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Es geht voran!
Bundesbildungsministerin Annette Schavan verkündet unkompliziertere Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse

J.- F. S. Lemarcou
Vor zwei Jahren veröffentlichte unser Kollege Michael L. Hübner im Rahmen eines Bildungsprojektes mit Schülern eine Broschüre über jüdisches Leben in Brandenburg-Hohenstücken. Er kam während der Arbeit zu dem Ergebnis, dass viele der Juden, die nach der Wende aus den Tiefen der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen waren, über hohe berufliche Qualifikationen verfügten, die ihnen in ihrer neuen Heimat mehrheitlich einen feuchten Dreck nutzten. Ärzte durften nicht praktizieren, Ingenieurs nicht projektieren, Pädagogen nicht unterrichten, Forstbeamte keine Wälder betreuen. Mit welcher Geringschätzung deutsche Behörden sowjetische Bildungsabschlüsse bedachten, war skandalös. Ja, wenn das Urkunden aus Harvard oder Yale gewesen wären, Stempel von Princeton, Cambridge oder Oxford tragen würden... Die Sorbonne und die Universitäten von Leiden und Bologna hätten Eindruck gemacht! Das wäre etwas anderes. Aber so? Die Russen waren doch alles degenerierte Neandertaler, nicht wahr? Was machte das schon, dass sie den Sputnik ins All gebracht hatten, die ersten Lebewesen, den ersten Menschen, die erste Frau? Was spielte es für ein Rolle, dass die Amis vor den sowjetischen MiGs, den T80-Panzern und den Kalaschnikows zitterten wie Espenlaub, dass die Russen mit dem Rechenschieber Atomraketen entwickelten, welche die Yankees Bunker buddeln ließen, deren Wände schon an die Hölle grenzten. Alles Idioten? Nein, das waren die Kerls, die einen Bleistift für ein paar Kopeken mit ins All auf ihre Raumstation MIR mitnahmen, der tadellos unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit funktionierte, während die NASA Millionen Dollars versenkte, weil sie Kugelschreiber entwickeln wollte, die ähnlich zuverlässig arbeiteten.
Welche Borniertheit, diesen Leuten mit ihrem immensen Wissen und Können im Deutschen Reich das Vermögen zu segensreichem Wirkens abzusprechen – vor allem nach den Erfahrungen des letzten Krieges völlig unverständlich.
Aber jetzt kommen die geburtenschwachen Jahrgänge. Das Hochlohnland Deutschland gerät eh schon in die Klemme. Der Weltmarkt beginnt sich umzuorientieren. Der nationale Arbeitsmarkt entspannt sich – fähige Leute werden gebraucht. Deutschland beginnt Häppchenweise von seinem hohen Ross herabzusteigen.
Schade ist es, dass die Erkenntnis erst so spät und dann auch noch erkennbar unter Druck reifte.
Hatten uns nicht schon in den Neunziger Jahren die Turbanträger aus dem Dritte-Welt-Entwicklungsland Indien gezeigt, wo der IT-Hammer hängt, während sich unsere retardierten Gören noch mit Buchstabiertafeln herumschlugen, sachsen-anhaltinische Missies Polen in der Deutschen Bucht versenkten und Bayern in einen freien und einen kommunistischen Teil separierten – Gottlob nur auf der Landkarte – und ansonsten bis auf die dritte Stelle hinterm Komma herbeten konnten, wann Britney Spears den letzten Furz gelassen hatte?
War es uns eine Lehre? Mitnichten. Hervorragende Hochschulabsolventen, Russen, Juden, mussten eine Umschulung zum Altenpfleger absolvieren um überhaupt hierzulande arbeiten zu dürfen. Nicht, dass dies nicht auch eine ehrbare Tätigkeit gewesen wäre – aber zu welchem Preis!
Nein – die Idiotie kam nicht aus dem Ausland zu uns. Sie metastasierte in unserem aufgeblasenen Staatswesen, dessen verbeamtete Diener oft nicht einmal wußten, wo die Sowjetunion überhaupt lag, über deren Bildung sie so selbstherrlich befanden. Alles, was einige von einem Russen wußten, war, dass er stets mit einem bluttriefenden Messer im Maul auf der Jagd nach deutschen Fräuleins ist.
Der Nationalsozialismus kostete das Reich unter anderem die Mehrheit seiner Bildungsträger, als er die Juden vertrieb und umbrachte. Nach dem Kriege waren es Selbstherrlichkeit und Dünkel, die Deutschland wiederum Unmengen an Chancen verpassen ließen.
Deutschland, Deutschland – werde endlich erwachsen!

19. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
24.03.2011