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Politische Unkultur

B. St. Fjøllfross
Nach dem sogenannten Fernsehduell zwischen dem amtierenden Herrn Bundeskanzler und seiner Herausforderin Frau Merkel wurde von Seiten der Großen des Reiches eifrig kommentiert und vor allem der Sieg des jeweiligen Parteigängers reklamiert.
Unabhängig von den Inhalten und den Realitätsbezügen der einzelnen Ausführungen mußten wir bestürzt konstatieren, wie sehr der Verfall einer Kultur anständigen politischen Umgangs miteinander in den deutschen Landen fortgeschritten ist.
Es ist ein Unding, eine bodenlose Respektlosigkeit, eine Reminiszenz an den Untergang sämtlicher Höflichkeitsnormen im deutschen Alltag, wenn selbst Ihre Excellenz, der Herr Bayerische Ministerpräsident Stoiber vom immer noch amtierenden Herrn Bundeskanzler als von "Schröder" spricht.
Es wird ihm nicht weiter auffallen, zu sehr ist diese Wortwahl schon in den gemeinen Sprachgebrauch übergegangen.
Redet doch die Tippse Krause im Büro von der Putze auch nicht anders als: "Da hat die Lehmann wieder 'n Kippen in der Ecke liegengelassen!" Das ist Frau Lehmann, Frau Krause! Und die Frau übt einen ehrlichen und anständigen Beruf aus. Und sie hat ein gottgewolltes Recht auf Respekt vor ihrer Person, solange sie ein honetter und achtbarer Mensch bleibt.
Das gilt gleichermaßen für den Herrn Bundeskanzler!
Man mag mit seiner Politik und deren Erfolgen konform gehen oder nicht. Hier dreht es sich um ein Grundprinzip der Höflichkeit, des Anstands, der guten Kinderstube.
Vielleicht sollte man gesamtgesellschaftlich die Inflation der sogenannten "Prominenten" eindämmen, die in der heutigen "Trash-Kultur" oft als Eintagsfliegen aus der Gosse nach oben gespült werden. Denn nur allzuoft bringt diese Canaille die Umgangsformen des Lumpenproletariats mit in die Zirkel der Gebildeten und versucht mit Erfolg, dieses widerliche Gehabe dort hoffähig zu machen.
Wen wundert', daß ein Spitzenpolitiker wie Herr Stoiber, wie auch viele andere seiner Kragenweite, im Sinne der Stimmengewinnung versucht, volkstümlich zu erscheinen, und diesem Ungeist seine Stimme leiht.
Es ist unserer Ansicht nach verkehrt, wenn der Heilige Vater zu Rom Tennisschläger und Ferraris segnet, statt endlich den Herrn Professor Jesuitenpater Friedrich von Spee heiligzusprechen, der unendlich viel mehr für die Menschen tat, als den Pöbel mit unnützem Zeitvertreib zu beglücken. An dieser Stelle fängt es an. Hier, genau hier beginnt der Werteverfall!
Wir bitten die bayerische Staatskanzlei und Ihren Chef, als Vertreter einer werteorientierten und konservativen Partei diesem Schwund an achtbaren Umgangsformen machtvoll entgegenzutreten, statt vor ihm einzuknicken.
Wir tun dies aus tiefempfundenem Respekt vor dem Volk der Bayern und seinen Leistungen, denen gerade der Herr Schriftleiter des Preußischen Landboten viel zu danken hat.
Eine leistungsfähige Gesellschaft beruht nicht zuletzt auf der Kultur des täglichen Miteinanders, die uns von der Barbarei der Kulturlosigkeit abhebt und unterscheidet. Vernachlässigt man diesen entscheidenden Faktor, dann übernimmt man Mitverantwortung für den kulturellen, geistigen und letztendlich wirtschaftlichen Niedergang einer Nation. Diese Kultur wird nachhaltig von oben nach unten vermittelt.
Darin insbesondere liegt die Pflicht ihrer Excellenz des Herrn Bayerischen Ministerpräsidenten, mit gutem Beispiel voranzugehen und auch und gerade dem politischen Gegner ritterlich, höflich und achtungsvoll zu begegnen.
Wir bekunden unsere Hoffung und unser Vertrauen, daß dieser Appell aus Preußen in der liebenswerten Stadt München nicht ungehört verhalle.

7. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2005