Kampf
um die Bischofsburg
Askanier belagerten Burg Ziesar
Michael L. Hübner
Im Jahre des Herren 1290 war vor
den Mauern der Bischofsburg Ziesar der Teufel los. Askanische Truppen
unter Führung des amtierenden brandenburgischen Markgrafen Otto IV.
mit dem Pfeil (ja, ja, der Mann hatte seit einer Belagerung über
ein Jahr lang eine Pfeilspitze im Kopf, was den berühmten Minnesänger
und Markgrafen den Chroniken zufolge bei der Damenwelt einen unerhörten
Attraktivitätsbonus eingebracht haben soll) belagerte also mit etlichen
Truppen und schwerem Gerät die Burg seines Brandenburger Bischofs
Heidenreich. Aber die Dinge lagen nicht so einfach. Die Askanier hatten
Familienkrach. Otto IV mit dem Pfeil lag sich mit seinem Vetter Otto V.
(dem Langen) in der Wolle. Dieser hatte sich Heidenreichs Burg bemächtigt,
was im Mittelalter durchaus so üblich war. Selbst hatte der lange
Otto gerade andere terminliche Verpflichtungen und so überließ
er die Verteidigung der Bischofsburg seinem Vetter Herzog Bolko von Schlesien.
Otto IV mit dem Pfeil rückte den mittelalterlichen Hausbesetzern
auf den Pelz und konnte nach einer langwierigen Belagerung den strategisch
wichtigen Stützpunkt wieder einnehmen. Ob ihm Bischof Heidenreich
dabei zur Seite stand, wissen wir nicht. Anzunehmen ist es. Denn die geistlichen
Herren dieser Epoche waren mehrheitlich hand- und trinkfeste Haudegen,
denen die Ähnlichkeit von Kreuz und Schwert wie ein Fingerzeig Gottes
vorkam und die kaum eine Rauferei ausließen. 718 Jahre später,
am 7.9.2008, stellte der Berliner Verein „Bruderschaft der Askanier“
diesen mittelalterlichen Immobilienstreit am Originalschauplatz nach.
Alles eine Nummer kleiner, friedlicher, spaßiger. Ganz nebenbei
wurde der Zuschauermenge eine Unterrichtstunde in mittelalterlicher Belagerungstechnik,
-taktik und -ausrüstung erteilt. Nach heftigen Verhandlungen mit
der Burgbesatzung und dem anschließenden zweiten Sturm auf die Westmauer
der Burg mussten sich die Verteidiger schließlich trotz verzweifelter
Gegenwehr geschlagen geben. Zu stark waren die Angreifer mit schwerem
Gerät bewaffnet. Dem Pfeilhagel von Langbogen und Armbrust sowie
den Wasserbomben, die vom Dreibock (Maßstab 1:10) geschleudert wurden,
hatte die Burgbesatzung am Ende nichts mehr entgegenzusetzen. Die Mauer
wurde mit Sturmleitern erobert, das Tor aufgebrochen. Dabei wurde Herzog
Bolko vorläufig getötet, während Burgvogt und Zieseraner
Museumsdirektor Dr. Clemens Bergstedt gefangen genommen wurde. Ein gewaltiges
flüssiges Lösegeld in Form von etlichen Pinten Met brachte dem
glücklichen Bergstedt die Freiheit zurück. Zu Füßen
der Burg schlugen die Belagerer ein Mittelalter-Lager auf. Eine Stechbahn
für Kinder, bunte Zelte, kräftige Ritter und bildhübsche
Edelfräulein bescherten der Residenz der Brandenburger Bischöfe
ein aufregendes Wochenende. |