Ein neuer Radweg
Zur Fertigstellung des neuen asphaltierten
Radweges zwischen der Brandenburger Malge und dem Dorfe Kirchmöser
Jules-Francois Savinien
Lemarcou
Viel Prügel mußte
die Stadt Brandenburg an der Havel schon vom Preußischen Landboten
einstecken. Aber man sei gewiß: der Landbote liebt seine Stadt
innig! Sie wäre ihm sonst völlig egal und keiner Notiz wert.
Dieses Mal aber soll ihr ein Loblied gesungen werden. Wir sind in
der glücklichen Lage, über ein fertiggestelltes Projekt
zu berichten, dessen Gelder uns höchst sinnvoll und vernünftig
angewandt scheinen.
Es war bislang ein Kreuz, mit dem Drahtesel von Kirchmöser nach
Brandenburg zu gelangen. Wo Kirchmöser liegt? Eine Eisenbahnstation
vor Brandenburg an der Havel, wenn man aus der Richtung Magdeburg
kommt. Das Dorf schmiegt sich idyllisch in das Südwestufer der
großen Seen, in welchen die Havel ihre Wendung nach Nordwesten
vollzieht. Es ist eine reizende Gegend – zum Schönsten
zählend, was die märkische Landschaft zu bieten hat. Doch
wie gesagt, der Velozipedist führte ein gefährliches Leben.
Es gab einen Teerweg zwischen den Dörfern Kirchmöser und
Mahlenzien und der Stadt Brandenburg. Ein Teil davon zählte zur
mittelalterlichen „Autobahn A2“ von Magdeburg über
Ziesar (Zicken-Tirol), Brandenburg, Spandau, Posen nach Kiew. Der
Landbote erwähnte diese Trasse bereits bei verschiedenen Gelegenheiten.
Eng ist sie und unübersichtlich. Hirnschellige Kraftfahrer befahren
diese Strecke nicht selten mit dem dreifachen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit
von 30km/h. Die Polizei ist unfähig, diesem Wahnsinn Einhalt
zu gebieten. Und so gestalteten sich Fahrradfahrten durch jenes große
Waldgebiet zu einem unkalkulierbaren Risiko.
Es gab noch zwei Alternativen. Bog man mit dem Drahtesel hinter der
Buckaubrücke, die bei uns Landboten nach unserer Prinzessin nur
„Rattchens Brücke“ genannt wird, nach Nordwesten
ab, so kam man über mehr oder weniger unbefestigte Waldwege die
Flur des aufgelassenen Dorfes Derrenthin kreuzend, zumindest vom Kraftverkehr
unbehelligt am Ziele an. Die sicherste Route aber führte nördlich
der Geleise der Bahnstrecke Berlin – Magdeburg, die in dieser
Region den Breitling und Möserschen See südlich umfährt.
Dieser Weg jedoch hatte es in sich. Komplett unbefestigt war er teilweise
so schmal, daß sich begegnende Radfahrer oder Fußgänger
schon mal aneinander vorbei in die Büsche drücken mußten.
Für eine Region, deren touristisches Potential so profitabel
wie ein Erdölfeld ist, war das ein kurioser, nahezu unwirklicher
Zustand. Man fuhr, doch man fluchte.
Jetzt aber handelte die Stadt, zu deren Besitz das Land südlich
der Seen gehört. Der Weg wurde verbreitert, planiert, geteert
– und es ist Freude pur, ihn an einem schönen Herbsttag
zu befahren.
Wir kommen von der Malge und haben zu unserer Rechten das Wasser der
Seen, wie es tiefblau durch die Kiefern grüßt. Dann wechselt
das Bild und das kleine sumpfige Delta der Buckau öffnet sich
wie ein verwunschener Sieck. Wieder Kiefern, Laubbäume, ein versteckter
Strand, ein paar rohe Holzbänke… Manchmal donnert ein Zug
auf den teilweise nur wenige Meter entfernten Schienen vorbei. Dann
entfernt sich der Teerweg wieder von der Eisenbahnstrecke und schlängelt
sich in den Wald, überquert den Hechtgraben und mogelt sich am
verlassenen Gränert vorbei, um nach etwas mehr als dreieinhalb
Kilometern das Dorf Kirchmöser zu erreichen.
Was der Initiative der Stadtoberen hier zu danken ist, kann nicht
genug gewürdigt werden. Das hat mit Weitsicht zu tun, das fördert
das Richtige an der richtigen Stelle. Weg vom Sprit, weg vom Stau,
weg von den schweren Verkehrsunfällen! Hin zum Schönen,
hin zur Schonung der Umwelt, hin zur Zufriedenheit der Seele.
Wir Landboten sind eifrige Nutzer dieses Weges geworden und wir sagen
Dank dafür, Dank an die Stadt Brandenburg und ihre Obrigkeit.
Frau Oberbürgermeisterin, dieser Weg ist einer von den Guten,
ach was – von den wirklich Ausgezeichneten! Er ist einer der
Wege, auf denen die Stadt vorankommt.