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Windjammer - oder: Viel Wind um den Wind

Sputendorf wehrt sich gegen Windkraftanlagen

B. St. Fjoelfross
Ein Dorf wehrt sich! Nein, diesmal ist es nicht jenes gallische Nest, dem Asterix und Obelix entstammen. Hier ist von Sputendorf die Rede, das heute zur Gemeinde Stahnsdorf gehört und in der reichen und arrivierten Region am südwestlichen Stadtrand Berlins gelegen ist.

Auch die Einwohner Sputendorfs haben seit langem die Vorzüge des elektrischen Stroms entdeckt. Die Zeit, als noch die Urgroßeltern der jetzigen Dörfler in launigem Platt verkündeten: „Schiet up dat Elektrische – Karbid blivvt man doch Karbid!“, sind ein paar Jahrzehnte her.

Ist doch schön, wenn man Fernsehen schauen kann, während nebenbei die Waschmaschine brummelt, der Geschirrspüler Geschirr spült und der alte, mechanische Rasenmäher nur noch dekorativen Charakter hat.

Aber irgendwo muss der Strom ja nun mal herkommen … Ja, richtig, der Kalauer ist uns geläufig: „Aus der Steckdose!“ Aber Sie werden lachen: Weiter als bis zur Steckdose denken noch immer viele Zeitgenossen nicht. Für den Strom werden „die da oben“ schon sorgen. Dafür sind sie ja schließlich überbezahlt.

Wo kommt er also nun wirklich her, der Strom, von dem in der Bundesrepublik jährlich 600 Terawattstunden gebraucht werden? Die Antwort sollte mittlerweile jedes Schulkind kennen: Kohleverstromung, Atomenergie, georthermische Energiegewinnung, Windenergie, Solarenergie, Wasserenergie, Biogas-Verstromung, Erdgaskraftwerke, Gezeitenkraftwerke, Kernfusionsanlagen …

… nee, das Letztere war ein Witz. Natürlich war es das, auch wenn eine Dame, die auf Kampfbesuch aus dem benachbarten Kloster Lehnin bei jener legendären Bürgerversammlung vorbeigeschaut hatte, um gegen die für Sputendorf geplanten Windräder anzublasen, das durchaus ernst meinte. Was sprach noch gleich Professor Johannes Hus auf seinem Scheiterhaufen, als ein Bäuerlein mit einem Bündel Reisig nahte: „O sancta simplicitas!“ Was verdeutscht ist: „O heilige Einfalt!“

Lassen wir das mit der Kernfusion mal einstweilen außen vor! Atomenergie ist gut, beschert uns aber einen auf Jahrtausende strahlenden, kreuzgefährlichen Müll, von dem noch niemand weiß, wie man sich dessen am vorteilhaftesten entledigen könne.

Zudem belehren uns Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima über das Atombombenpotential solcher Kraftwerke und sie zurückzubauen, wie man am Beispiel Rheinsberg sieht, kostet am Ende mehr, als die zur Verfügung gestellte Energie je einbrachte.

Kohle verpestet die Umwelt und geht zur Neige. Keine langfristige Option! Auf die Mark zugeschnitten, ist die Nutzung der Wasserkraft auch nicht das Gelbe vom Ei! Hier gibt’s keine anzapfbaren Strömungen. Mit den Gezeiten verhält sich das ähnlich. Biogas ist gerade mal mit einem Prozent an der Energiegewinnung beteiligt und lässt sich auch nicht ausbauen. Gas liefert das russische Bärchen, ist daher unsicher, verpestet auch die Umwelt und überhaupt – es geht auch irgendwann mal aus.

Die liebe Sonne scheint zwar auch am 52. Breitengrad über dem Land des Roten Adlers – aber nicht so effektiv wie beispielsweise in der Sahelzone. Nix isses auch mit einem Sonnenwärmekraftwerk, wie sie im schönen Spanien die Landschaft bei Sevilla prägen. Geothermie ist auch nicht so der Brüller. Die nächste Magmablase brodelt unter der Vulkaneifel, oder im Nordböhmischen – aber eben weit weg.

So, was bleibt denn nun? Richtig! Der Wind – das himmlische Kind. Der bläst zwar hierzulande auch nicht so ungestüm, wie bei den Roaring Fourties, aber es reicht zu.

„Nö, tut es nicht“, lassen sich die Sputendorfer Bauern vernehmen, denen die drohende Einkreisung durch Windkraftanlagen mächtig auf den Zünder geht. Sie rechnen vor, wie lange ein Windrad unter Volllast arbeiten muss, damit es sich rechnet und legen dar, dass die Brandenburger Räder kaum die Hälfte davon erwirtschaften. Sie monieren den Schlagschattenwurf der geplanten 200-Meter-Riesen vom Typ V -3,3 aus der Produktionsreihe der dänischen Vestas Wind Systems A/S. Die Projektentwickler von der Potsdamer Firma Notus energy halten dagegen. Ihr nächstgelegenes Windrad sei immerhin 1.200 Meter von der nächstgelegenen Bebauung entfernt. Und wenn überhaupt, dann träfe der Schatten der Rotoren an manchen Wintertagen morgens die gebeutelten Häuslebewohner zu Sputendorf für etwa 24 Minuten. Oh Graus! Und dannoch der infernalische Lärm von 40 dBA, der in etwa einer in Normallautstärke geführten Unterhaltung im eigenen Wohnzimmer entspricht. Wenn nun der Wind auch in der Nacht pustet – dann wäre der Radau nicht mehr auszuhalten!

Ja, und wenn die Kaventsmänner auch noch im Nabenbereich anfangen zu brennen, und alle Wälder in der Umgebung lichterloh entzünden. Nicht auszudenken. Im Angesicht der entwickelten Horrorszenarien gefriert dem Auditorium schier das Blut in den Adern!

Mit den obligatorischen Tieropfern werden die Argumentationskanonen selbstredend auch gefüttert. Aber nur solange, wie’s dienlich ist. So wird die Frage aufgeworfen, warum Tieren regelmäßig mehr Rechte eingeräumt werden, als siedelnden Menschen.

Antwort: Weil die Tiere weder an der Energieerzeugung teilhaben können oder wollen und auch sonst nicht davon profitieren. Die Menschen aber stellen die Anlagen, die ihren Bedürfnisbefriedigungen dient, eiskalt in die Wohnzimmer der Mitkreaturen. Deshalb!

Was uns erschütterte, war einfach diese Haltung. Stellt sie auf, wo ihr wollt – aber nicht bei uns. Scheiß auf Horno/Rogow! Scheiß drauf, dass dort ein achthundert Jahre altes Dorf mit Kirche und Friedhof, Schänke und Kriegerdenkmal, Haus und Scheune, Acker und Wiese den Weg der baggernden Verdammnis gehen musste. Was geht uns Horno an!

Ja, wenn die Bagger nach Sputendorf kämen, dann werden wir uns schon wehren. So wie jetzt.

Klar, viel hilft der Rabatz nicht. Die Sputendorfer verstehen nicht, wie man ihnen solche Anlagen überhelfen kann, obwohl sich der gesamte Gemeinderat samt dem Bürgermeister gegen das Projekt ausgesprochen hat. Wo bleibt denn da die Demokratie??? Ja, wo bleibt sie denn? Auf der Strecke etwa? Nicht doch! Hat doch ein Liberaler dann seinen Sputendorfern erklärt, dass Sputendorf noch nicht die Mehrheit des deutschen Volkes repräsentiert, das sich seinerseits durch den gesetzgebenden Bundestag vertreten lässt, welch selbiger die Windkraftnutzungsgesetze ersinnt und verabschiedet.

Es ist ein Elend. Wisst ihr was, liebe Sputendorfer! Wenn die Türme stehen, dann holt ihr euch eine Säge und nietet sie um! Aber keine elektrische Motorsäge! Die läuft nämlich ohne Strom nicht. Und den wird’s bald nicht mehr geben. Denn eure Nachbarn wollen auch keine Windräder vor der Haustür. Und wie gesagt – Kohle ist bald aus … Gute Nacht!


Quelle des Fotos: Netzfundsfrück / Facebook.com*
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24. Volumen
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25.04.2015