Ein Alpendorf trotzt dem
Imperium
– deutsches Steuergold in Liechtenstein
Don M. Barbagrigia
Nun gärt es schon
eine ganze Weile. Die Rede ist von dem größten Steuerfluchtskandal,
der je die Bundesrepublik Deutschland erschütterte. Reiche
Deutsche transferieren also ihre Millionen ins Steuerparadies
Liechtenstein, in die Schweiz, nach Monaco, auf die Antillen.
Na, wenn das keine Neuigkeiten sind!
Die deutsche Regierung lärmt, der deutsche Staat hätte
ein Anrecht auf die Steuern seiner Bürger. Klar hat er!
Und es würden dem Gemeinwesen jährlich Milliarden
durch solche illegalen Geldexporte flöten gehen. Tja ja…
Wo ist denn nun das sonst allgegenwärtige Getöne von
der Globalisierung? Ja, das ist boshaft. Wir wissen es.
Nun jagt die deutsche Staatsanwaltschaft die Steuerbetrüger
auf Grund von Datenmaterial eines halbseidenen Informanten.
Das alles hat schon tragikomische Züge.
Wie lange ist das eigentlich schon bekannt, daß sogenannte
Leistungsträger dieser Gesellschaft ihren Mammon ins steuergünstige
Ausland schieben? Jahre, Jahrzehnte?
Was ist denn mit den Herren Becker, Gottschalk, Graf, Schumacher,
die sich samt und sonders ins Ausland abmelden und nur noch
ab und an im Reiche vorbeischneien um sich vom doofen Plebs
anhimmeln zu lassen, von ebenjenem Plebs, mit dem ihr Eigentum
im verträglichen Maße zu teilen sie das Grundgesetz
verpflichtet und den sie nach Kräften beschissen und bescheißen.
Nun sind diese Leute vergleichsweise harmlos gegen die Wirtschaftskapitäne,
deren Wertvorstellungen sich nur noch nach ihrem Rang in der
Forbes-Liste erschöpft. Hier geht es gleich um richtig
satte Summen.
Gequält jault die Bundesrepublik auf, die 1,5 Billionen
Euro, noch mal zum durchatmen:
1.500.000.000.000 Euro Schulden hat, die sie in Ewigkeit nicht
wieder los wird – es sei denn durch eine massive Währungsreform,
also staatlichen Diebstahl am privaten Vermögen der breiten
Masse. Das Tafelsilber ist vertickt, und das einzige was ungebremst
weiter tickt, ist – die Schuldenuhr in der Berliner Französischen
Straße. Die internationale Hypothekenkrise aus den Größten
und Freiesten Vereinigten Staaten der ganzen „zivilisierten“
Welt brachte noch das Sahnehäubchen aufs Dessert.
Und jetzt jagt man den unter den Teppich gerollten Groschen
hinterher…
Rührend, wahrhaft rührend dieser eifrige Aktionismus,
dieses Anbelfern der 35.000 Liechtensteiner, die gar nicht existieren
könnten, wenn sie nicht den vaterlandslosen Gesellen aller
Welt ein so komfortables fiskalisches Asyl böten. Da wird
Herr Hasler, der vielleicht in Regierungskreisen schon mal aus
Versehen Haßler geschrieben werden könnte, nach Berlin
geordert und diesem Kleinstadt-Bürgermeister klargemacht,
daß er gefälligst die Konten und damit die Existenzgrundlage
seines 11-Gemeinden-Dorfes preiszugeben hätte. Eine Ehre
übrigens, Herr Hasler, eine Ehre! Ein solcher Empfang wird
dem von der Fläche her sogar doppelt so großen und
von der Bevölkerung her nur geringfügig schwächeren
Neuruppin nicht zu teil. Jedenfalls hat der Preußische
Landbote bislang nicht gehört, daß Herrn Jens-Peter
Golde, Bürgermeister von Neuruppin, ein solcher Empfang
in Berlin mit protokollarischen Ehren bereitet wurde.
Sie werden uns jetzt der Albernheit zeihen! Neuruppin ist weder
souverän noch ein Steuerparadies. Immerhin darf nicht einmal
mehr die Dorfrepublik Rüterberg das Protokoll des Auswärtigen
Amtes zu Berlin bemühen oder gar in Anspruch nehmen.
Wir deuten den jetzigen Steuerkrawall mit all seinen rigiden
Maßnahmen gegen die hochgelobten Leistungsträger
der Gesellschaft als letztes, kraftloses Um-sich-Beißen
eines Gemeinwesens, das Jahrzehnte um Jahrzehnte völlig
verkehrten Ideen gefolgt ist. Eines Gemeinwesens, das sich sicher
nicht zu Unrecht in Sack und Asche verbarg und ein gesundes
Nationalgefühl nicht mehr aufkommen lassen wollte aus berechtigter
Angst vor den kaum in die Flasche zurückgepreßten
braunen Dämonen. Wer wollte schon auf diesen Staat, in
dem jugendliche Asoziale und Kriminelle mit sündhaft teurer
Kuschelpädagogik hofiert und Arbeitsunwillige auf beinahe
luxuriösem Niveau (verglichen mit den elenden Krals der
bettelarmen Neger in Afrika) durchgemästet werden, noch
einen müden Cent verschwenden! Schaut man sich die Gründe
der sogenannten Steuersünder an, ihren Zaster ins Geld
rettende Ausland zu schaffen, so ist das alles gar nicht mal
so unverständlich. Wir wollen das nicht unbedingt apologieren.
Aber auch wir könnten uns durchaus vorstellen, mit größerem
Elan einen Staat zu unterstützen, mit dessen Seele und
Lebensart wir weitaus mehr verwoben sind. Sagen wir Island,
oder Dänemark.
Doch wir leben hier. Wir haben teil an dem immensen Reichtum
dieses Landes, satt zu essen, geheizte Wohnungen, ein immer
noch hervorragendes Gesundheitssystem, die Möglichkeiten
zur Bildung und und und… (Wir vergessen zu keiner Zeit,
auf wessen Rücken dieser Reichtum geschaffen wurde und
wer dafür zu Millionen Hungers verrecken mußte. Wir
taten der bettelarmen Neger schon weiter oben Erwähnung.)
Aber sei es drum, jetzt leben wir hier und wir haben das Unsrige
dazu beizutragen, daß diejenigen in unserem Staate, die
noch ärmer sind als wir und sich allein nicht behelfen
können, nicht vor die Hunde gehen. Wir sehen keine staatsbürgerliche
Pflicht darin, korrupten Managern und Staatsbediensteten teure
Nutten zu finanzieren oder sonstigen Luxus. Aber dem Bildungsnotstand
zu wehren, dafür zu sorgen, daß Oma Grete auch morgen
noch einen Kanten Brot mit einem passenden Zahnersatz beißen
kann und daß der Obdachlose wieder eine menschenwürdige
Bleibe findet – darin sehen wir sehr wohl eine patriotische,
eine staatsbürgerliche Pflicht. Und daß sich die
Strolche, welche diese Personen in ihr Elend erst brachten,
dann mit den ergaunerten Millionen aus dem Staube machen –
das möge man ihnen mit aller Härte des Gesetzes heimzahlen.
Ein paar Jahre Gefängnis reichen da nicht. Aberkennung
der Staatsbürgerschaft, dauerndes Einreise-Verbot, Beschlagnahme
des gesamten Vermögens – das wäre adäquat.
Aber nur – und das ist ganz, ganz wichtig – wenn
es sich dabei nicht lediglich um eine spontane Verzweiflungstat
handelte, sondern wenn diese Wucht der Vergeltung auf einer
über die Jahrzehnte gewachsenen Staatsräson fußte,
auf einem soliden, gesamtgesellschaftlich verbreiteten Denken.
Dazu aber ist eine fundamentale Änderung des Status Quo
nötig. Wir befürchten nur, im Gegensatz zu seiner
rot-weiß-blauen Nachbarin Marianne ist der Deutsche Michel
zu solch radikalen Revolutionen nicht fähig.
Vielleicht ist das der Grund, daß die Zwerge in Liechtenstein
so erfolgreich den Aufstand proben können. Welche Wehrmacht
sollte in ihre goldene kleine Kuhbläke einmarschieren,
welchen Ölhahn sollte ihn der Große Trottel zudrehen?
Also wird die deutsche Staatsanwaltschaft weiter mit großen
Plasteknüppeln auf deutsche Büsche klopfen und warten,
daß ein paar verschreckte Häschen herausgehoppelt
kommen, denen sie die Löffel gleich noch mal so lang ziehen
kann.
Aber wir wollen Sie nicht weiter behelligen. Ein Blick auf die
Schuldenuhr mahnt uns, daß es Zeit ist in’s Bette
zu gehen. Also: Zipfelmütze über den Kopf, Kerze aus,
lehnt die angerostete Hellebarde auch recht ordentlich an der
Wand? Ach, wie traulich die Glocken schlagen… Gute Nacht!
P.S. Ach ja, mit dem offiziellen
Beitritt der Eidgenossenschaft zum Schengen-Abkommen muß
natürlich auch das Fürstentum hinterherziehen, da
ja sonst die Grenze zur nährenden Mutter eine europäische
Außengrenze wäre, quasi eine Plexiglasscheibe vor
der laktierenden Mamma. Und ob die knapp 35.000 Hanseln sich
trotz allen dubios erworbenen Reichtums die effektive Sicherung
ihrer Außengrenze werden leisten können oder wollen,
darf bezweifelt werden. Nun stelle man sich die Situation ab
1. März 2008 vor: Während märkische Zollfahnder
die Bundesautobahnen 11, 12, 15 und 4 bis tief in den deutschen
Teil der Mark hinein nach verdächtig aussehenden Transportern
und LKWs mit polnischem Kennzeichen absuchen, um den slawischen
Contrebandiers unverzollte Zigaretten abzujagen, muß zum
gleichen Zeitpunkt dann der württembergische und bayerische
Zoll auf der BAB 7 die Augen nach verdächtig aussehenden
Luxuskarossen aufhalten, da ja die ersten Stimmen laut werden,
eine Quellensteuer oder Sondererhebungen auf Überweisungen
nach Liechtenstein zu installieren. Ist der Zoll denn dann verpflichtet,
Gaunern im feinen Zwirn auch in angemessenen Karossen hinterherjagen?
Immerhin scheinen die Leistungsträger der Gesellschaft
ein Anrecht darauf zu haben, nicht von profanen Zöllnerpfoten
begriffelt zu werden, oder gar in einem VW-Passat der neuen,
mit tropischen Edelhölzern vergitterten Heimat namens Gefängnis
zugeführt zu werden. Also lieber Zoll, wir befürchten,
da kommen immense Kosten auf dich zu, bis es in einer Schlagzeile
des Landboten heißen kann: BAB 7 in Richtung Bregenz:
blau-silberner Phaeton jagt schwarzen Bugatti!
Und wie die Regierung erst ins Schwitzen käme: Mühsam
unter dem Teppich vorgekratzte Steuerhinterziehungs-Millionen
der Reichen werden verwendet, um den Zoll seinem neunen Aufgabenbereich
entsprechend aufzurüsten... Liebe Karikaturisten, ihr seid
aufgerufen euch des Themas anzunehmen!