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Barocke Klänge zum Apfelschwein
Kochbuch mit Extranote von Frank-Walter Steinmeier in Saaringen vorgestellt

Michael L. Hübner
Drei Dutzend Zuhörer lauschen der Sopranistin Carmen Dahlke, der Geigerin Angela Brandigi und dem Klavierspiel von Bettina und Ernst Damus in der kleinen Saaringer Dorfkirche. Einer der Zuhörer barocker Stücke von Gluck, Händel, Pergolesi und anderen Größen der europäischen Musikgeschichte war der ehemalige Bundesaußenminister, Vizekanzler a. D., SPD-Fraktionsführer im Bundestag und Neu-Saaringer Dr. Frank-Walter Steinmeier. Bescheiden saß er inmitten der drei Dutzend Gäste. Keine Kameras, kein Aufgebot von Sicherheitskräften – da lauscht ein einfacher westfälischer Bauernjunge ergriffen unsterblicher Musik. Am Vortage noch konnte er den Kirchmöseranern die mit 16,44 Millionen Euro des Bundeseisenbahnvermögens unterstützte großflächige Sanierung der Eisenbahnersiedlung bis 2016 verkünden. Allein bis zum Jahresende 2013 werden 4,29 Millionen Euro verbaut. Kirchmörser dankt es ihm. Der Samstag aber brachte etwas Ruhe in das angespannte Politikerleben, so unter anderem jenen Konzertbesuch anlässlich des kleinen Sommerdorffestes der Saaringer. Gleich neben dem Festplatz, auf seinem Grundstück, stellte der Westfale Steinmeier im Anschluss ein kleines Kochbuch vor, dessen Rezepte allerdings seinem Wahlkreis entstammen. Die Idee zu diesem Ausflug in kulinarische Gefilde der Mark entstand bei einem Besuch des Domstiftsgutes Mötzow. Steinmeier, Schirmherr des Berliner Vereins „future for us“, der Kindern mit gebrochener Beschulungsbiografie einen zweiten Anlauf ermöglicht und unter anderem in den Fächern Kochkunst und Gastronomie ausbildet, wollte den Lernalltag seiner Eleven etwas auflockern. „Sie sollten mal sehen, wo eigentlich die in der Küche verendeten Zutaten herkommen. Manche von den Kindern haben noch nie eine grasende Kuh oder ein Spargelfeld gesehen“, berichtet der Sozialdemokrat. Gemeinsam mit dem österreichischen Koch Johann Lafer und seinen Schützlingen besuchte er also den vom Dom gepachteten Vielfruchthof des Großbauern Heinrich Thiermann. Dort hat Timo Kahl, Sohn des Gerichtspräsidenten Wolf Kahl, den gastronomischen Hut auf. Während des gemeinsamen Kochens kam man dann auf den Gedanken, ein Kochbuch zu kreieren. Als Werbegeschenk dürfte dieses Heft sicher eine weitaus längere Haltbarkeitszeit beim Volke beanspruchen, als das gewöhnliche Wahlkampfbroschüren gemeinhin tun. Achtzehn Bürger aus dem Wahlkreis 60 der SPD vom Rathenower Fleischer bis zum Ministerpräsidenten, von der Brandenburger Theaterfreundin bis zur Borkheider Rentnerin, alles Bekanntschaften Frank-Walter Steinmeiers, wurden von diesem um ihre Zuarbeit gebeten. „Niemand – und das war das Schönste an der Sache – hat abgewunken. Alle haben etwas beigetragen“, sagt Steinmeier. Und er fährt fort: „Wir haben darauf geachtet, dass die vorgestellten Gerichte aus Zutaten angerichtet werden können, die in der Kaufhalle um die Ecke zu haben sind. Auch die notwendigen Utensilien sollten in jedem durchschnittlichen Haushalt vorhanden sein.“ Einer kurzen Vorstellung des jeweiligen Protagonisten folgt eine Übersicht dessen, was man für das Kochen benötigt, der Zubereitungszeit, der Schwierigkeit, der Kosten und dann, auf der nächsten Seite, die eigentliche Kochanleitung. Handlich, griffig, schön anzusehen. Auf dass seinen Mitautoren, die bei der Vorstellung des jüngsten Küchenbüchleins aus den Reihen der Arbeiterpartei zu Gast im Hause Steinmeier geladen waren, nicht nur der Zahn triefe, tafelte der Neu-Saaringer sein Havelländer Apfelschwein auf. Er setzte damit im nordöstlichsten Vorposten der Chur- und Hauptstadt seinen persönlichen kulinarischen Kontrapunkt zum Pfälzer Saumagen. Und wer selbst Appetit auf das kleine Kochbuch bekommt, kann es sich im havelstädtischen SPD-Hauptquartier in der Krakauer Straße kostenfrei abholen.

23. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
23.06.2013