Wahlrummel in den Staaten 2008
– Frauen und Farbige vor!
B. St. Fjøllfross
Manchen Präsidenten
der Vereinigten Staaten von Amerika hätte man gerne die
ewige Präsidentschaft gegönnt. Ja, solche Männer
gab es in der Vergangenheit wirklich!
Eine der wenigen vernünftigen Einrichtungen des amerikanischen
Wahlsystems aber besteht darin, daß nach zwei Amtsperioden
definitiv Schluß ist. Auf das Ende der Ära Busch
jr. freut sich wahrscheinlich ein Großteil der zivilisierten
Welt wie ein Kind auf Weihnachten.
Nicht, daß bei den klugen Vertretern dieser barmenden
Gemeinde die Hoffnung auf eine grundlegende Änderung der
Politik der U. S. A. mitschwänge. Zu sehr hatte George
W. Bush die seriöse Gloriole um das Amt des Präsidenten
der Vereinigten Staaten demontiert, als daß nicht jeder
klardenkende Erdenbürger nunmehr weiß: Der Präsident
ist nur noch der Popanz des amerikanischen Monopolkapitals.
Das Märchen vom angeblich mächtigsten Mann der Welt
verstaubt endgültig in der irrationalen Mottenkiste politischer
Schönfärberei. Wenn überhaupt, dann können
wir bestenfalls vom tragikomischsten König Urmel der Welt
sprechen und von den unverschämtesten Strippenziehern,
die es seit einer Dekade nicht einmal mehr für nötig
halten, ihre Puppen vom Hintergrund aus tanzen zu lassen.
Der durch Wahlbetrug an die Macht gekommene Kriegsverbrecher
George W. Bush kann also den Kasperlethron in Washington nicht
mehr blockieren.
Nun werden sich Senat und Volk des Vierten Rom sagen, wenn da
schon kein Hauch von Ernsthaftigkeit mehr um den Lehnsessel
im Oval Office weht, dann ist der Rest auch schon egal! Warum
also nicht mal eine Frau oder einen Neger in dieses Büro
befördern?
Das amerikanische Volk ist jedoch trotz aller ebenso glorreichen
wie genialen Erfindungen wie Political Correctness „immer
noch nicht reif“ für solch einen Mieter des Weißen
Hauses, wie sogar aus den Regierungskreisen der Staaten verlautet.
Immerhin meint noch ein Löwenanteil dieses Volkes, der
Präsident sei das direkte Abbild Gottes auf Erden und müsse
daher eine weißer, ca. 70jähriger Mann mit Rauschebart
und gütigen Augen sein, der weise und gerecht…
Nun also eine Frau (!) oder gar ein Farbiger (!!!)...
War die äußerst
kluge wie ebenso schöne Condoleezza Rice nicht schon Schrecken
genug – von der Bühne des internationalen Parketts
bis in den Sonnen-, Tornado- und Negerverwöhnten Süden
der Staaten! Das Stöhnen des Ku-Klux-Klans hört sich
an wie das Grollen des Mount St. Helens.
Vielleicht wollen die paar wirklich Gebildeten in Amerika noch
retten, was zu retten ist. Mit einer revolutionären Tat,
die für andere, kleinere, reifere Völker längst
und seit Jahrzehnten selbstverständlich ist, will man wohl
ein wenig von dem desaströsen Erbe ablenken, das Kasperle
George uns hinterläßt. Wenn alle Welt nun ergiebig
und ergeben staunt, zu welch großen inneren Reifesprüngen
das freieste Heldenvolk der Welt befähigt ist, wird sie
wohl das unwürdige Marionettendrama der letzten Jahre,
das die Welt mehr als einmal an den Rand der Verzweiflung brachte,
in den Skat drücken. (Entschuldigung – es ist ja
die amerikanische Poker-Welle, die derzeit alle After-Vasallen
Washingtons überspült – das geistfordernde Kartenspiel
Skat wollen wir da besser unerwähnt lassen.)
Wer noch immer der Illusion nachhängt, die U. S. A. wären
Weltpolizist kraft moralischer Überlegenheit, der möge
spätestens jetzt die Augen aufschlagen und aufwachen! Wer
erstmals im 21. Jahrhundert eine Frau oder einen Farbigen für
den Präsidentschaftswahlkampf in Erwägung zieht, wer
diesbezüglich nur um ein Tüttelchen progressiver ist,
als der Vatikan oder die Teheraner Regierung wildgewordener
religiöser Affen und Prügelperser, dessen Führungsrolle
und -anspruch reduziert sich allein auf die Macht seiner Flugzeugträger.
Basta!
Im Übrigen ist es darüber hinaus noch immer undenkbar,
daß ein Indianer (der Große Rote Vater im Weißen
Haus, hä, hä) oder ein Puerto Ricaner das Rennen macht.
Oder ein Hispano oder eine Frau chinesischer Abkunft. Frau Hillary
Clinton und Herr Barack Obama sind winzige Schrittchen in die
richtige Richtung – mehr nicht.
Nicht mal die Erkenntnis, daß der Bewohner des Weißen
Hauses eh kaum etwas zu melden hat, sondern statt seiner die
Federal Reserve, die New York Stock Exchange, all die mächtigen
Trusts und nicht zu vergessen – das amerikanische Militär,
können die Variabilität der Vorzeige-Puppe auf dem
amerikanischen Thron entscheidend erweitern.
Dementsprechend gestaltet sich auch – alle vier Jahre
wieder – der amerikanische Wahlrummel. Verzeihen Sie,
daß wir auf den Begriff „Wahlkampf“ verzichten.
Es ist keiner! Es ist und bleibt ein Medienspektakel, ein dem
amerikanischen Präsidentenamte angemessenes buntes Medienspektakel.
Neil Postman hat es zur Genüge, erschöpfend wie erhellend,
ausgewertet. Das hat nichts mehr mit dem Austausch intellektueller
und politischer Ideen und Programme zu tun. Hier geht es um
Unterhaltung – Entertainment, wie der Amerikaner sagt,
Telegenität, hohle und möglichst nichtssagende Phrasen,
Jubelschreie, Pompons, Konfetti!
Es ist längst nicht mehr die Frage, ob ein Mann oder eine
Frau, ein Wasp (White Anglo-Saxon Protestant) oder ein Vertreter
einer anderen Ethnie Präsident der Vereinigten Staaten
wird. Es dreht sich nur noch darum, ob die Amerikaner einen
weißen oder farbigen Karnevalsprinzen, wahlweise -prinzessin
ins Weiße Haus schicken, der dann die Hausschlüssel
leider Gottes bis zu acht Aschermittwoche hintereinander am
Schlüsselbund tragen darf. Na denn – Helau Amerika!