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Brandenburg – deine BUGA
Ente oder Trente – Sekt oder Selters

Kotofeij K. Bajun
Die gebotene Chance war riesig - das Risiko allerdings auch. In der Kürze der verbleibenden Zeit, im Zusammenhang mit der notorisch leeren Stadtkasse erschien auch dem optimistischsten Befürworter der Bundesgartenschau 2015 das Wagnis als ein Abenteuer mit kaum ernsthaft zu kalkulierendem Ausgang. Es ist absolut klar: Die altehrwürdige Domstadt steht und fällt mit dem Erfolg der BUGA! Dabei stehen alle infrastrukturellen Zeichen auf Sturm. Die einstigen Herren des Landes, die Stodoranje oder auch Heveller genannt, hatten die Lage ihrer Hauptburg ausgesprochen klug gewählt. Erst im knallharten Winter 928/929 konnte König Heinrich mit seinen Truppen überhaupt nur an die Burganlage herankommen. Mütterchen Havel hatte sich mit ihren breiten, sumpfigen Niederungen über Jahrhunderte als zuverlässiger Schutz erwiesen.

Auch die Lokatoren der Sieger erwiesen sich als absolute Könner. Geschickt, wie sie die Topographie des eroberten Geländes ausnutzten, waren sie wohl die Letzten für die nächsten tausend Jahre, die in Mutter der Mark für die Zukunft planten und bauten. Deren Konzept trägt nämlich noch immer: Eine verstopfte Straße - und weder Freund noch Feind kommen in die Stadt oder aus ihr hinaus. Natürlich verlangt das feuchte Gelände nach höheren Investitionen. Ist man diese aber nicht aufzuwenden bereit, so muss man sich darüber im Klaren sei, dass man sich mit seinen Bauaktivitäten an den Erfordernissen der Vergangenheit orientiert. Oder, wie der Volksmund sagt: Brandenburg baut für vorgestern.

Natürlich verkennen wir nicht die sich prekär zuspitzende demographische Situation. Wir beobachten das Wegbrechen des kommunalen Steueraufkommens im Zuge der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Wir konstatieren ärgerlich die Projektaufgabe der Bundesstraße 102 Neu, deren einzig fertig gestelltes Teilstück, westlich von Bensdorf, zu Deutschlands teuerster Fahrschulstrecke degradiert wurde. Die dort im märkischen Sande versenkten Gelder fehlen wichtigen Verkehrsprojekten der Stadt. Noch weitaus schlimmer aber wirkt sich das Flughafen-Debakel aus, das bereits die 5-Milliarden-Grenze sprengte. Der Brandenburgische Verkehrs-Minister Vogelsänger sagte von 80 Verkehrs- und Infrastrukturprojekten 62 (!) ab. Unter anderem verliert Brandenburg an der Havel seine so dringend benötigte, vierspurige Anbindung an die Bundesautobahn 2 über die Trasse der Bundesstraße 102. Noch tragischer ist das ewige Problem mit der Schranke in Wust zu bewerten, welche die Bundesstraße 1 zwischen Potsdam und Brandenburg an der Havel kurz vor dem östlichen Stadteingang in die Havelmetropole abschneidet. Die Fernverkehrsstraße 1 ist der wichtigste Bypass der sie im Süden begleitenden Autobahn Nr. 2. Hat es dort gekracht, dann wickelt sich der Verkehr über die 1 ab.

2006 erklärte Infrastrukturminister Reinhold Dellmann dem damaligen SPD-Landtagsabgeordneten Ralf Holzschuher auf dessen Anfrage, im Sommer 2008 sei die Neuwegung der Bundesstraße 1 übergabefertig. Die Trassierung läge bereits abgesteckt neben den Geleisen der Deutschen Reichsbahn, das Planfeststellungsverfahren sei erledigt und los könne es gehen. Ging es aber nicht. Der amtierende Chef des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft, Jörg Willi Vogelsänger, erklärte dem Preußischen Landboten im Juli 2012 im Bischofshof zu Brandenburg, er verspreche, den Brandenburgern, dass er sie bis Dezember 2012 über die Entscheidung informieren wollen, wie die neue Trasse der 1 verlaufen solle. Häää? Haben wir etwas verpasst? Die Entscheidung war doch schon getroffen worden, das Planfeststellungsverfahren längst in trockenen Tüchern … Ja, ja – wenn aber so lange Zeit vergangen und nichts passiert ist, dann ist auch das solideste Planfeststellungsverfahren über sein Verfallsdatum hinüber. Ein typischer Klassiker für den Landesrechnungshof. Übrigens scheint man im Ministerium jetzt den Plan zu favorisieren, die alte Trasse zu „ertüchtigen“. Watt’n Irrsinn! Die Neuschmerzker werden sturmlaufen.

Darüber hinaus ist weder die Straße mit Beginn der Häuserzeilen noch – und das ist weitaus gewichtiger im großen Kreuzungsberich mit der B 102 erweiterungsfähig. Die Trasse gehört nördlich entlang den Schienen gelegt und sie muss Anschluss an die Überführung Potsdamer Straße bekommen. Eigentlich bräuchten diejenigen, welche die Stadt in Richtung B 1 verlassen wollen noch einen Tunnel unter der Überführung, um kreuzungsfreien Verkehr zu gewährleisten. Das wäre zukunftsträchtig gedacht. Doch es bleibt eine Utopie. Ein paar Meter weiter bezeichnet die neugestaltete Fläche rund um den Brandenburger Hauptbahnhof die nächste Referenz an verkehrstechnisch längst vergangene Tage. Die vierspurige Ringstraße schneidet die Bahnreisenden erfolgreich von der Stadt ab und die Autofahrer, verdammt sie zu einem vorprogrammierten Stau, da die notwendige Fußgängerampel den fließenden Verkehr alle paar Sekunden zum Erliegen bringt. Hier wäre eine Untertunnelung des automobilen Verkehrs zwingend vonnöten gewesen, um eine geschlossene Bahnhofsplatte zu gewährleisten. Das Ganze hätte bei dem feuchten Untergrund etwa 150 Millionen Euro gekostet. Eine anständige Summe, für die eine alte Frau lange stricken muss – zugegeben. Aber rechnen wir einmal anders. Diese 150 Millionen entsprechen exakt fünf Wochenbeträgen, die das Land für einen nicht funktionierenden Großflughafen Berlin-Schönefeld, also für nichts und wieder nichts bezahlt.

Der schöne neue Parkplatz neben dem Bahnhof kündet vom nächsten Desaster. Die Bedarfsermittlung ging von 600 benötigten Parkplätzen aus. Nur ein Viertel davon bietet dieser Parkplatz mit der Folge, dass er morgens um fünf Uhr bereits schon vollkommen belegt ist. Wilde Parkplätze an der Bauhofstraße in einer Entfernung, dass sich schon die Einrichtung eines Shuttles lohnen würde, sind die Folge. Wir könnten fortfahren mit der untragbaren Stadteingangssituation am Landhaus an der Plane. Etwas fatalistisch äußerte der Baubeigeordnete der Stadt Brandenburg, Michael Brandt, dem Landboten gegenüber, die Garantie, dass es dort noch nicht zu katastrophalen Unfällen gekommen sei, werde durch die Unmöglichkeit dieser Situation, in der sich Fluß, Schiene und Straße kreuzen, erteilt. Jeder wisse, wie gefährlich es dort sei und richte sich danach ein. Werden es auch die BUGA-Besucher wissen, die aus fernen Landesteilen kommend, in Wollin die Autobahn verlassen, um die BUGA-Stadt von Südwesten her zu erreichen? Ein toter BUGA-Besucher, der aufgrund dieser mangelhaften Infrastruktur sein Leben verlor – und Brandenburg an der Havel hat seinen eigenen Dortmunder Love-Parade-Skandal! Das Land Brandenburg ist das Land der Pleiten, des Pechs und der Pannen. Ein Land, in dem es permanent nach hinten los ging. Chipfabrik Frankfurt/Oder, Formel I – Lausitzring, Zeppelinhalle Brandt, Großflughafen Schönefeld, Kleinmachnower Schleuse, verschenkte Flugplatzlizenz EDUB, Brandenburg –Briest … Die Reihe ist endlos. Wird sie durch ein Fallieren der BUGA in der Chur- und Hauptstadt fortgesetzt – dann gnade dem armen Lande und der armen Stadt der Liebe Gott! Dann dürfte auf das nationale und internationale Gespött ein Stigma folgen, welches Investorenfeindlicher nicht sein könnte.

23. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
29.10.2013