Leidenschaft
in Klostermauern
Kasmet-Ballett-Company führt Tanztheater
„Tango“ auf
Don
M. Barbagrigia
Als am Tag des offenen Denkmals halb Brandenburg auf den Beinen war, begegnete
man deren vielleicht schönsten zeitgleich auf der Bühne der
Läutkirche von St. Pauli. Diese Beine tanzten die resümierte
Lebensgeschichte eines alten Mannes an der Wende seiner Tage. Ganz in
Tango gewandet zogen seine Erinnerungen an ihm vorbei. Dem Tango sagt
man nach, er sei der getanzte Ausdruck von Sinnlichkeit, Erotik, Verlangen,
Begehren, Hingabe und Zurückweisung. In allem spiegelt sich die heißblütige,
lateinamerikanische Leidenschaft. Insofern war es nahezu folgerichtig,
dass bei der Aufführung von „Tango“, die allermeisten
der an insgesamt zwei Spieltagen verkauften 300 Plätze von Damen
jeder Altersgruppe besetzt wurden.
Die Darbietung selbst jedoch war sehr stark mit Elementen des klassischen
Balletts durchsetzt. Der eigentliche, der feurige Tango Argentino, das
Herzblut von Buenos Aires, geriet dadurch etwas in den Hintergrund. Ebenso
das kleine Gitarrenorchester unter Leitung der sehr profilierten Angelika
Eckelmann. Der überwiegende Teil der Musik, vor allem das den Tango
tragende Bandoneon, kam aus dem Off. Und so war es ein wenig schade, dass
sich die jungen Musiker, dem Publikum beinahe unsichtbar, in die östliche
Ecke des südlichen Seitenschiffs drückten. Die Tanzleistungen
der Kasmet-Ballett-Company, die beinahe schon ein „Familienbetrieb“
der Ivanovs ist, waren bestechend. Ob die Damen Inga Lehr-Ivanov, Bianka
Behrend, Uta Dierks und Jasmin Avissar, oder die Herren Mario und Samuel
Ivanov sowie Mevlana van Vark – sie alle hatten die Seele des schwermütigsten
aller Tänze nicht nur in ihren Bewegungen verinnerlicht. Auch der
mimische Ausdruck, dieses unbewegt Leidende, die schon fast byzantinisch
Ikonenhaftige Leere auf den Gesichtern, wurde überzeugend vorgetragen.
Diese Truppe, die sich dem künstlerischen Tanz verschrieben hat,
ist dem Brandenburger Theater noch immer eng verbunden. Gehörten
doch unter anderem Inga lehr-Ivanov und Mario Ivanov einst zum Ensemble
des Theaters. So entstand in enger Kooperation mit dem BT das Tanztheaterstück
„Tango“, das für zwei Abende ein wenig argentinische
Melancholie auf eine Havelstädtische Bühne zauberte.
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