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Sechs Hände auf einem Flügel
Brandenburgische Sommerkonzerte gastieren im Dom

Michael L. Hübner
Sechs Hände auf einer Klaviatur – das kann doch gar nicht… Doch, doch! Drei bezaubernde junge Damen, Xenia Kourkoumeli aus Thessaloniki, Alina Pronina aus Kiew und Anne Salié aus Leipzig haben sich zum Trio Some Handsome Hands zusammengefunden und bespielten am Samstag dem 30. August im Brandenburger Dom einen echten Carl-Bechstein-Flügel. Etwas ungewöhnlich für den Dom: Die Bestuhlung wies an diesem Abend nach Westen. Unterhalb der Orgelempore war das teure Instrument aufgebaut. Von dort gaben die drei Pianistinnen im Rahmen der Brandenburger Sommerkonzerte ihre Vorstellung. Um es vorwegzunehmen: Die etwa 500 Zuhörer wollten die jungen Virtuosinnen nicht mehr fortlassen und forderten drei Zugaben ein.
Durch einen Kollegen vom rbb war der künstlerische Leiter des Vereins Brandenburger Sommerkonzerte e. V. auf die drei hochtalentierten Damen aufmerksam geworden, die bereits mit ihrem Repertoire eine CD einspielten. Der Verein selbst, der seit 1990 pro Jahr etwa 25 Konzerte im gesamten Land Brandenburg gibt, dabei sowohl große wie kleine Kirchen als Konzertraum nutzt, namhafte Künstler verpflichtet und gleichzeitig solchen jungen Talenten ein Podium bietet, versucht den Brandenburger Dom nach Möglichkeit mindestens einmal pro Saison zu besuchen. Diesmal klappte es – mit dem Erfolg war der Veranstalter mehr als zufrieden. Die Besucher kamen teilweise von auswärts angereist, wie Roland und Beate Krusch aus Potsdam. „Wir folgen den Sommerkonzerten eigentlich, so oft wir können, aber Brandenburg sehen wir zum ersten Mal. Wir stammen aus dem Sauerland und wussten gar nicht, dass es gleich um die Ecke von Potsdam so schön ist. Nur, dass uns Brandenburger Jugendliche, als wir sie nach dem Dom fragten, zur Katharinenkirche schickten, wunderte uns doch ein wenig. Kennen die Kiddies ihre eigene Stadt nicht?“ Dorina Weißert aus Schöneberg kam mit ihrem Enkel per Bahn und beklagte die dürftige Anbindung des Doms mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Bei Mozarts genial zu sechs Händen gespielter Ouvertüre zu „Figaro“ entschlummerte der Enkel in Omas Armen. Als die Künstlerinnen im Folgenden jedoch Alfred Schnittkes furiose Hommage an Strawinsky, Prokofjew und Schostakowitsch intonierten, war der junge Mann wieder hellwach und blickte etwas verstört um sich. Dorina Weißert selbst singt im Kirchenchor ihrer Gemeinde – die Sommerkonzerte sind für sie ein Muss.
Etwa 500 Klavierkonzerte wurden für sechs Hände bearbeitet, erklärt Alina. Professor Tomislav Baynov aus Marktobersdorf hatte sie gesammelt und dort errangen dann auch die drei Damen den 1. Preis beim internationalen Wettbewerb für mehrhändiges Klavierspiel. Auf die Frage, wer denn in dem seit drei Jahren bestehenden Trio die Aufgabe des Dirigenten übernimmt, lachen Anne und Xenia: „Das wird ausdiskutiert.“ Zwei bis drei mal pro Woche üben sie gemeinsam. Natürlich verfolgen sie auch ihre Einzelkarrieren, aber das gemeinsame Spielen in ihrem Trio bedeutet ihnen viel. An der Hochschule für Musik und Gesang „Hanns Eisler“ in Berlin hatten sie sich kennen gelernt – und da Pianisten als einsame Musiker verschrien sind, dachten sie sich, dagegen ließe sich etwas unternehmen. Seitdem konnten sie sich mit ihrem sechshändigen Repertoire von etwa zweistündigem Umfang erfolgreich profilieren. Die Souveränität ihrer Kunst erlaubt ihnen sogar das Einflechten komödiantischer Einlagen. So wechseln sie beispielsweise während des Spiels die Plätze, ohne dass auch nur eine Note verloren geht, arbeiten mit Mimik und Gestik und bringen das Publikum zum Lachen. Dieses dankte mit Minutenlangem Applaus, was doch sonst in sakralen Gebäuden obsolet ist. Die Zeiten ändern sich eben. Und wie man am Abend des 30.8. ausgiebig zu hören Gelegenheit hatte – nicht unbedingt immer zum schlechteren!

 
B
6. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008