K. K. Bajun
Am 24.Januar 2006 wäre
Friedrich der Große 294 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlaß
lud Herr Professor Dorgerloh, der amtierende Generaldirektor der Stiftung
Preußische Schlösser und Gärten, zu einer feierlichen
Soiree ins Schloß Glienicke. Malerisch am östlichen Havelübergang
zwischen Potsdam und Berlin gelegen, gleichsam zum Schloß Babelsberg
hinübergrüßend, gab die kleine Perle unter den Hohenzollernschlössern
inmitten der lieblichsten Landschaft Brandenburg-Preußens eine
würdige Kulisse des großen Königs zu gedenken. Berlin
und Potsdam – hier hatte er gelebt, hier hatte er seinen Wirkungsmittelpunkt.
Als Festredner gelang es Herrn Dorgerloh, Herrn Dr. Wolf zu verpflichten.
Der von Kennern der Berliner Literaturszene mit hohem Lob versehene
Schriftsteller und literarische Vater des detektivischen Küchenchefs
seiner Majestät Friedrichs des Großen, Honore Langustier,
ließ mit seiner Rede zum Thema: „Wieviel Fiktion verträgt
Preußen?“ keinen Zweifel an der Wahl Herrn Dorgerlohs.
Obgleich mit der Wucht und der Autorität der klassischen Denker
gewappnet, avancierte Herr Dr. Wolf mit leichter Hand gegen die orthodoxen
Historiker, deren allzu strenger Umgang mit der preußischen
Vergangenheit das Bild vom grimmen, notorisch blaffenden, ewig stechschreitenden
Kommiß im blau-roten Rock nicht vergehen lassen will.
Preußen war das Land von Disziplin und Ordnung. Aber das schloß
doch Phantasie, Lachen und die Kunst des Fabulierens nie aus! Ganz
im Gegenteil: Aus dem Ruder lief die ganze Geschichte erst, als uns
diese Fähigkeiten abhanden kamen.
Herr Dr. Wolf hat uns die Gestalt unseres überragenden Königs
in seinen Preußen-Krimis auf Tuchfühlung nahe gebracht.
Ein erhabenes Denkmal Unter den Linden ist gut und schön. Aber
wir feiern den Geburtstag dieses Mannes, weil sein Leben, seine Vorgaben,
sein Vorbild ungebrochen in unsere Biographien hineinwirken. Sie müssen
das tun, sonst hören wir auf, Preußen zu sein. Er ist das
Urmeter, er ist die Richtschnur.
Wir bedürfen keines makellosen Götzen, auf Hochglanz poliert.
Wir brauchen das wahrhaftige Bild dieses Friedrichs. Wir, seine Landessöhne
und -töchter können mit seinen Schattenseiten leben, denn
sie sind läßlich. Wir akzeptieren diese banalen Ansatzpunkte
der Kritik, weil sie geradezu herauskristallisieren, was wirklich
wichtig ist und wo die Fundamente großer Taten realiter zu suchen
sind. Wir vermögen das am Urgroßvater des Großen
Königs eingehend zu studieren, am Vater – und in höchsteigener
Person – an ihm selbst.
Herr Dr. Wolf spannte in seinen Werken und in seiner Festrede gekonnt
den Transmissionsriemen zwischen der absolut ernstzunehmenden Persönlichkeit
König Friedrichs und seinem brillanten, seinem gefürchteten,
seinem ewig lauernden Humor.
Wer diesen so geschickt und authentisch wiederzugeben vermag, der
hat das Recht, für seine Themata einen historisierenden Ansatz
zu wählen, zumal das Spiel zwischen Fiktion und Wirklichkeit
allerorten betont wird.
Die Mehrzahl der anwesenden Gäste, zu denen unter anderem SKH
Dr. F.W. von Preußen und der Generaldirektor i.R. der Stiftung
Preußische Schlösser und Gärten, Herr Giersberg zählten,
dürften mit ihrem Applaus über eine bloße Höflichkeitsbezeugung
weit hinaus gegangen sein.
Das Büffet im übrigen faßte mancher Anwesende als
eine direkte Referenz an den kriminalistischen Küchenmeister
Herrn Dr. Wolfs auf. Die Damen und Herren, deren Kunst die kulinarischen
Kompositionen schuf, gaben eine lebhafte Vorstellung dessen, was Monsieur
Langustier dem aus verständlichen Gründen leider abwesenden
Jubilar zu offerieren imstande war.
Diese Geburtstagscour war so ganz auf die Persönlichkeit des
Königs abgestimmt: Leise, geistvoll, dezent und erlesen! Ihn
hätte es gefreut, dessen sind wir sicher.