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Sturm über Europa Wie sich die bundesdeutsche Regierung gegen die Lehren der Vergangenheit verschließt Kotofeij
K. Bajun Aus seiner unbestrittenen historischen Verantwortung heraus meint es das deutsche Volk mit den Gejagten, Entwurzelten und Bedrohten dieser Welt besser, als viele andere Staaten in Europa. Doch auch bei einer noch so vorbildlichen Flüchtlings- und Asylpolitik droht immer der Verlust des Augenmaßes. Was noch schlimmere Folgen zeitigt, ist der aus Ignoranz oder Unwissenheit geborene Verzicht auf historische Lehren. In der Silvesternacht zu 2016 spielten sich auf der Kölner Domplatte und in anderen deutschen Städten Szenen ab, die bis auf wenige Ausnahmen vorher kaum jemand für möglich gehalten hätte. Um die Fatalität der Geschehnisse noch zu steigern, begingen die Kölner Stadtregierung und die Polizeiführung der Dommetropole im Nachgang so eklatante informationspolitische Fehler, dass nicht nur den hohnlächelnden Gegnern der deutschen Flüchtlingspolitik Wasser in Strömen auf die Mühlräder gegossen wurde. Darüber hinaus ging in weiten, bislang auch dieser Politik freundlich gesonnenen Kreisen, Vertrauen in die Wehrhaftigkeit und Stabilität der demokratischen Grundwerteordnung verloren. Da stammelt die Kölner Oberbürgermeisterin hilflos-dummes Zeug von Armlänge-Abstand-halten und zieht vor gewaltbereiten jungen Männern die weiße Fahne auf: Sie gibt jungen Frauen Verhaltensmaßregeln an die Hand, wie die Konfrontation mit solchen Männern zukünftig zu vermeiden sei. Ihr Polizeipräsident belügt wissentlich oder unwissentlich die anwesende Presse, obwohl Polizisten vor Ort sehr präzise Angaben zu Art, Herkunft, Vorgehensweise und Auftreten der Gewalttäter lieferten. Subalterne Beamte schönten offensichtlich in einer Art vorrauseilendem politischen Gehorsam realitätsnahe Berichte, um die Prämissen einer sozialromantischen Integrations-Idylle nicht zu stören – oder keinen Ärger mit ihren Vorgesetzten zu bekommen. Für eine solche Vorgehensweise mag es in der alten Bundesrepublik keine Präzedenz geben – gelernte DDR-Bürger sind 1989 genau solcher Handlungsweisen überdrüssig geworden. Schon schwadronieren ehemalige Spitzenbeamte, wie der umstrittene ehemalige Chef des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Helmut Roewer, von möglichen Umsturzszenarien und dem Ende der deutschen Demokratie. Neuköllns Altbürgermeister Heinz Buschkowsky winkt müde ab. Das alles sei für ihn, den langjährigen Verwaltungschef eines Berliner Brennpunktbezirks, keine Überraschung. Er, der jeder Fremdenfeindlichkeit unverdächtige Sozialdemokrat, ist nur noch darüber erstaunt, wie lange man sich regierungsseitig dringenden Sichtveränderungen in der Asyl- und Flüchtlingspolitik gegenüber verschloss. Wem die Silvester-Eskalationen nämlich am meisten schadeten, waren die überwältigende Mehrheit an anständigen, ruhigen und integrationsbemühten Zuzüglern. Just den Flüchtlingen wurde im Sinne der eingangs erwähnten Worte am intensivsten von denjenigen geschadet, die vorab am lautesten proklamierten, mit fliegenden Fahnen zum Schutz der Bedrängten angetreten zu sein. Die vorhersehbare Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Krimineller Bodensatz der Gesellschaft aus dem Türstehermilieu und dem der organisierten Bandenkriminalität formiert sich derweil, um in deutschen Großstädten gezielt auf Menschenjagd zu gehen. Den Exzessen sogenannter Bürgerwehren hat der Staat zwingend dieselbe Entschlossenheit entgegenzusetzen, wie dem übergriffigen Mob fremdländischer Herkunft, will er sein Gewaltmonopol behaupten. „Der Bürger will sich nicht vom Rechtsstaat verlassen fühlen, sondern die Präsenz der von ihm alimentierten Politik, Exekutive, Jurisdiktion und der öffentlich-rechtlichen Medien spüren. Alles andere spiele den Kräften in die Hände, welche mit billigen Parolen Lösungen versprechen, die sie ihren Wählern im Nachgang schuldig bleiben. So äußerte sich jüngst ein deutscher Verleger und Herausgeber. Es sei gestattet, daran zu erinnern, welche immense Zinslast die deutschen Nationalsozialisten dem Volk zwischen Königsberg/Pr. und Garmisch-Partenkirchen für die offenkundige Fehlabstimmung vom Januar 1933 aufgebürdet haben. Im Übrigen äußerte sich der deutsche Bürgerrechtler und Kapitän Jürgen Schwandt sehr deutlich zu den aus dem Ruder laufenden Vorfällen von Köln: „Schlägertrupps, die durch die Straßen ziehen, hatten wir in Deutschland schon mal. Sie hießen SA! Ich hoffe auf einen Sturm der Entrüstung. Diese Gewalt ist nicht hinnehmbar!“ Die Kölner Ereignisse stellen die Gesellschaft vor eine sehr, sehr ernste Herausforderung. Der Reifegrad einer Gesellschaft wird davon bestimmt, inwieweit sie in der Lage ist, individuelle Schuld festzustellen und von ethnischen Kollektivverurteilungen abzusehen. Leider nutzt ein gewaltbereiter Mob die Folgen jahrelanger Versäumnisse in der bundesrepublikanischen Politik gnadenlos aus. Die Bundesregierung wurde von der modernen Völkerwanderung regelrecht überrannt, obwohl sie bereits in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts deutlich vorausgesagt wurde. Allerdings wurden die Ursachen damals mehr in klimatischen Veränderungen verortet als in den Ergebnissen des abendländischen Neokolonialismus. In einem Europa aber, deren beinahe synchroner Rechtsruck bereits die östliche Hemisphäre verlassen hat und in westeuropäischen Musterdemokratien wie Frankreich, Dänemark und den Niederlanden bereits bedrohlich das Haupt erhebt, ist zu befürchten, dass die die Kölner Ereignisse den deutschen Nationalisten und Ausländerfeinden den Rücken stärken. Sowohl in der überdurchschnittlich von Flüchtlingen und Asylsuchenden bewohnten Region Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf als auch im gesamten Land Brandenburg ist es bislang noch nicht zu solchen konfliktträchtigen Entwicklungen gekommen. Das wurde sowohl auf dem Neujahrstreffen der Teltower SPD im Beisein des Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke als auch beim nur einen Tag später in Kleinmachnow angesetzten Dreikönigstreffen der Liberalen mit Axel Graf Bülow stolz konstatiert. Ein Grund sich entspannt zurückzulehnen, ist das jedoch keinesfalls. Der vor 126 Jahren geborene Übervater des deutschen Journalismus, Dr. Kurt Tucholsky, sagte einst: „Unterschätze nie die Macht ... (von) Leute(n), die einer Meinung sind!“ Darin liegt die Gefahr und Mahnung zugleich. Zeigt sich der Einzelne im Umgang oft rational und vernünftig, mitunter auch einer sachlichen Argumentation zugänglich, so gewinnt die Meinungsbildung in der Masse eine allzu häufig verhängnisvolle Dynamik. Wird dieser Prozess dann noch durch politisch Verantwortliche befördert, welche die Presse zu instrumentalisieren suchen, respektive von einer Medienlandschaft unterstützt, welche Informationen aus einer politischen Gehorsamshaltung heraus gefiltert oder verbogen herausgibt, so gelingt es erfahrungsgemäß nur kurze Zeit, mit dieser Haltung den Deckel auf dem Dampfkessel zu behalten. Der Rücktritt des Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers weist diesbezüglich nur auf eine erste, überfällige Konsequenz hin. Sollten die Oberbürgermeisterin der Domstadt, Henriette Reker und der Nordrhein-Westfälische Innenminister Ralf Jäger diesem Schritt allerdings nicht zeitnah folgen, so haftet der Demissionierung des geschassten Albers jedoch der Makel eines Bauernopfers an. Auch die Bundesregierung agiert momentan wahrnehmbar in der Rolle eines Getriebenen im selbstgeschaffenen Spannungsfeld zwischen idealisiertem Wunschdenken und gelebter Wirklichkeit. Gerade der Frau Bundeskanzlerin mit ihrer ostdeutschen Sozialisation sollten die Folgen einer solchen Politik nicht fremd sein! Das A und O der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik der kommenden Wochen und Monate muss nicht nur in der Entwicklung und Umsetzung einer tragenden Integrationspolitik bestehen. Darüber hinaus ist es unverzichtbar, dass sich die Bundesrepublik Deutschland bei denen Respekt verschafft, welche ihre Traditionen, Gesetze und Werte nicht ernst nehmen. Wer Integrationsunwilligen und Kriminellen aus falsch verstandener politischer Unterwürfigkeit heraus nicht die Tür weist, kann sich hinterher nicht aus der Verantwortung stehlen, wenn das Gros anständiger und um Integration bemühter Flüchtlinge unter dem Fehlverhalten sozial inkompatibler Gestalten aus ihrer Mitte zu leiden hat. Und das wird passieren, sobald ein von irrationalen Ängsten geplagtes Wahlvolk bei den nächsten Wahlen jene mandatiert, welche es am besten verstehen, die wabernden Ängste aufzugreifen und zu artikulieren. Dass dieses Szenario nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigen die erstarkenden nationalkonservativen Bewegungen Lega Nord (Italien), Fidesz (Ungarn), Front National (Frankreich), Partij voor de Vrijheid (Niederlande), Prawo i Sprawiedliwosc (Polen) und nicht zuletzt die Alternative für Deutschland im eigenen Lande. Was aber bedeutet nun Integration? Keinesfalls fordert sie den Zuzüglern den Verzicht auf ererbte Wertevorstellungen und Traditionen ab, insofern diese nicht fundamental dem deutschen Grundgesetz widersprechen! Dr. Dietmar Woidke betonte in Teltow, dass Brandenburg-Preußen seit dem Edikt von Potsdam auf einen ausgewiesenen Erfahrungsschatz bei der Integration von Refuges zurückgreifen kann. Eine übermäßige Gefährdung durch Parallelgesellschaften ist nicht zu erwarten, wie sich aus dem Beispiel der mittlerweile völlig assimilierten Hugenotten, Böhmen, Salzburger ... ablesen lässt. In wenigen Generationen haben sich diese Abschottungstendenzen verschliffen. Die offensive Konfrontation der erwachsenen Flüchtlinge mit deutschen Grundwerten, die unnachsichtige Verteidigung nicht verhandelbarer Positionen und die frühzeitige Einflussnahme auf die Erziehung der Kinder, sowie eine rasche Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in den deutschen Arbeitsmarkt sind Schlüsselforderungen, um das demokratische System der Bundesrepublik stabil zu halten. Mehr Handlung und weniger politisch korrektes Geschwafel genießen dabei höchste Priorität. |
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B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009 13.01.2016 |