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Bilanz und Bürgernähe
Oberbürgermeisterin Dr. Dietlind Tiemann stellt sich den Fragen Dr. Heinz Morios

J.-F. S. Lemarcou
Der Deutsche Hof in der Bäckerstraße erlebte am 24. April die 6. Fortsetzung der von den Altstädtern ins Leben gerufenen Gesprächsreihe „Rolandgespräche am Kamin“. Nach Landtagspräsident Gunter Fritsch, dem Regierenden Bürgermeister von Berlin a.D. Walter Momper, OLG-Präsident a.D. Prof. Dr. Wolfgang Farke, Stodoranen-Knez (Heveller-Fürst) Pribislav-Heinrich und Oberstaatsanwalt Dr. Erardo C. Rautenberg nahm nun endlich die Oberbürgermeisterin der Chur- und Hauptstadt als erste Frau und Konservative am Kamin Platz. Dr. Dietlind Tiemann beantwortete die Fragen Dr. Heinz Morios, des personifizierten Rolands. Dieser, nicht im Kostüm sondern im geschmackvoll-eleganten, dunklen Anzug das Gespräch leitend, zog während des Interviews eine stringente Linie zur hanseatischen Tradition Brandenburgs an der Havel. Im Stil der Gesprächsführung lehnte sich Dr. Morio, der einstige Kreisgeschäftsführer des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft (BVMW), eng an den legendären Günter Gaus an. Einige nette Unverbindlichkeiten zum Anfang, „...wie schätzen Sie den Roland als Symbol städtischer Selbstwahrnehmung ein...?“; ein wenig ließ er die Gesprächspartnerin zu biografischen Aspekten berichten – aber dann: Im Tone weiterhin die Freundlichkeit selbst, diplomatisch bis in die Westentasche – die Thematik jedoch ging ans Eingemachte. Lokalpolitische Fragen, Haushaltsprobleme der Kommune, Erfolge und Rückschläge aus beinahe achteinhalb Jahren Oberbürgermeisterschaft unter der Rigide Dr. Dietlind Tiemanns... Diese brillierte in gewohnter und offener Manier. Wusste sie doch eine Bilanz im Rücken, die unter den gegebenen Umständen kaum besser hätte ausfallen können. Selbst wenn das Haushaltsdefizit mit 150 Millionen Euro brutal ist und sogar noch auf 174 Millionen steigen wird – hätte die häufig genug mit gravierenden und schmerzlichen Einsparungen verbundene Konsolidierungspolitik nicht gegriffen, die Stadt würde sich bereits den damals gestellten Prognosen zufolge der Drittel-Milliarden-Grenze nähern. Stattdessen wurde unübersehbar zukunftsträchtig in die Attraktivität einer Stadt investiert, die sich mit zunehmendem Bekanntheitsgrad ein touristisch tragfähiges und haushaltsentlastendes Standbein schaffen muss. Positiv notierte die Stadtchefin ihre unbestrittene Popularität und Bürgernähe. „Ich bin keine Politikerin – und hoffe, nie eine zu werden!“, hatte sie einst deklariert. Dr. Morio fragte nach, ob sie diesen Satz noch immer unterschreibe. Sie tat es, wenngleich die an allseitig detaillierten Informationen und einer effiziente Arbeitsweise interessierte Dr. Dietlind Tiemann einräumte, ihre Vorstellungen von rascher Informationsbeschaffung von Seiten ihrer Fachleute innerhalb der Administration oftmals hinter die Erfordernisse der etablierten Verwaltungshierarchie zurücknehmen zu müssen. Ein Verwaltungsapparat von über 1.000 Mitarbeitern folge nun mal Gesetzmäßigkeiten, die um eines effektiveren Arbeits- und Informationsflusses willen permanent zu überschreiten sich letztendlich als kontraproduktiv erweise. Ihre den Bürgern der Stadt zugewandte, mit ständiger Präsenz verknüpfte, oft unkonventionelle und zupackende Art aber scheint einer der Pfeiler gewesen zu sein, auf dem ihr fulminanter Wiederwahlerfolg vom letzten Jahr beruhte. Wer mehr über sonst kaum bekannte Facetten dieser bemerkenswerten Frau hätte erfahren wollen, der wäre bei den 6. Rolandgesprächen herzlich willkommen gewesen. Zumal, wie Kathrin Arndt von den Altstädtern beklagend feststellte, noch einige Sitzreihen frei geblieben waren. Der zweimalige lebhafte Zwischenapplaus, den die Oberbürgermeisterin für ihre Ausführungen erhielt, und den sogar Vertreter konträrer politischer Richtungen spendeten, belegte die respektable Leistung dieser Frau an der Spitze des Rathauses. Insofern wäre ein bis auf den letzten Stuhl besetzter Deutscher Hof, namentlich durch Vertreter der eigenen politischen Überzeugung, eine würdige Reminiszenz seitens derer gewesen, für die sich Dr. Dietlind Tiemann in acht Jahren mit ihrem Herzblut engagierte. Spielte doch das konservative Spektrum in der Havelstadt noch zu Anfang des Jahrtausends dem Rolandgespräch zufolge im traditionell roten Brandenburg kaum mehr als eine marginale Rolle. Die seither verstärkte und kaum mehr wegzudenkende Wahrnehmung dieser politischen Denkrichtung im Zusammenspiel der demokratischen Kräfte ist nicht zuletzt das Verdienst der Frau an der Seite des anerkannt schönsten Rolands in Deutschland.

21. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
04.05.2012