Helga Heinz
– die gute Seele der Brandenburger
Altstadt
Michael L. Hübner
Ruhig und sehr bescheiden ist sie und doch so unglaublich aktiv
– die Rede ist von Helga Heinz, die es wohl tausendmal
verdient, die gute Seele der Altstadt Brandenburg genannt zu
werden.
Als sie am 07. Juni 2008 im Krugpark den zweiten Umweltpreis
der Stadt Brandenburg an der Havel aus den Händen Bürgermeister
Schellers stellvertretend für die Ortsgruppe des Allgemeinen
Deutschen Fahrradclubs (ADFC) entgegennahm, da erlebte man die
Fahrradaktivistin in einer für sie ungewohnten und seltenen
Rolle: auf einer Bühne stehend, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit,
geehrt und gewürdigt. Dennoch, nicht für sich ließ
Helga Heinz die Auszeichnung gelten, nicht für ihren eigenen
gewaltigen persönlichen Beitrag – nein der Verein,
der Klub, die anderen, die, für die sie selbst unermüdlich
tätig ist – die sollen gemeint sein. Gerade diese
Charaktereigenschaften vor dem Hintergrund ihres nimmermüden
und selbstlosen Einsatzes für die Allgemeinheit würden
die geborene Altstädterin für die Auszeichnung „Frau
des Jahres“ prädestinieren – eine Anregung,
über die es sich nachzudenken lohnt.
Ihre Heimat, das war das 1767 erbaute spätbarocke Kaufmannshaus
Mühlentorstraße 10, welches in marodem Zustand befindlich
sehnsüchtig auf die Erlösung aus seinem Dornröschenschlaf
durch einen finanzstarken Bauherren wartet. Schon sehr zeitig
wurde das Fahrrad zum wichtigsten Fortbewegungsmittel der kleinen
Helga, wenn die ganze Familie die Verwandtschaft in Wollin und
Ziesar besuchte. Bei Wind und Wetter wurde geradelt was das
Zeug hielt. „Ach, ist das schön, wenn am Horizont
die Spitze eines Kirchturmes auftaucht…“ schwärmt
die 54Jährige. „Und wenn dann die Tante, die in Wollin
den Gasthof besaß, uns Kinder mit einer kühlen Limonade
begrüßte, das war das Allergrößte.“
Es ist so viel Wärme in der Stimme dieser Frau, wenn sie
mit leuchtenden Augen über ihre schöne Kindheit berichtet.
Sie muß wohl all das Gute, das sie erleben durfte, in
sich aufgesogen haben wie ein Schwamm. Anders ist dieser unwiderstehliche
Drang wohl kaum erklärbar, der sie eine so agile Vertreterin
der Interessen der Allgemeinheit sein lässt.
Sie arbeitet bei dem Verein „Altstädter e. V.“
mit, gründete gar den Altstädtischen Bürgerbeirat,
weil ihr in dem damals bestehenden städtischen Bürgerbeirat
die Bevölkerung der Brandenburger Altstadt zu unterrepräsentiert
erschien, sie ist Vorstandsmitglied im Brandenburger Arbeitskreis
Stadtgeschichte, organisiert und leitet für den ADFC Radwanderungen,
für den sie auch im Landesvorstand mitarbeitet. Helga Heinz
gehört zu den Brandenburger Initiatoren der Roland-Sternfahrten,
die sich mittlerweile zu einem Brandenburger Exportschlager
in die mitteldeutschen Rolandstädte mauserten. Auf der
deutschlandweiten „Tour de Natur“ trifft man die
bekennende Umweltschützerin, die sich still und unaufdringlich,
aber mit einem großen Herzen und beharrlicher Kontinuität
für einen Bewußtseinswandel im Denken der Bevölkerung
weg vom Automobil hin zum umweltfreundlichen Fahrrad einsetzt.
Dabei ist sie von Hause eigentlich Eisenbahnerin. Im werkseigenen
Eisenbahnbetrieb des Stahl- und Walzwerkes Brandenburg begann
sie ihre Laufbahn, erkämpfte im Abendstudium ihren Ingenieur
für Eisenbahnwesen und wechselte zur Hafenbahn, deren Leitung
sie auch für eine gewisse Zeit übernahm. Doch dieser
Bürojob erfüllte sie nicht. Deshalb hängte sie
kurzentschlossen den sicher gut dotierten Beruf an den Nagel
und wurde einfache Verkäuferin bei der Bäckerei Gripp.
Ja – das war es, was sie wollte: der lebendige Kontakt
zu anderen Menschen! Das hatte ihr gefehlt. In diesem Beruf
ging sie auf. Nach der Wende übernahm sie dann den Milchladen
am Nikolaiplatz. Ihr Mann hingegen betrieb ein kleines Geschäft
in der Mühlentorstraße 10. Diesem Geschäft nun
wollte sich Helga Heinz vollends widmen. Doch die neuen, eisigen
Bedingungen der Nachwendezeit forderten ihren Tribut. Dazu kam,
dass die Miterben des Vaterhauses Bares sehen wollten. Irgendwann
waren auch bei der rührigen und tatkräftigen Helga
Heinz die Batterien alle. Entnervt warf sie das Handtuch und
widmete sich fortan den Dingen, die sie ausfüllten. Sie
schrieb Beiträge unter anderem für die Heimatkundlichen
Blätter des Arbeitskreises Stadtgeschichte, sie plante
Fahrradwanderungen, organisierte Aktivitäten und Feste
der „Altstädter“. Und wenn sich dann die Tore
zum Rolandfest öffnen, oder wenn es gilt einen weitgereisten
Fahrradreisenden im Namen der „Altstädter“
an den Stadtgrenzen zu begrüßen, dann trifft man
Helga Heinz oft im Kostüm des großen Stadtschreibers
Zacharias Garcaeus. Eine Lokalpatriotin mit dem Blick fürs
Große Ganze – Menschen wie Helga Heinz erst geben
als Bürger ihren Städten eine eigene Identität
– dafür schuldet die Chur- und Hauptstadt ihrer Tochter
Helga Heinz Dank und Anerkennung. Wer die immensen Leistungen
dieser Frau kennt, sah bei der Verleihung des Umweltpreises
im festen Händedruck des Bürgmeisters den tiefen Respekt,
der ihr, und diesmal ausnahmslos ihr galt – der verdienten
Brandenburger Altstädterin Helga Heinz!