Dussliger Bär und blinder Drache
Russland und China schützen Assad
Kotofeij K. Bajun
Dem russischen Bärchen muss das Wasser bis zum Halse stehen. Sie stützen
Assad junior, den Bluthund, von dem jedermann weiß, dass er nicht mehr
zu halten ist. Warum? Weil ihnen Assad den letzten Mittelmeerstützpunkt
gewährt, den sie haben. Odessa – weg, Sewastopol – weg. Der Bosporus
– traditionell für die Russen ein ganz enger Flaschenhals, seit der
Halbmond über der Hagia Sophia leuchtet. Zudem können die Russen in
Syrien das Letzte verscherbeln, was aus ihrer Inlandproduktion noch
gefragt ist – Waffen. Dennoch – die Russen müssen verrückt sein. Hätten
sie beizeiten in das UNO-Horn getutet und Assad die Makarow auf die
Brust gesetzt, dann hätte sich gewiss ein Weg gefunden, sich mit den
Nachfolgern Assads entsprechend vorteilhaft zu arrangieren. Die Kunst
des wahren Künstlers besteht darin, zu wissen, wann man aufhören muss,
sagte einst Sherlock Holmes. Die Russen aber sind keine Künstler, schon
gar nicht auf dem internationalen politischen Parkett. Sie sind Grobschmiede
– muskelbepackt und kurzsichtig. Sie werden die ersten sein, die am
Krak des Chevaliers das Nachsehen haben. Und das Übelste ist – dass
die Russen, die als Gegenpart zu den Amerikanern noch immer traditionellen
Kredit bei den Arabern haben, diesen gerade gründlichst verspielen.
Aber was reitet Peking? So dämlich, wie beim Veto der letzten Syrien-Resolution
der Vereinten Nationen haben sich die Söhne des Drachenthrons schon
lange nicht mehr angestellt. Gerade in Peking sollte man wissen, wann
es fünf nach Zwölfe ist. Oder will man das dort gar nicht zur Kenntnis
nehmen. Man kennt diese naive Verhaltensweise vom Versteckspiel kleiner
Kinder. Sie halten sich die Hände vors Gesicht und glauben, auf diese
Weise unentdeckt zu bleiben. Wie laut könnten die Chinesen am Ufer des
Ussuri lachen, wenn ihr liebster Feind in Moskau zusammen mit dem Irren
von Damaskus absäuft! Wie schnell und zügig könnten sie die entsprechend
freiwerdenden Nischen besetzen! Aber auch sie rufen mit Moskau in seltener
Einigkeit: Veto! Soll das eine Warnung an die eigenen aufmüpfigen Landsleute
des Riesenreiches sein? Ja, aber um welchen Preis? Assad ist weg vom
Fenster – er weiß es nur noch nicht. Und dem chinesischen Engagement
auf dem afrikanischen Kontinent tut dieses Veto ebenfalls alles andere
als gut. Zumindest die arabische Bevölkerung und die Mehrheit der Moslems
werden die Haltung Pekings sehr, sehr genau beobachten. Und es scheint,
so als hätten beide Großmächte nichts aber auch gar nichts aus dem Debakel
gelernt, was sich die Deutschen – enge Partner beider Mächte – mit ihrem
Stimmenenthaltungs-Lavieren während der Kämpfe um Libyen eingehandelt
haben. Jetzt dürfen die deutschen Mittelständler und Großindustriellen
um die Brosamen betteln, die vom Tische zu Tripolis herunter fallen.
Die Franzosen und die Briten, die sich beizeiten und beherzt engagierten,
die tafeln jetzt an vollen Schüsseln.
Putin muss demnächst die Hosen runter lassen, und den demokratischen
Offenbarungseid leisten. Zar Wladimir lässt sich „wiederwählen“. Aber
wie lange geht das noch gut? 120.000 Demonstranten in Moskau lassen
auch die Innentemperatur des Kremls vereisen. Für einen aber wird die
dumme Syrienpolitik des Doppeladlers allerdings etwas Morgenluft in
die muffige Zelle wehen: Michail Borisowitsch Chodorkowski kann jetzt
hoffen, dass Putin und Medwedjew über Assad und ihre innenpolitischen
Kalamitäten stolpern. Sollte es im Kreml einen Machtwechsel geben, dann
kann Michail Borisowitsch seine Zelle an seine feigen, ehr- und gewissenlosen
Richter übergeben. Das wird er sicherlich auch tun – und zwar besenreiner
als Assad das Land Assurbanipals seinen Sukkzessoren hinterlässt.