Deutsche Europameisterinnen
Wie ein Dutzend Frauen den deutschen Michel
ins Abseits kicken
B. St. Fjøllfross
Die deutschen Frauen sind Europameister im Fußball, zum fünften
Mal in Folge und... NICHTS! Alles ruhig! Wo sind die Autokorsos, die
wir im Übrigen zwar affig finden, aber – wo sind sie! Wo
sind die Silvesterböller, die bei einer Männer-EM mit dem
Abpfiff des Finales zum Schrecken von Millionen Tieren in den Himmel
steigen! Wo sind die albernen Fahnen an den Automobilen, wo die grölenden
Leute in den Kneipen und auf den Straßen? Nicht, das wir dieses
Theater jemals gut geheißen hätten – aber, verdammt
noch mal, wenn es jemand verdient hätte, dann diese Frauen!
Der Landbote ist nicht die „Brigitte“ und nicht die „EMMA“.
Wir entbehren leider des Vorzugs einer Journalistin wie Alice Schwarzer
in unseren Reihen. Wir sind auch keine übertriebenen Apologeten
des Matriarchates, gleichwohl wir uns die Welt unter weiblicher Rigide
etwas ruhiger vorstellen könnten. Aber was hier passiert, das treibt
uns die Hörner aus der Stirne.
Vielleicht besteht die Landboten-Truppe auch nicht aus Männern,
die unbedingt jedem Klischee entsprechen, was man so von denen Kerls
hat. Fußball gehört nicht zu den Dingen, die uns hinter dem
Ofen hervorlocken und ein Porsche interessiert uns nicht einmal annähernd
so sehr wie ein guter Tretroller, der kleinen Kindern zur Freude dient.
Hier geht es um etwas anderes. Hier haben sich Frauen eine Macho-Domäne
erobert und das mit einer Force, die Dschingis-Chan vor Neid erblassen
lassen würde. Wenn wir einem Fußballspiel begeistert folgen,
dann kann man beinahe sicher sein, dass es von Frauen ausgetragen wird.
Wegen der hübschen Beine etwa? Blödsinn. Eine Frau ist für
jeden einzelnen von uns dann attraktiv, wenn ihr Geist und ihre Seele
ihre physischen Reize zur hübschen Nebensache deklassieren. Wenn
man an ihren Augen und an ihren Lippen hängen bleibt und darüber
den Blick auf ihre Oberweite völlig vergisst. Und umgekehrt ist
uns eine Frau, die weiter nichts zu bieten hat, als ihre makellose Haut
und ihre Rundungen keine fünf Minuten unserer Zeit wert.
Diese elf Mädchen, diese Sportlerinnen, diese modernen Amazonen
aber reißen uns vom Hocker. Keine keuchenden und stöhnenden
Tennisbarbies, deren Röckchen nicht hoch genug rutschen können.
Die hier sind Sportskanonen, Frauen, die jedes Vorurteil über die
Männerdomäne Fußball in den Orcus getreten haben: Fußball
könne nur von maskulinen Jagdkollektiven gespielt und verstanden
werden... Hahaha! Von der Bundestrainerin Silvia Neid bis zur Auswechselspielerin
auf der Reservebank hat jede Einzelne bewiesen, dass sie eine ganze
Menge von dieser Mannschaftssportart versteht und jedem Menschen, der
Damenhandball oder Hockey seit Jahrzehnten verfolgt, hätte diese
Erkenntnis schon lange dämmern müssen.
Nein, hier bleibt alles totenstill, weil die Frauen noch ganz etwas
anderes gemacht haben als nur grandios zu siegen. Sie haben einen im
Vergleich zu ihren männlichen Pendants gewaltfrei und sauber gespielten,
strategisch brillanten Fußball gezeigt und sie haben den Millionenschweren
Bübchen und ihren Trainern, die hierzulande gehandelt werden, wie
altrömische Feldherren, die Hosen so gründlich heruntergezogen,
dass man schon von einer Kastration sprechen kann.
Weglügen kann man diese Erfolge nicht mehr – also werden
sie mit einem jämmerlichen, einem beschämenden, einem peinlichen
Schweigen übergangen. Diese Frauen ließen einmal mehr eine
Fußballatmosphäre aufleben, wie sie wohl das letzte Mal im
Berner Stadion herrschte, als Deutschland nach dem Kriege erstmalig
Weltmeister wurde. Aber diesmal brüllt niemand.
Der Preußische Landbote schämt sich abgrundtief für
die teutonischen Männchen, die ihr Maul nur aufkriegen, wenn ihresgleichen
mal einen Ball ins Tor bekommt.
Wir sind keine laute, marktschreierische Gazette – aber wir wollen
hier und an dieser Stelle Farbe bekennen: Frauen, deutsche Fußballfrauen:
Für euch sollte der Minnesang neu erfunden werden, denn ihr habt
es verdient besungen zu werden. Ihr seid schwarz-rot-goldene Heldinnen,
denen das gleichfarbige Land Dank schuldet. Denn ihr beweist der Welt,
das zwischen Rhein und Oder noch immer mehr wächst, als überbezahlte
und national-taumelnde Großschnauzen. Wir gratulieren Euch und
wir freuen uns mit euch. Ein dreifach Hurra für solche Frauen!
Hurra, Hurra, Hurra!