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Willis
Boffke Don M. Barbagrigia Das alles erfüllt zivilisierte Menschen mit Abscheu, lässt ernsthafte Zweifel aufkommen an der postulierten Gott-Ähnlichkeit des Menschen – es sei denn, man erklärt über just diese Deszendenz die Grausamkeit dieser Welt. Dieser Tage jedoch
scheint die Sonne über dem Menschengeschlecht aufgegangen zu sein. Von
Sydney in Australien bis zum Nordkap knallen die Sektkorken: Ein Kind
wurde zu London geboren! Zähle einer die vielen Kinder, die zeitgleich auf dem Globus das Licht dieser Welt erblickten. Keines von ihnen wurde auch nur mit annähernd so viel Jubel empfangen. Viele von denen werden ihren ersten Geburtstag nicht erleben. Sie verrecken in den Slums Sao Paulos an Seuchen, sie sterben Hungers in der Sahelzone, zu schwach, sich die lästigen Fliegen aus den Augen zu wischen. Wenn sie es zehn Jahre schaffen zu überleben, müssen sich einige von ihnen eine Maschinenpistole um den Hals hängen und auf Geheiß irrsinniger Warlords andere Kinder, aber auch Erwachsene, über den Haufen ballern. Sie lernen das Töten, das Verstümmeln und das Vergewaltigen und gehen dabei selbst vor die Hunde. Ihre Kindheit und ihre Zukunft werden systematisch zertrümmert. Warum? Sind sie alle etwa weniger wert, als dieser Themse-Junge? Gibt es doch Über- und Untermenschen? Hatten die Nazis am Ende recht gehabt? Warum gratulieren so viele „Prominente“ den Eltern dieses Kindes von London? Was ist Besonderes an diesem jungen Paar? Der Vater heißt Wilhelm Sachsen Coburg-Gotha und die Mutter heißt Katharina Middelton. Beide gaben der Welt, in welcher in jeder Sekunde tausende und abertausende Kinder an Unterernährung, Krankheiten, Pistolenschüssen, Vergewaltigungen und anderen Misshandlungen sterben, in den drei Jahrzehnten ihres Lebens nichts als eine Chimäre, ein Hirngespinst, eine blutleere Fata Morgana. Es ist das Trugbild von etwas Höherem, Unbeflecktem, Sorgenfreiem und Unbeschwertem, das sich ein wie im Drogenrausch in die Wolken blickendes, doofes Fußvolk ausmalt, um nicht den Schmutz zu seinen Füßen sehen zu müssen. Deshalb dieses Bohei um ein ganz gewöhnliches Menschenkind, das als einziges noch keinen Schimmer um seine überragende Wertschätzung hat. Beinahe jedes barocke Deckengemälde reflektiert seit Jahrhunderten diese uralten, unreflektierten und irrationalen Sehnsüchte. Nein – gerade in diesem Jubel offenbart sich wieder einmal die Abartigkeit und Verdorbenheit der Gattung Homo Sapiens. Denn anstatt sich darum zu bemühen, dass Millionen ihrer Kinder eine faire Chance auf eine lebenswerte Existenz bekommen, krakeelen sie wie die Affen um ein einziges Kind, das die Wenigsten von ihnen jemals leibhaftig zu Gesicht bekommen werden und erklären dieses Knäblein zu einer Art nationalem Heiligtum. So abgrundtief dämlich verhält sich kein anderes Wesen auf diesem Planeten. Und so schrecklich uns diese Wahrheit ankommt – die Verbrechen der Menschheit, seitdem Kain den Stein wider seinen Bruder Abel erhob, dünken uns von mehr Sinn und Verstand getragen, als der im Angesicht des Leides dieser Erde perverse Jubel um ein Kind, das in der Millionenstadt London geboren wurde. |
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B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009 24.07.2013 |