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Einige Bemerkungen zur "Jamaika - Koalition"

"Grad heute morgen
fiel leise und ganz heimlich
das erste Blatt ab."

B. St. Fjøllfross
So dichtete Japans großer Sohn Kobayashi Yataro, genannt Issa einst im achtzehnten Jahrhundert. Für alle, denen im Angesicht der Bundestagswahlen im Herbst 2005 der Sinn für Romantik abhanden gekommen ist: Der Sinn von Issas entzückendem kleinen Haiku ließe sich auch durchaus auf die gegenwärtige politische Situation in der Bundesrepublik ausdehnen.
Gerad' heute morgen nämlich rieselte durch den Äther sowohl, als auch durch den deutschen Blätterwald geradezu unheimlich die Meldung, daß zwischen den Grünen und der CDU/CSU Koalitionsverhandlungen angedacht seien. Die FDP habe wohl schon ihre Bordkarten für den schwarzen Dampfer so gut wie in der Tasche.
Das paßt ganz ausgezeichnet in die trübe Herbststimmung, die sich vor und hinter den Fenstern des Willy-Brandt-Hauses in der Seele der Großen Alten Dame der Arbeiterverräterei, der SPD, auszubreiten beginnt.
Von allen verlassen... Gar nicht so schlecht, daß dieser Partei auch einmal eine solche Erfahrung begegnet.
Dennoch, die tragikomische Rolle der SPD wollen wir in diesem Aufsatz nicht weiter beleuchten. Vielleicht ist das der langersehnte, himmlische Nachschlag für Ebert, Noske und Scheidemann – mit über achtzig Jahren Verspätung in das Kompottschälchen geknallt.
Ein anderer Richtungswechsel beschäftigt uns da schon mehr: Die – scheint's – endgültige Abkehr der Grünen von ihren einstigen Idealen. Wie die verlogenen Käferretter nunmehr den Schulterschluß mit dem ehemaligen Erzfeind andenken – das treibt uns den kalten Schweiß auf die Stirn.
Jedoch – war diese Tendenz nicht durchaus absehbar? Wurde sie nicht von den ehemaligen und gegenwärtigen Granden der Grünen, Schily und Fischer, vorexerziert? Das sind doch die von Ebert, Nosken und Scheidemann etwa neun Jahrzehnte früher ausgetretenen Pfade.
Warum nur in aller Welt scheint es ein ehernes Naturgesetz zu sein, daß Revolutionäre, Weltverbesserer und Querdenker grundsätzlich von links ins Feld stürmen um im Laufe ihres Werdegangs irgendwann einmal im rechten Lager anzukommen?
Wo sind sie geblieben, die Werte von einst, für deren Umsetzung die Grünen einst mutig und beseelt angetreten sind? Wo bleibt die Gegnerschaft zum Atomstrom, die Familien- und Umweltpolitik, die Zügelung der rücksichtslosen Aspekte der Industrie und die fanatische Gegnerschaft zum Militär, wenn Grün und Schwarz schon über ein politisches Miteinander sinnieren? Oder glaubt irgend jemand ernsthaft, die Schwarzen würden auch nur ein Tüttelchen ihrer Positionen nach Grün verschieben?
Was ist passiert mit den Grünen? Sind sie der Droge "Macht" erlegen, "Macht um jeden Preis", selbst um den der Aufgabe ihrer Substanz? Was sagt die grüne Basis zu einem solchen Vorgehen?
Tummeln sich am Ende noch Träumer bei den Grünen, die an den Weihnachtsmann glauben und daran, daß ihnen eine Einflußnahme auf das politische Geschehen bliebe, wenn, ja wenn sie doch nur auf die Regierungsbank kämen?
Die ehedem authentische deutsche Linke hat den Sündenfall getan und beginnt sich an die Konservativen zu verfüttern. Auf die Knie zum Kotau!
Ach, Vater Zeus, bedecke Deinen Himmel! Wird die Neue Linke auch eines Tages, in zwanzig Jahren eventuell, im rechten Mastdarm enden?
Dafür behüte uns, Du lieber Herre Gott! Wir würden das nicht erleben wollen!
Wenn man aufgrund der Mischung jener Farben, die man traditionell den Parteien zur einzig noch funktionierenden Unterscheidung beigibt, nunmehr von einer Jamaika – Koalition spricht, weil schwarz, gelb und grün die Farbenreihenfolge ebenjener karibischen Inselrepublik stellen, dann läßt uns dieser Umstand sofort nach unserer "Großen Länderkunde" greifen! Stellt sich nämlich heraus, daß Bananen zu einem der Exportschlager der Rumrepublik zählen, so gewönne dieses Schlagwort mit einem Mal einen ganz neuen, einen sarkastischen, einen unvergleichlich ironischen Hintergrund.
Ja, ja – man lacht drüber...

7. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2005