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Die WASG und der Klagesang der Etablierten

Thoralf F. aus W. gewidmet

Michael L. Hübner
Ach, welch ein Jammer tönt seit Jüngstem durch die deutschen Gauen: Ein Untoter ist auferstanden – ein Stimmensauger, ein Wesen der Finsternis aus dem Lande jenseits des Borgo-Passes, dort, wo das Licht sich scheidet...
SED hieß das Böse früher. Irgendwann aber legte es sich in einen Sarg, ließ sich einschiffen und kam wie einst Nosferatu in der Zivilisation an. Von da an nannte es sich PDS und sammelte schon nach einer kurzen Periode der allgemeinen Abscheu erneut ein Heer der Verdrossenen um sich. Das fällt hierzulande nicht schwer – ist doch das Volk der Deutschen seit jenem tragischen Vater-Sohn-Konflikt zwischen dem Stupor Mundi und seinem Ältesten, dem Siebenten Heinrich aus dem Geschlecht der Hohenstaufen, ein äußerst perpendikuläres geworden. In historisch knappen Zeiträumen will der Michel entweder die ganze Welt umbringen um sie hernach zu beherrschen, oder er will alle Welt erlösen, erretten und befreien. Und das in stetem Wechsel.
Nun also die PDS! Da dümpelte sie im Westen über anderthalb Jahrzehnte noch hinter der Kampfvereinigung der deutschen Biertrinker und der Karnickelzüchtersparte Fortschritt04 e.V. dahin, während sie im Osten zu einer ernstzunehmenden Kraft erwuchs. Doch der Sprung in die Hirne und Herzen der westdeutschen Landsleute wollte und wollte nicht so recht gelingen. Wie aber lehrt uns der weise Indianer: Setz dich an die Biegung des Flusses und übe dich in Geduld. Und nach einer Weile wird die Leiche deines Feindes an dir vorübertreiben...
Sie trieb. Die Zeit war mit den Ultra-Linken. Der jahrzehntelange Wohlstandsfilz, der den einstigen Wirtschaftsmotor Bundesrepublik zu einem trägen Koloß degenerieren ließ, bescherte dem Volk eine fürchterliche Ernte. Natürlich hatten die Etablierten mit ihrer elenden Schuldenmacherei sehenden Auges auf Kosten der künftigen Generation gemißwirtschaftet. Die demoskopischen Prognosen waren ihnen allen bekannt. Wenn der Staat heute in einer unentrinnbaren Schuldenfalle von zweieinhalb Billionen Euro sitzt, dann tragen CDU/CSU, FDP und SPD eindeutig die Schuld an dieser Misere.
Desgleichen haben sie auch die volle Verantwortung für die Wahlverdrossenheit und den Unmut des Volkes, das Funktionären dieser Parteien nichts, aber auch gar nichts mehr zutraut.
Das ist dann regelmäßig die Stunde der Radikalinskis! Ob die idiotischerweise verbotene KPD, ob die zu Recht verbotene NSDAP – sie profitieren. Der Rand lacht!
Aber was! Haben diese Leute ernstzunehmende Alternativen? Nein! Haben sie nicht, können sie nicht haben. Wenn es dem BDI gelang, den sozialdemokratischen Herrn Bundeskanzler zurückzupfeifen wie einen ausgebüxten Hund, was wollen dann diese Idealisten? Die Macht ist alleweil dort, wo das Kapital steckt. Und das Kapital steckt dort, wo die Kapitalisten es haben wollen. Punktum. In einer globalisierten Ökonomie gibt es keine Rücksichten mehr auf nationale Grenzen. Entweder das Proletariat der Welt erkennt diesen Umstand und macht Ernst mit dem „Proletarier aller Länder – vereinigt Euch!“ – sehr unwahrscheinlich – oder aber das Kapital stellt sich auf ein längeres Nomadendasein ein und zieht ganz fix mal eben dort hin, wo die klimatischen Bedingungen für seine ungehemmte Vermehrung (sprich: für die Ausbeutung der Armen zu Ungunsten der Anderen) gerade günstig sind.
In Deutschland beginnen sie, rein von den Produktionskosten her gesehen, etwas ungünstiger zu werden. Scheinbar! Denn noch existiert hier eine prima Infrastruktur, die aber parallel zu dem weiteren Verfall der Staatsfinanzen über kurz oder lang ebenfalls devastieren wird.
Wie dem auch sei – die schon langweilige Abwanderungsdrohung der Industrie zieht bei den Leuten. Die Etablierten sind zu sehr mit ihren eigenen kleinlichen Querelen befaßt, um darauf adäquat reagieren zu können – also schaut sich der verunsicherte Michel nach etwas Neuem um. Er kann nicht begreifen, warum er sich auf einmal nicht mehr den Wanst unter der dominikanischen Sonne bräunen lassen und vom Cocktailneger ehrfürchtig Massa nennen lassen soll. Die Neuen sollen’s richten. Nur, wer sind die Neuen? Die NSDAP und ihre Ableger? Igitt, das hatten wir schon. Hat uns nichts als Ärger gebracht, nicht wahr! Haben unseren Guten Ruf in der Welt versaut und überhaupt: mit ihrem dumpfen Nationalismus passen diese kahlgeschorenen Hohlköpfe nicht mehr in unser paneuropäisch – multikulturelles Weltbild. Sollen sie zur Hölle fahren! Dort gehören sie hin.
Also die anderen. Hmm. SED? Gott bewahre! Die Mauerbauer. Sollen mal schön drüben bleiben, in den Löchern, aus denen sie einst krochen. Aber eine Linke, die sich einsetzt für die Belange der Entrechteten, der Armen, deren Masse täglich zunimmt – das wär schon ’was! Also die WASG, angeführt vom „Napoleon von der Saar“: Herrn Lafontaine! Mit dem könnte man schon mal...
Aber nicht im Osten, meine Damen und Herrn. Das Volksgedächtnis ist kurz, aber so kurz nun auch wieder nicht, daß man diesem Manne vergessen hätte, wie sehr er einst gegen die Wiedervereinigung zu Felde zog. Nichts zu machen! „Und wenn ihr die PDS drüben nicht wollt, dann seht doch zu, wo ihr mit eurer WASG (Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit) hüben bleibt!"
Doch jetzt hat die neue Linke offenbar den Pragmatismus für sich entdeckt: der blitzgescheite Herr Kettenraucher Gysi und der Ministerpräsident a.D. Herr Lafontaine zusammen – na, das wär’s doch mal!
Ja, auch wir glauben – das wär’s doch mal! Keine Regierungsverantwortung! Um Himmels Willen. Das Chaos wäre vorprogrammiert. Aber den Etablierten so viel siedendheißes Feuer unterm Sessel machen, daß der Filz verdampft – dafür sind sie wirklich excellent geeignet!
Die CDU/CSU interessiert den Landboten nicht weiter. Unser Herz haben wir noch nicht dem Holländer-Michel verkauft. Aber die SPD, die gute, alte, senile Oma, die seit Herrn Ebert und den Halunken Scheidemann und Noske (drei Bekreuzigungen) die Arbeiter und deren Sache konsequent und über ein volles Jahrhundert hinweg verraten hat, wofür die Nazis sie in den Konzentrationslagern auf Heller und Pfennig ausbezahlten, die interessiert uns schon mehr. Diese SPD hat sich zum Lakaien des Monopolkapitals gemacht. Bar jeden Verhandlungsgeschickes hat sich diese SPD zum Steigbügelhalter der wiederkehrenden Manchester-Kapitalisten degradieren lassen und führt sich seit ihrer dramatischen Popularitätseinbuße auf, wie ein kleiner Angestellter, der um seine Entlassung zittert. Sie ist eine wahre Bettelpartei geworden, die darum fleht, in kleinen Häppchen von den internationalen Geldhaien gefressen zu werden.
PDS-WASG, oder Neue Linke, oder wie ihr auch immer euch nennen wollt. Holt diese politischen Kleingärtner aus ihrer verfilzten Lethargie! Prügelt sie wach! Jagt sie zurück zu ihren einstigen Idealen, den Idealen ihres duellierenden und syphilitischen Vortänzers Lasalle! Und wenn sie den Schlafsand aus den Augen gerieben haben, dann geht konzertiert gegen das Ausbeutergesindel vor, das sich noch immer hochfahrend als „Arbeitgeber“ bezeichnet. Das sind sie nicht. Sie sind Lebensstehler. Sie müssen sein, sie müssen existieren –ohne sie geht es nicht, ohne sie funktioniert keine Wirtschaft auf Dauer. Aber sie müssen an die Kette. Bei Fuß auf Kommando! Das ist der große Dienst, den ihr – und nur ihr – dem Vaterland zu leisten vermögt.
Gott und der Preußische Landbote sind mit Euch. Kämpft!

7. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2005