Erinnerungen
im Kaffeedick
Lesungen der Havelländer Autorengruppe im
Fontaneklub
Michael L. Hübner
Die Havelländer Autoren trafen
sich am Abend des 09.10. im Havelzimmer des Fontaneklubs zu ihrer Herbstlesung,
die unter der Devise „Erinnerungen“ stand. Selbst für
die Moderatorin Ina Schidlowski, die all ihre Neugier auf Gegenwart und
Zukunft richtet, wird die Beschäftigung mit der Erinnerung zu einem
Erlebnis der besonderen Art. Ihr von der Waterkant stammender Freund erklärte
ihr, dass die Nordsee sogenannten „Kaffeedick“ an den Strand
spült: Schlamm aus Seetang und Schlick und manchmal ist das ein oder
andere Stückchen Bernstein dabei. Genauso sieht sie auch die bruchstückhaften
Erinnerungen, die ein Mensch aus den Schubladen seines vergangenen Lebens
hervorzuziehen vermag. Und so lasen Beate Bölsche, Christel Frenzel
aus Brandenburg an der Havel, Rita König aus Rathenow und Wolfgang
Walther aus Damsdorf Erinnerungen aus ihrem Leben und fiktive Geschichten.
Besonders Rita König ist eine Autorin, deren Namen man sich merken
sollte. Ihre Geschichten sind es allemal wert, in dem renommierten Heft
„Das Magazin“ abgedruckt zu werden. Mit geschicktem Einsatz
von vielschichtiger Erzählerperspektive, Zeit- und Handlungsebenen
bringt König professionelle und absolut hörenswerte Kurzgeschichten
zu Papier. Beobachtung und Wiedergabe von alltäglichen Situationen
spiegeln sich in Königs Feder mit frappanter Qualität. Ebenfalls
spannend liest Beate Bölsche, die unter Wanderfreunden bestens bekannte
Heimatautorin, ihre Geschichte „Gartenbesuch“. Sie führte
den Hörer aus direkter, dialoghafter Erzählerperspektive in
den Spätsommer 1963 zurück, als ein Trabant noch MDN 7.500 kostete.
Aus derselben Epoche stammen die Lausbubengeschichten des Wolfgang Walther,
der seine jungen Tage in Zwickau verlebte. Walther zeichnete mit einem
anrührenden Humor das Bild einer Kindheit, die noch von Fernseher
und Playstation unberührt von Fantasie und Spiel geprägt war.
Die kurzen Pausen füllten Axel Etzien und Kathrin Vogel von der Brandenburger
Gruppe „Beatverschiebung“ mit westafrikanischen Trommelklängen.
Für alle, die neugierig geworden sind, werden diese Texte am kommenden
Donnerstag um 19:30 Uhr im Havelzimmer des Fontaneklubs noch einmal vorgetragen.
Für drei Euro Eintritt bekommt man wirklich gute, regionale Literatur
zu Gehör – ein Erlebnis, das Kulturbegeisterten eine echte
Alternative zu einem Kinoabend bietet. |