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Heimspiel für den Altbischof
Dramaturg Ulf Brandstädter begrüßte Wolfgang Huber zum MontagSpezial


Abb. 1 Altbischof Professor Huber und Dramaturg Ulf Brandstätter im Gespräch

J.-F. S. Lemarcou
Wenn sich Brüssel und Straßburg darum streiten, wer die Hauptstadt Europas sei, dann kann die Elsassmetropole als schlagendes Argument ins Feld führen: "Aus unseren Mauern stammt Wolfgang Huber und ihr habt nur das Atomium und Petit Julien!" Aus für Brüssel. Denn zumindest in der protestantischen Welt des Nordens führt kein Weg vorbei an dem Altbischof der evangelischen Landeskirche von Berlin-Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz. Ratsvorsitzender der EKD war der Professor der Theologie gar und wurde ernsthaft als Nachfolger des unglücklichen Wulff im Schlosse Bellevue gehandelt. Weil sich nun aber der Himmlische Vater Luthers statt seiner für Joachim Gauck entschieden hatte, konnte ein hervorragend vorbereiteter Ulf Brandstädter diesen Hohen Gast zu sich ins Brandenburger Theater einladen, dessen Ehrenbürgerschaft für die Chur- und Hauptstadt am 26.9.2012 von der SVV einstimmig beschlossen wurde. Die Galerie der Gesprächs-Reihe MontagSpezial erweiterte sich am 18. Februar 2013 nicht nur um eine hochinteressante, sondern darüber hinaus auch im „Ruhestand“ noch sehr einflussreiche Persönlichkeit. Huber – das ist einer, wenn man sich den Prototypen eines protestantischen Geistlichen vorstellen wollte... ja, genau so! Konturiert, hochgebildet wie ein Jesuit, theologisch und philosophisch sattelfest. Dass Prof. Dr. Dr. Wolfgang Huber, der streitbare Bischof, jedes Podium als Kanzel versteht, das bewies er auch im Gespräch mit dem gut vorbereiteten Dramaturgen des Theaters. Ulf Brandstädter wusste sich jedoch zu helfen und formulierte die ein oder andere Frage schon mal als erklärenden Monolog, welcher den Bischof schon mal zu längerem Zuhören verdonnerte. Denn wenn einer wie Huber erst im Fluss der Rede begriffen ist, dann hält ihn niemand mehr auf. Geschliffen, eloquent und sachkundig parlierte der Geistliche und man glaubte die konservative Fraktion des Deutschen Bundestags erleichtert aufatmen zu hören, denn zugunsten des Brandenburger Bischofsstuhls hatte Huber 1993 auf ein Bundestagsmandat der SPD verzichtet. Es ist aber auch schwer, gegen ihn zu bestehen: Als sich der blitzgescheite Chefarzt i. R. Dr. Hans-Peter Jung mit nüchtern kalkulierendem Pragmatismus der Haltung des Landeskonservators Detlef Karg anschloss und fragte, warum denn zu Potsdam die Garnisonkirche aus dem Nichts heraus neu erstehen müsse, wenn doch im gleichen Zuge in der Mark 1164 Dorf- und 700 Stadtpfarrkirchen ernsthaft gefährdet seien, konterte die Eminenz glashart. Huber will weder einem Verbrecher wie Goebbels noch einem Kulturbarbaren wie Ulbricht das letzte Wort überlassen. Beide trügen die Verantwortung an der Zerstörung dieses für Preußen und Brandenburg so zentralen und bedeutsamen Baus. Diese Leute dürften nicht Recht behalten und im Übrigen speise sich der Wiederaufbau aus anderen Mitteln als der Erhalt vorhandener Bausubstanz. Schwerer noch als die Zurückgewinnung eines historisch wertvollen Sakralgebäudes sei jedoch der Kampf um die Revitalisierung des Glauben in den Herzen der Menschen. Die Zeiten wären begleitet von einem stetigen Ausbluten der Kirchen und das Rezept, diesem Prozess Einhalt zu gebieten, sei noch nicht gefunden. Zwar werde unter diesen Umständen der Ruf nach der Ökumene lauter. Doch Huber wäre nicht Huber, wenn er nicht seine Akzente gegen die anderen Konfessionen behaupten würde. Sicher – er sucht nach dem verbindenden Element – in seinem Verhältnis zu Rom aber steht ihm der Heilige Vater im Wege, der Hubers Bekenntnis nicht mal den Status einer eigenen Kirche zubilligt. Die mächtige Ostkirche schien des Bischofs Alltagsüberlegung gleich völlig entrückt. Auf die süffisante Frage PreußenSpiegels, ob denn der evangelische Kirchenherr ab und an auch die freitags im Rundfunk übertragene Andacht zum Schabbat höre, man könne sich ja auch mal vom Gottesverständnis seiner jüdischen Amtsbrüder inspirieren lassen, replizierte die Eminenz lakonisch, er lese lieber die Schriften der Rabbiner. Mehr Konzilianz hingegen bewies Huber in seinem Verhältnis zu seinem Brandenburger Domkapitel, das sich auch unter seiner Rigide sichtbar von den jahrhundertelangen Spannungen zwischen dem Beratungsgremium und seinem geistlichen Oberhirten erholte. PreußenSpiegels Nachfrage, wie er denn das bewerkstelligt habe, erklärte der Altbischof damit, dass sich sowohl Kapitel als auch Bischof wieder verstärkt ihren geistlichen Aufgaben zugewandt hätten. Man habe Abstand von einstigen, auf ganz irdische Machtverhältnisse orientierten Denk- und Handlungsmustern genommen. Ob sich ein Mötzower Großagrarier und ein Brandenburger Projektentwickler dieser Sichtweise vorbehaltlos angeschlossen hätten, wäre sicher auf Interesse gestoßen. In dem bis auf den letzten Platz besetzten Foyer des Großen Hauses jedoch kam es zu keinen nennenswerten Dissonanzen. Es war halt wieder ein Heimspiel für den Nachfolger Bischof Stefans, Otto Dibelius' und Albrecht Schönherrs.

 
B
11. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

24.02.2012