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Jugendkriminalität

Don M. Barbagrigia
Das Thema hängt uns zum Halse raus. Wie oft haben wir es beackert, sind ihm auf den Grund gegangen, haben geflucht, gewettert, gefordert. Wir hätten es auch in den Wind schreiben können.
Vor Jahren schon haben wir die Entwicklung ganz richtig vorrausgesagt. Die Hemmschwellen, welche die nachwachsenden Generationen von schwerkriminellen Untaten abhält, wird immer geringer. Die Gewalt nimmt unvorstellbar zu. Die einzigen Reaktionen der Leute, die damit befasst sein sollen die Gesellschaft vor den Kriminellen zu schützen erschöpfen sich in endlosen Demonstrationen steigender Hilflosigkeit.
Roland Koch, hessischer Ministerpräsident, fordert das Höchststrafmaß von zehn auf fünfzehn Jahre für Jugendliche heraufzusetzen. Ganz richtig wird ihm entgegengehalten, daß in hessischen Strafanstalten nicht ein einziger jugendlicher Krimineller auch nur zehn Jahre absitzt. Wozu also eine Verschärfung des Strafmaßes, wenn nicht einmal das vorhandene ausgeschöpft wird? Roland Koch betreibt mithin billige Wahlkampfpolemik. Dummenfang für den Plebs. Stimmenkauf im Dutzend. Dem geht es in erster Linie um seinen Ministerpräsidentensessel und bestenfalls nachgeordnet um die Sicherheit der Nation.
Wir sind für beides: Verschärfung und konsequente Umsetzung des möglichen Strafmaßes. Keine Entlassung nach zwei Dritteln der verbüßten Haftdauer! Kein Pardon!
Aber darin dürfen sich die Gegenschläge nicht erschöpfen. Als erstes muß das hohle Gelaber von der Perspektivlosigkeit der Jugendlichen ausgebremst werden!
Worin besteht denn deren Perspektivlosigkeit? Nur im Mangel von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen? Wirklich?
Ist einem Arbeitslosen der Weg in eine öffentliche Bibliothek verwehrt? Kann er sich nicht Wissen anlesen, statt in derselben Zeitspanne einen alten Mann zusammenzutreten, der ihn wegen seines Vandalismus zur Rede stellt? Kann er sich nicht künstlerisch betätigen, alten Leuten helfen, ohne dabei gleich abzukassieren, sich irgendwie nützlich machen statt der Gesellschaft zu schaden? Ist ihm das alles verwehrt? Wieso das Gebrülle der herangezüchteten Egomanen, die sich allesamt für den unersetzlichen Omphalus Mundi halten: „Mach kaputt, was dich kaputt macht!“ Macht die Gesellschaft sie wirklich kaputt? Diese Gesellschaft des ungehemmten Heuschrecken-Kapitalismus ist sicher nicht die ultima ratio des menschlichen Zusammenlebens. Aber erfahrene Ablehnung in primitive Gewalt zu transformieren und an noch Schwächere weiterzugeben, kennzeichnet höchst überflüssige Vertreter der Menschheit. Es sind Krebsgeschwüre im Organismus des Gemeinwesens. So sollte man sie auch behandeln – weil sie sonst die Gemeinschaft existentiell bedrohen. Was passiert denn, wenn die Masse wieder nach dem „starken Manne“ ruft? Wir brauchen das nicht theoretisch durchzuspielen – die Erfahrungen liegen vor. War das deutsche Volk 1945 nicht existentiell bedroht? Nein? Wirklich nicht? Haben wir also übertrieben? Ja oder Nein!
Diese jugendlichen Kriminellen haben wie jeder Mensch auch die Wahl der Entscheidung zwischen Gut und Böse. Nicht die anderen sind für das Ergebnis dieser Wahl verantwortlich. Das wäre zu billig. Nein, diese Ganoven haben sich lange aufgegeben, bevor es die anderen taten. Sie wollen uns die Hölle aufzwingen, in der sie leben. Und wir, die Gesellschaft sollen uns mit riesigen Schutzgeldern, die wir in die Kurzweil dieser verzogenen Satansbraten zu investieren haben, loskaufen? Und wenn unsere Mittel irgendwann erschöpft sind? Was dann?
Entschuldigt ein Mangel an Angeboten jedes kriminelle Fehlverhalten? Dann sind nicht die Täter die primär Verrückten, sondern die Leute, welche sich apologierend vor die Verbrecher stellen und bessere Lebensumstände für den Abschaum einfordern.
Dort sehen wir nämlich das Hauptproblem: Jahrzehntelang wurde zielgerichtet auf die Katastrophe hingearbeitet, in der wir uns heute wiederfinden. Der wichtigste Lerninhalt vergangener Generationen, daß nämlich erst die Arbeit und dann das Vergnügen kommt, daß man das tägliche Brot im Schweiße seines Angesichtes essen soll, ist als völlig antiquierter und verschimmelter Quatsch lustig über Bord geworfen wurden. Es ging um „Fun!“ Es ging darum „Spaß zu haben“, um jeden Preis – den selbstredend andere zahlen sollten. Was geht uns das an? „...Ich will Spaß, ich will Spaß, ich geb’ Gas, ich geb’ Gas!“...
Hieß das nicht so in den Achtziger Jahren? Haben die Roten noch das „Vom Ich zum Wir“ apostrophiert, so schrie die völlig ausgetickte Fun-Gesellschaft der Bunten Republik Deutschland wie in Trance: „Vom Wir zum Ich.“ Ein lebensgefährlich verletzter Rentner auf dem Bahnsteig der Münchner U-Bahn ist das entsetzliche Resultat.
Aber Pflichtbewußtsein, Selbstkontrolle, Selbstbeherrschung, Disziplin – das alles ist doch der Stoff, aus dem man Faschismus macht, nicht wahr! Lustige, spielende und hampelnde Blumenkinder tun doch keinem was. Sie sind ja so harmlos. Deshalb hätschelt sie noch ein wenig. Faßt sie bloß nicht zu hart an, wenn sie greinen und die Bushaltestellen zerkloppen, eure Häuser beschmieren und wehrlose Zeitgenossen berauben und zusammenschlagen!
Denn wenn ihnen genug Abwechslung geboten wird (nota bene: wir gebrauchen das Passivum), dann sind sie ja ganz verträglich. Ja, das sind sie – aber eben nur, solange sie ihr Spielzeug haben. Nimmt man ihnen das weg, weil weder sie es bezahlen können noch daß sich jemand fände, der die Rechnung übernimmt, dann werden die Funboys and -girls ungehalten. Und unleidlich. Dann schlagen sie zu! Dann gibt es Rabatz! Und Randale! Die Jugend muß sich ja irgendwie artikulieren.
Das machen doch die Küken und die Babys genauso, wenn sie ihre Nahrung einfordern: Schreien und trampeln, bis die Großen nachgeben.
Es ist uns wurscht, welche Rückfallquote amerikanische Bootcamps haben und ob dort der zerstörerische Stolz der Kriminellen gebrochen wird oder nicht. Das interessiert uns nicht. Was uns interessiert ist, daß der Canaille dort gezeigt wird, daß es noch andere Formen der Existenz außerhalb der Spaßgesellschaft gibt. Daß das Leben eben nicht aus einforderungsfähiger Unterhaltung besteht. Daß der Nackte Affe innerhalb der Fauna keine Sonderrolle von wem auch immer zugemessen bekam, die ihn der Sorge um das tägliche Brot enthebt. Und das niemand verpflichtet ist, den Lebtag dieser Parasiten freuden- und abwechslungsreich zu gestalten.
Es soll jedem Individuum unbenommen sein, sich außerhalb der Gesellschaft zu positionieren. Als preußisches Blatt dürften wir nicht einmal ansatzweise etwas anderes denken. Wenn aber diese Positionierung zu einer Belastung für die Gesellschaft wird, dann hat sie nicht nur das gottgewollte Recht, sondern auch die eherne Pflicht sich und ihre Menschen effektiv zu schützen.
Wer diese Pflicht zur Gegenwehr zugunsten der Angreifer relativiert, der stellt sich offen auf die Seite des Feindes. Der leistet dem Feind Vorschub. Der muß als Feind betrachtet werden.
Verhallen diese Worte ungehört – und das steht leider zu befürchten – dann ist der kommenden Anarchie, dem blutigen Chaos Tür und Tor geöffnet. Das Eiserne Zeitalter der Griechen bricht an. Die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges werden sich auf deutschen Straßen wiederholen. Der endgültige Dammbruch der nicht mehr zu bändigenden Gewalt jedenfalls ist nicht mehr ferne.

11. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008