Für den Durchblick - Rathenow!
Stadt des Großen Kurfürsten und der Optik lud
zur langen Nacht der Optik
Joachim Muus (li.) zeigt Dr. Frank-Walter
Steinmeier (mi.) die Alte Mühle, in der das Optik-Museum des Optikparks
untergebracht ist.
Michael L. Hübner
Was verbindet die Stadt des Großen
Kurfürsten mit Hameln? Der Erste Beigeordnete Rathenows, Dr. Hans-Jürgen
Lemle weiß die Antwort! So wie man bei Nennung der Weser-Stadt sofort
an den Rattenfänger denkt - so hält auch Rathenow ein entsprechendes Identifikationspotential
vor. Die Kreisstadt des Kreises Havelland ist DIE deutsche Stadt der Optik.
Schon 1801 gründete Johann Heinrich August von Duncker seinen optischen
Industriebetrieb, einhundert Jahre bevor der große Carl Zeiss seine legendäre
Rede vor dem deutschen Unternehmertag hielt. Dieses Alleinstellungsmerkmal
unter den deutschen Industrien wurde Rathenow am 18. April 1944 zum Fluch.
Denn die angloamerikanische Luftflotte war sich der Bedeutung der Rathenower
optischen Industrie für die deutsche Rüstung wohl bewusst. Rathenow litt
furchtbar. Was noch stand, das musste brechen, als die Rote Armee, des
Kampfes müde, Keitels irrsinnigen Verteidigungsversuch des wichtigen Havelübergangs
mit einer harten und entschlossenen Antwort zunichte machte. Rathenow
lag in Trümmern. Die Optische Industrie aber stand wieder auf und behauptete
ihren Platz. Nach dem Untergang der DDR rettete man zwar noch den Standort
- aber das einstige Feuer knistert nur noch schleppend vor sich hin. Lemle
hat Recht. Man muss den Leuten ins Gedächtnis hämmern, dass Rathenow und
Optik eins sind: "Ach, Sie führen einen optischen Betrieb? Interessant!
In welcher Straße haben Sie denn Ihre Firmenadresse? Ja, ja - Rathenow
ist schon klar... Was? Ihre Firma ist nicht in Rathenow präsent? Guter
Mann, wie kommen Sie denn dann darauf, einen ernstzunehmenden optischen
Betrieb zu führen?" So muss das laufen! So und nicht anders! Joachim
Muus, Geschäftsführer des Optikparks Rathenow ist eifrig in dieser Mission
unterwegs. Er ist eine der zentralen Figuren, wenn es darum geht, die
optische Tradition am Leben zu erhalten und für jedermann erfahrbar zu
machen. Der Optikpark selbst ist ein Kind der 2006er Landesgartenschau.
Es dürfte die einzige sein, von der man heute noch spricht. Selbst die
Bundesgartenschauen von Cottbus und Potsdam 1995 und 2001 sind in der
Erinnerung der Menschen beinahe ausgelöscht - es wuchs einfach nichts
nach!
Rathenow aber kämpfte sich zielbewusst weiter nach oben. So, wie sich
der für das ganze stolze Havelstädtchen stehende Turm der St. Marien-Andreas-Kirche
wieder heil und hoch über seiner Gemeinde erhebt, so erfocht sich die
Stadt des Großen Kurfürsten ihren Platz bei der ersten länderübergreifenden
Bundesgartenschau 2015. Die Referenzen hätten besser nicht sein können.
Und so luden Dr. Lemle und Joachim Muus in diesem Jahre am Kindertag zur
langen Nacht der Optik zunächst ins Kulturhaus, in welchem sie einen wahrhaft
prominenten Gast begrüßen durften. Nein, dieses Mal soll nicht die Rede
von Herrn B. St. Fjoellfross sein, obgleich dieser auch seine Meriten
haben mag und überdies ein feiner Mann ist, sondern es kam der - so Gott
will - zukünftige Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Frank-Walter
Steinmeier. Allein dieser Besuch, mit dem der Spitzen-Sozialdemokrat Rathenow
als Teil seines Wahlkreises beehrte, unterstreicht nicht nur, wie ernst
man mittlerweile auch in Berlin wieder den kleinen, nördlichen Nachbarn
der Chur- und Hauptstadt nimmt, sondern darüber hinaus, wie wichtig dieser
regionale Wachstumskern im weiteren Umfeld Berlins für die zukunftsträchtige
Entwicklung eines ostelbischen Gegengewichts zu der geballten rheinischen
Wirtschaftsmacht ist. In dieser Hinsicht ist es schade, dass sich Bürgermeister
Ronald Seeger (CDU) aus welchen Gründen auch immer die Begrüßung des hohen
Gastes versagte. Der Preußische Landbote ist ein Blatt, das erklärtermaßen
der deutschen progressiven Christdemokratie nahesteht. Der Verfasser dieses
Beitrags teilt gar mit Ronald Seeger die Parteimitgliedschaft. Aus diesem
Grunde mahnen wir an, dass es nicht gut aufgenommen wird, wenn auch nur
der Anschein erweckt wird, dass sich Vertreter der großen Volksparteien
mit demokratischer Traditionslinie den gegenseitigen Respekt versagen.
Gerade in Rathenow ist der feste Schulterschluss zwischen allen verfassungsloyalen
Parteien und Kräften mehr als dringlich. Wir jedenfalls sehen in Dr. Frank-Walter
Steinmeier einen engen Freund und machtvollen Verbündeten im steten Kampf
um die Bewahrung aller demokratischen Werte. Er ist ein Mann, der mit
seinen Genossen Wolfgang Thierse, Peer Steinbrück und Egon Bahr, den Liberalen
Hans-Dietrich Genscher und Walter Scheel und mit unseren Parteifreunden
Norbert Blüm, Heiner Geißler und Wolfgang Schäuble für den Typus des anständigen,
hart für die Interessen von Volk und Wähler arbeitenden Politikers steht,
der den ganzen diskreditierten Berufsstand rehabilitiert, so wie Friedrich
von Spee und Rupert Mayer die gesamte Societas Jesu in ihren Persönlichkeiten
rechtfertigten. Frank-Walter Steinmeier ehrt mit seiner Arbeit das Andenken
Willy Brandts, Kurt Schumachers, Erich Ollenhauers, Herbert Wehners und
vor allem das der unvergessenen Regine Hildebrandt. Das sind die Persönlichkeiten,
die auch und gerade in der Redaktion des Preußischen Landboten nicht nur
unvergessen sondern ständig präsent sind! Einen solchen Mann begrüßt man
doch mit Handschlag in der eigenen Stadt, selbst bei Windstärke 12 und
dem Brand des eigenen Hauses! Das dünkt uns guter politischer Stil zu
sein. Nun ja, wir sind Preußen, wir denken in dieser Hinsicht wohl anachronistisch!
Wir aber werden diese Haltung so wenig aufgeben, wie der Große Kurfürst
seine Stadt Rathenow einst den Schweden überließ.
Doch sei der Parteifreund an dieser Stelle genug kritisiert! Seine Stadt,
das berechtigt zu Hoffnung und Stolz, zeigte sich in der Nacht der Optik
wieder von ihrer liebenswertesten und rührigsten Seite.
Bei all ihren Aktivitäten und dem bezeigten Elan muss die Brillen-Stadt
Rathenow nur aufpassen, dass sie sich nicht das eigene Geschäftsfeld abgräbt:
Man wird nämlich bald kein Brille mehr brauchen, wenn man die Stadt Rathenow
auf der Landkarte sucht!
Zwei, die durch keine Parteigrenzen
zu trennen sind:
Michael L. Hübner (CDU), preußisch-märkischer Journalist (li.) und Dr.
Frank-Walter Steinmeier, deutscher Spitzenpolitiker (SPD) (re.).
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