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Gesine Schwan malt schwarz

Don M. Barbagrigia
Gesine Schwan ist chancenlose Bundespräsidialkandidatin und Wirtschaftsfachfrau. Und sie ist keine, definitiv keine Idiotin. Angesichts der üblen Wirtschaftslage und der über das Reich hereindonnernden Krise orakelt diese kluge Frau, dass es zwangsläufig im Folge der sich verschärfenden Wirtschaftskrise zu sozialen Unruhen kommen wird. Und sie wird dafür abgewatscht. Von allen Seiten. Schön. Nein, nicht schön! Zumindest zeigt uns dieser Vorgang, wo die wirklichen Idioten in dieser Republik zu suchen sind: Nämlich in den Reihen all jener, welche die ehemalige Erste Viadrinenserin der Panikmache schelten. Denn natürlich hat sie recht! Das ist doch für jedermann, der von eins bis drei zählen kann, ersichtlich. Eine Binsenweisheit.
Die Leute aber, die den doofen Michel, den großen Lümmel, weiterhin einlullen wollen, mit ihrem dämlichen Gewäsch, von wegen wie stark doch Michelchen wäre, und wie gut er aufgestellt ist, die handeln verantwortungslos. Wie gut ist den die deutsche Opel aufgestellt, hä? Das propere Mädel hängt leider an den verwelkten Zitzen ihrer bösen Mama GM in den Vereinigten Pleite-Staaten von Amerika. Nein, diese Schönwetter-Propheten sind wie Hurrikan-Meteorologen, die den Bewohnern der Tornado-Alley weismachen: „Wenn der Zyklon mit Stärke 5 über euer Grundstück hinweggefegt ist, dann nehmt ihr den Laubsauger, saugt das heruntergefallene Laub auf und danach setzt ihr euch schön entspannt wieder in eure Hollywood-Schaukel und genießt den Rest des Abends!“ Seid ihr Trottel eigentlich noch zu retten? Da gibt’s hinterher keinen Baum, keinen Laubsauger, keinen Schuppen und kein Haus mehr! Und die Blätter auf der Gemarkung dürften das allergeringste Problem sein.
Diejenigen, die Frau Schwan jetzt übers Maul fahren, müssen doch ein ganzes Volk für komplett blöde verkaufen. (Womit sie vielleicht gar nicht mal sooo unrecht haben. Aber sooo recht denn nun auch wieder nicht.) Man kann doch nicht erwarten, dass wirklich alle Deutschen ihren Geschichtsunterricht zur Gänze verpennt haben bzw. zu einfacher Analyse und Reflektion nicht mehr befähigt sind. Gesine Schwan der Panikmache zu zeihen bedeutet eine nahtlose Fortschreibung der oft kolportierten Legende von Marie Antoinette, die auf die Vorhaltung, das Volk schreie nach Brot weil es keines habe, süffisant und etwas realitätsfern geantwortet haben soll, dann möge das Volk eben Kuchen essen. Hat die unglücklicher Habsburgerin natürlich nie gesagt, so behämmert wie deutsche Politiker war sie trotz aller Dekadenz nie gewesen – aber das Malmot hält sich hartnäckig. Im Gegensatz zur Bastille übrigens. Von der kündet nur noch ein Platz, wo in etwa sie einmal vor den „sozialen Unruhen“ stand. Aber der deutsche Michel ist ja kein Franzos'. Hier werden keine Barrikaden gebaut, keine Bastillen gestürmt und keine Könige geköpft, oder? Mir san kreizbrave Leitle und lassen uns von deana Spekulanten das Fell ganz genügsam und ruhig über die Ohren ziehen...
Dass Marie Antoniettes unterstellte Denke nicht per se unmöglich erscheint, beweisen die Reaktionen der Anti-Schwanisten. Die wissen übrigens in aller Regel genauso gut wie Gesine Schwan, was auf das deutsche Volk und damit möglicherweise auf sie selbst zukommt – nur, so wie der Onkel Doktor dem Moribunden als Allerletztem sagen würde, dass er Krebs hat und das diese Diagnose seinen unweigerlichen Tod bedeutet, so würden diese weisen Volkslenker eine so herbe Wahrheit ihrem doofen Volk nie überantworten. Der Delinquent soll ja möglichst geräuschlos hinübergehen und nicht noch vorher zum Ärger aller Umstehenden ein wildes und unwürdiges Gezappel beginnen.
Wider besseres Wissen zu reden ist gewissenlos und niederträchtig. Wenn die Sache dann aber auch noch nach dem Verdacht zu stinken beginnt, dass diese Infamität benutzt werden soll, um der Bundespräsidialkandidatin Schwan den Rest ihrer Chancen zu nehmen, sozusagen auf der politischen Bühne den Sack zu zu machen, dann ist das der Gipfel der ehrlosen Lumperei.
Was fürchtet man denn? Dass die Menschen mit dem Erkennen dessen, was da auf sie zurollt, im Vorfeld beginnen panisch die Laternen einzuschmeißen? Will man die Nacht der langen Messer noch ein wenig hinauszögern, um dem lieben Gott vielleicht noch eine Chance zu geben, eine rettende Idee oder wahlweise ein paar weitere durch Arbeit ungedeckte Billionen-Schecks vom Himmel regnen zu lassen? Das ist alles unlauter und vor allem ist es hundsgemein!
Die Erfahrung mit der DDR selig hat eindrucksvoll gezeigt, dass eine solche Blase früher oder später mit lautem Knall platzt. Während Gestapo-Kalfaktor Ete Honecker im Palast der Republik einen Toast auf die nächsten vierzig Jahre DDR ausbrachte, steppte draußen auf der Hundebrücke bereits der revoluzzende Bär. Das ekelhafte Gewürz der Volksverarsche hatte der brodelnden Suppe erst die rechte Feurigkeit verliehen. Doch wie heißt es so schön bei Sankt Tucholsky: Und immer ist schon einer dagewesen. Und immer sind da schon Spuren im Schnee...
Müssen die Gewinner der Geschichte eben die Erfahrungen der ihnen unterlegenen proletarischen Parvenüs wiederholen, die von ihnen in den letzten 20 Jahren immer so hochnäsig belächelt wurden. Was soll's... Das Schlimme dabei ist, dass die verfluchte Schönfärberei das Volk verhindert sich vorzubereiten, oder, um bei unserem oben zitierten Bilde zu bleiben, den Sturmbunker aufzusuchen. Das geschönte Gefasel soll die Leute in einer gefährlich falschen Sicherheit wiegen. Und das ist kriminell.
Für den Landboten steht fest: Er wird Gesine Schwan die Daumen halten, auch wenn's nichts nützt und sie von einer anderen Partei kommt. Jedenfalls taugt die ehrliche Ostfrau mehr als der beschwichtigende Amtsinhaber Köhler. Ein unehrlicher Präsident ist nämlich nun wirklich das allerletzte, was das Reich gebrauchen kann.

14. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
28.04.2009