser der Havelmetropole und der ganzen Mark zu beteiligen.

Wer eine Idee hat, soll sie nicht für sich behalten. Doch vorerst überwiegen die Fragen. Was man mit dem Hause vorhabe, will eine Dame wissen. Verwaltung im Obergeschoss und eine museale Nutzung im Untergeschoss seien angedacht und vielleicht, wenn es optimal läuft, dann könnte man das originale Raumerlebnis wieder weitestgehend herstellen. Die neoklassizistische Fassade zur Ritterstraße hin soll jedoch in jedem Falle erhalten bleiben. Ebenso wird der Deckeneinzug des zweiten großen Umbaus in den 1750ern in seiner Höhe belassen, auch wenn er etwas niedriger als der ursprüngliche ausfällt.


Prof. Carsten Westphal fesselt die Besucher mit der Baugeschichte des Gotischen Hauses.

Wenn dieses architektonische Aschenputtel für gerechnete 1,5 Millionen Euro bis 2015 wieder in altem, neuem Glanz erstrahlt, wird sich so mancher Brandenburger über das bisher nur von Kennern beachtete und geliebte Kleinod der Stadtgeschichte verwundert die Augen reiben. Die Nutzungskonzeption sieht vor, dem Gebäude wieder eine Öffentlichkeit zu geben, wenn es diese nicht schon in der Zeit seiner Entstehung besaß. Ein Hinweis darauf könnte laut Marcus Cante die überaus sorgfältige Aufführung sein. Hat sich dieser Glücksfall erst dem letzten Brandenburger erschlossen, besteht wohl künftig keine Gefahr mehr, dass das Gotische Haus jemals wieder in diesen jammervollen Zustand gerät. Der Tag des Offenen Denkmals taugt also zu weitaus mehr, als nur einen alten Brandenburger Zeitungsschreiber und Parteigänger Catos des Älteren glücklich zu machen.


Bei allem Fachwissen – ein bisschen Erleuchtung von oben kann angesichts der dürftigen Quellen nicht schaden!


zum Wikipedia-Artikel über das Gotische Haus von Kotofeij K. Bajun

 
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11. Volumen

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12.09.2012