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-ein deutscher, konservativer Abgeordneter
des Deutschen Bundestages aus Fulda und sein Verhältnis zu den Juden
- eine Stellungnahme
B. St. Fjöllfross
Diesen Artikel widme ich
dem armen Handelsjuden
Scholcher Druckepennig,
der in der furchtbaren Zeit des Dreißigjährigen Krieges in
der ungeschützten Hühnervorstadt von Alsleben hausen und mit
seinem kümmerlichen Gewerbe seine Tochter Rachel und sich ernähren
mußte. Das Mädchen wurde brotlose Vollwaise, als ihr Vater
von marodierenden Horden um ein paar Pfennige willen erschlagen wurde.
Ich widme ihn den Juden des Warschauer Ghettos. Ich widme ihn Seiner Majestät
König Christian X. von Dänemark, einem Herrscher von Format
und Courage, einem Wikingerkönig.
Da kommen sie also wieder
aus ihren Löchern gekrochen. Der letzte Krieg ist erst seit etwas
mehr als einem halben Jahrhundert vorbei. Und schon meinen einige Personen
der Öffentlichkeit, sie hätten lange genug das Maul gehalten.
Es wäre jetzt an der Zeit, die Parolen des Stammtisches wieder einem
größeren Publikum zu offerieren, sie sozusagen dadurch salonfähig
zu machen, daß sie nun von „gewichtigeren“ Repräsentanten
des Volkes propagiert werden.
Daß der Jud ein Täter ist, mein Gott, Herr Hohmann, das sind
doch olle Kamellen! Hat er nicht auch Ihr Christkindlein ermordet, Herr
Hohmann? Hat er nicht die Hostien Ihrer Pfarreikirche geschändet
und den Brunnen Ihrer Heimatgemeinde vergiftet?
Haben sie Ihre Familie auch mit ihrem Wucher zugrunde gerichtet, daß
Sie sich nur mit knapper Not auf einen Abgeordnetensessel flüchten
konnten?
Natürlich sind sie Täter. Wir haben’s ihnen ja sogar theologisch
nachgewiesen. Und ihnen die Quittung ausgestellt. Für Jahrhunderte
jagte ein Pogrom das nächste, kein ordentliches Handwerk durften
sie lernen, die Bösewichter. Und selbst unser leutseliger Doktor
aus Wittenberg, der große Reformator der alleinseligmachenden Mutter
Kirche, haßte sie wie die Pest und anempfahl uns, ihre Synagogen
niederzureißen und die jungen, arbeitsfähigen Jüden um
ihr bißchen Leben schuften zu lassen.
Und was tat der tückische Täter? Er setzte seinem boshaften
Treiben die Krone auf und ließ sich zu Millionen von uns armen Deutschen
in die Vergasungslager und vor die Gewehrläufe der Vernichtungskommandos
treiben und umbringen, nur damit alle Völker der Welt mit dem Finger
auf uns zeigen und sich angewidert vom braven Deutschen abwenden.
Nein, Herr Hohmann, ich weiß. Ich drehe Ihnen hier ganz demagogisch
das Wort im Munde herum. Das alles haben Sie ja gar nicht gemeint!
Ihre Rede bezog sich auf die Verbrechen der Juden während der Russischen
Oktoberrevolution. Warum der Juden, Herr Hohmann? Warum nicht einfach
die Verbrechen des Menschen X,Y?
Ich sag’s Ihnen; Herr Hohmann! Weil der böse Jud wieder dabei
ist, sich die Weltherrschaft unter den Nagel zu reißen! Weil er
mit dem Gesichte Friedmanns finster und arrogant dazu lächelt, wie
wir schabbigen Gojim ihm auf den perfiden Leim gehen. Weil er diesmal
seine 6 Millionen Toten vor sich herschiebt und auf der Mitleids- und
Unantastbarkeitswelle zum Ziel zu reiten gedenkt. Aber das treiben wir
ihm aus, was, Herr Hohmann! Wenn hier einer die Macht in den Händen
behält, dann doch wohl wir. Und wenn es nur die Macht eines Abgeordneten
des deutschen Bundestages ist.
Die CDU will Sie nicht mehr in der Fraktion haben? Na so was! Die gehorchen
doch dem Druck des internationalen jüdischen Kapitals, welches sich
durch Ihre Rede angepißt fühlte. Wenn es ihn noch gäbe,
Herr Hohmann, so müßten wir das gleich an Julius Streichers
"Stürmer" berichten. Der würde dem Artikel auch gleich
noch die passende Karikatur hinzufügen.
Also die CDU schaßt
Sie! Das nenne ich wahren Machiavellismus!
Mir kommen die Tränen! Aber ich sag’ Ihnen ’was: Tucholsky,
Jacobson, Heine, Einstein, Mendelssohn – alles deutsche Juden-Täter.
Und ehe ich mich von einem Abgeordneten der CDU wie Ihnen vertreten lasse,
wähle ich doch lieber diese Leute zu Repräsentanten meiner Person.
Daß sie nebenher Juden waren, spielte für mich bislang keine
Rolle. Dank, Herr Hohmann, daß sie mich auf diesen Umstand aufmerksam
gemacht haben. Ich werde ihn zu würdigen wissen.
Nachsatz
Ich würde
nicht so unbarmherzig auf die Barrikade gehen, wenn wir einen König
und ein Volk gehabt hätten, wie das tapfere Volk der Dänen.
Der Monarch ritt nämlich mit einem Davidstern auf der Brust durch
die Straßen Kopenhagens, als die Gestapo von den Dänen verlangte,
die dänischen Juden auszuliefern. Und die Dänen klatschten ihrem
Monarchen Beifall. Und drehten den Rassenwahnsinnigen eine Nase! Wer sich
so verhält, der soll auch mit den Juden rechten dürfen. Amen
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