Spitze
Zungen im Fonte
Brandenburgs Stadtkabarett Vogel & Vrei brilliert
mit neuem Programm
Die Herren Vogel und Vrei beim Verhör
eines suspekten Delinquenten
Michael L. Hübner
Alles was recht ist: Die Jungs war’n
richtich jut! Es spricht eher für sie, dass die kurz vor Ultimo eingetroffene
Presse keinen Platz mehr im voll besetzten Fonte fand. Etwa 80 Zuschauer
– den beiden Kabarettisten sei es von Herzen gegönnt. Sicher,
die Berliner Wühlmäuse werden Vogel & Vrei in absehbarer
Zeit nicht aus ihrem Bau vertreiben und die Herren Jonas und Riechling
können gewiss noch ein paar Nächte sorgenfrei schlummern. Denn
bis in die Bundesliga des Kabaretts werden und wollen die beiden Brandenburger
Satiriker Vogel & Vrei sicher nicht vorstoßen. Aber getreu dem
Motto: Lieber ein exzellenter Amateur als ein lausiger Profi gaben sie
am 16.9. eine wirklich fabelhafte Vorstellung. Sie blieben auch brav bei
ihrem Leisten und nahmen die Havelstädtische Lokalpolitik ins Visier.
Es ist ja die Kunst des guten Kabarettisten die unfreiwillige Situationskomik
des Alltags mit scharfem Blick und wachem Verstand aus der Menge der Geschehnisse
zu destillieren, sie sodann mit einer dezenten Prise Überzeichnung
zu würzen und schließlich dem Publikum mundgerecht zu servieren.
Diesen Job haben die beiden Herren mit souveräner Bravour gemeistert.
Da war kein Klamauk, kein Kalauer – anspruchsvoll forderten sie
ihrem Publikum schon einiges an Wissen über das aktuelle „wer,
wie, was und warum“ unter den Auspizien des anstehenden kommunalen
Wahlkampfes ab. Die Pointen hatten Witz und Geist, waren spritzig und
elegant, hintersinnig und teilweise wie gedrechselt. Das imponierte. Sie
machten vor sich selbst nicht Halt. Das verdient Respekt und machte die
beiden glaubwürdig. Gelächter und Applaus waren wohlverdient.
Ihren Reserven sollten die beiden Brandenburger Kabarettisten vor allem
in ihrem zeitweise leicht hölzern anmutenden Vortrag nachspüren
– da muss noch mehr Öl ins Getriebe! Das Ganze geschmeidiger!
Vor allem der ansonsten herrlich paranoide und neurotische, permanent
Beruhigungstabletten konsumierende Herr Vogel hat mit seiner etwas verwaschenen
Sprache zu kämpfen. Auch mit dem Einsatz des Minenspiels operierte
sein drahtiger, agiler und bühnenreifer Partner Vrei freigiebiger
und akzentuierter. So bleibt der allerdings nur leichte Eindruck des etwas
unbeholfenen, tapsigen Bären Vogel. Der Gesamtdarstellung tat das
aber keinen Abbruch. Beinahe einhundert Minuten am Stück, gute cineastische
Einschübe inklusive - das Programm war in sich schlüssig und
durchdacht aufgebaut. Es war sogar so gut, dass einige der Herrschaften,
die von Vogel & Vrei karikiert wurden, diese Ehre bestenfalls als
Vorschusslorbeeren auffassen sollten: Das sind Sporen, die mit einer adäquaten
Arbeit im politischen Tagesgeschäft erst verdient werden wollen.
Insofern sollten sich die karikierten Persönlichkeiten auch weiterhin
alle erdenkliche Mühe geben, mit der Qualität ihrer Tätigkeit
zum Wohle des Gemeinwesens nicht hinter der Bühnenleistung der Herren
Vogel & Vrei zurückzustehen.
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