CDU macht mobil
Kreisverband wählt Delegierte zur Landesvertreterversammlung
CDU-Landesvorsitzender Prof. Dr. Michael
Schierack mit der Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg an der Havel
Dr. Dietlind Tiemann
Michael
L. Hübner
Ein Erbe, das statt Zugewinn eine schwere Belastung bedeutet, kann und
darf man ausschlagen. Das gilt für Privatpersonen wie auch für prominente
Projekte. Man sieht es deutlich am Großflughafen Berlin-Brandenburg:
Obschon der Posten des Geschäftsführers eine gewisse Unabhängigkeit
vom Sozialamt verspräche, will niemand so recht auf dem Sessel des Rainer
Schwarz Platz nehmen. Was aber, wenn eine ganze Partei aus der Opposition
heraus zum Sprung auf die Regierungsbank ansetzt? Unter anderem diese
Frage wurde am Rande der jüngsten Mitgliederversammlung der Christdemokraten
erörtert. Auf dieser Tagung wählte die Stadt-CDU ihre Parteifreunde,
welche den Kreisverband der Konservativen bei der Landesvertreterversammlung
repräsentieren. Und exakt dort wird sich die CDU positionieren müssen,
wie sie die Zukunft des seit Jahren von schweren Pleiten und Pannen
gebeutelten Landes angehen will. Was sie nämlich in der Regierungsverantwortung
erwarten würde, ist alles andere als lustig. Lange ist es her, als ein
tatkräftiger Deichgraf das Oderhochwasser bekämpfte. Viel zu lange!
Der beliebte sozialdemokratische Landesvater musste seither in Umfragen
Verluste von damals weit über 90 % Zustimmung auf nunmehr nur noch etwa
50 % ertragen. Das sei zwar immer noch sehr respektabel, wie der anwesende
CDU-Landeschef Prof. Dr. Michael Schierack anerkannte. Der Absturz jedoch
gleiche beinahe einem freien Fall. Schwer geschadet hat sowohl dem Ministerpräsidenten
als auch dem Image des Landes selbst das unter anderem von seiner rot-roten
Regierung zu verantwortende Desaster um das Berliner Luft-Drehkreuz.
Dabei ist dieses nur die Spitze des Eisbergs: Nur zu gut erinnert man
sich der Chipfabrik Frankfurt/Oder, des für die Formel 1 gebauten Lausitzrings
und der Zeppelinhalle in Brandt, die sich mittlerweile als Bespaßungskomplex
jeder Produktion und Wertschöpfung entzogen hat. Milliarden und Abermilliarden
von nicht vorhandenen Steuergeldern sind da im märkischen Sand sinnlos
versenkt worden. Kaum einzulösende Wechsel auf die Zukunft, wie Schierack
betonte. Das sind Gelder, die vernünftigerweise in einer funktionierenden
Infrastruktur, in einem ausreichenden Polizeivorhalt, einem gut ausgestatteten
Bildungswesen, in Reparatur und Neubau von Straßen... allemal besser
angelegt gewesen wären. Die Wuster Schranken lassen grüßen! Auf kommunaler
Ebene darf man dem brillanten aber unter der damaligen sozialdemokratischen
Stadtregierung nicht umgesetzten neustädtischen Rathaus-Neubauentwurf
von Wert-Konzept hinterherweinen und – dem Briester Flugplatz, für dessen
Lizenzverlust damals die Voraussetzungen geschaffen wurden. Gewichtige
Hypotheken so weit man schaut, denen sich eine christlich-demokratische
Nachfolgeregierung mit viel Idealismus im Gepäck stellen müsste. Man
verkennt diese Problematik keineswegs. Gerade vor dem Hintergrund der
6,5 % Verlust im Ergebnis der Niedersachsenwahl wollte keine rechte
Heiterkeit aufkommen. Die dadurch zu erwartenden geänderten Bundesratsverhältnisse
machen einer angestrebten konservativen Landesregierung das Leben auch
nicht leichter. Oberbürgermeisterin und CDU-Kreisverbandsvorsitzede
Dr. Dietlind Tiemann aber verwies auf die unübersehbaren Erfolge in
der Stadt seit Antritt ihrer ersten Amtszeit vor beinahe zehn Jahren.
Das hätte viele Brandenburger überzeugt. Die Zeiten, in denen man lediglich
einem Besenstiel ein Schild mit der Aufschrift „Sozialdemokrat“ umhängen
müsse und schon sei er gewählt, seien vorbei. Allerdings reiche die
Stimmung in der Bevölkerung noch nicht für eine komfortable Mehrheit.
Mit der SPD sei kein Konsens zu erreichen gewesen, so dass Dr. Dietlind
Tiemann die Gespräche der CDU mit der LINKEN noch einmal ausdrücklich
rechtfertigte. Sie wird im übrigen gemeinsam mit Elke Conrad und Patrick
Schweitzer am 2. März nach Potsdam zur Landesvertreterversammlung fahren.
So hat es das Plenum in ihrem Falle einstimmig beschlossen. Sollte man
jedoch die momentan recht angenehme Opposition gegen die eisige Regierungsbank
einzutauschen, so haben sich die Christdemokraten vorgenommen, aktiv
gegen das Chaos im Bildungswesen, gegen die unverantwortliche Ausdünnung
der polizeilichen Personal- und Ausstattungsdecke und, speziell auf
die Havelmetropole bezogen, um den Erhalt der Kreisfreiheit für die
vier Oberzentren des Landes zu kämpfen. An Entschlossenheit mangelt
es jedenfalls nicht. Denn, so wenig man sich sein Erbe aussuchen kann,
so wenige Alternativen bieten sich, wenn man nur dieses eine Land, diese
eine Grundlage zur Gestaltung der Zukunft hat.