Der Tod der Kämpferin –
zum feigen Attentat auf Frau Benazir
Bhutto
Akinokawa Michi
san
Es ist eine der unruhigsten,
der explosivsten Regionen der Welt: Das bittere Erbe britisch
- imperialen Wahnsinns des Viktorianischen Zeitalters scheidet
das vorwiegend hinduistisch-buddhistische Indien, den gewaltigen
Subkontinent, vom bevölkerungsreichen, islamischen Pakistan.
Seit Mahatma Gandhis pazifistischer Befreiung der Völker
Indiens und der damit verbundenen Teilung in die beiden durch
aberwitzigen Haß gleichsam verbundenen wie getrennten
Staaten Pakistan und Indien liegt permanent eine Lunte an dieser
Grenze, die sehr wohl in der Lage ist, den Globus zu vernichten.
Zumal seit geraumer Zeit beide Staaten zum exklusiv-dämonischen
Klub der Atommächte zählen…
Der indische Ozean gehört seit dem letzten Jahrhundert
zu den besonderen Interessensphären Washingtons und Moskaus.
Der pakistanische General Pervez Musharraf ist nichts mehr als
eine willfährige Marionette der Vereinigten Staaten, gehaßt
von seinem fanatisierten und bettelarmen Volk.
Frau Bhutto war eine Ikone, wenn auch eine in Regierungsgeschäften
herzlich unfähige. Man nahm sie trotz der Korruptionsaffären,
über die sie schon einmal gestürzt wurde, dennoch
als einen Hoffnungsschimmer, als eine Alternative wahr. Ob sie
mehr Stabilität in die Region gebracht hätte, ist
mehr als fraglich. Dennoch – eine Frau an der Spitze eines
an der Basis fundamentalistisch-islamischen Staates –
das bedeutete viel.
Nun fiel sie einem feigen Selbstmordattentat zum Opfer und folgte
den tragischen Spuren ihrer großen Amtskollegin Indira
Gandhi im verfeindeten Bruderstaat.
Ihre Anhänger haben nichts Eiligeres zu tun, als sofort
das Märtyrertum der Frau Bhutto zu verkünden. Wie
armselig ist es um eine Idee bestellt, die das Andenken toter
Menschen ausbeuten muß, statt sich auf lebendige Veränderungen
berufen zu können! Wie gefährlich ist ein Gemeinwesen,
das mit dem Märtyrertum spielt. Märtyrer gebären
immer neue Märtyrer – auf beiden Seiten der Front.
Doch mögen diese philosophischen Überlegungen an dieser
Stelle nachrangig sein. Das schlimmste am Tod der Frau Bhutto,
abgesehen von ihrem persönlichen Schicksal, ist die deutliche
Sprache, die dieses Attentat spricht. Es ist der nicht ernst
genug zu nehmende Hinweis auf die mörderische Dynamik,
die in dieser brandgefährlichen Region unserer Erde herrscht.
Es ist das Menetekel für die westliche Welt, das ihr verheißt,
daß just in diesem schmuddligen Zweiten Hinterhof Europas
und Amerikas, ein Schwelbrand zündelt, der sich in Windeseile
in einen globalen Weltenbrand verwandeln kann.
In den nächsten Wochen und Monaten ist in dieser Region
seitens der politischen und Wirtschaftsmächte dieser Erde
sensibelstes Fingerspitzengefühl gefragt.
Wir glauben zu wissen, wo sich die Wiege der menschlichen Kultur
befand: Harappa und Mohenjo Daro – Viertausend Jahre alte
Städte im Industal, in Pakistan, nicht weit von Indien
entfernt.
Wenn wir Pech haben, dann wissen wir, wo möglicherweise
das Leichentuch der uns heute bekannten Zivilisationen gewebt
wird: in Islamabad am Oberlauf des Jhelum, eines Nebenflusses
des Indus, in Pakistan, nicht weit von Indien entfernt.