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Das Dschungellager der
„Prominenten“
B. St. Fjøllfross
Im Januar des Jahres 2004 lief im
RTL-Fernsehen wieder ein neuer Dauerappell an die Töchter und Söhne
des Schwachsinns und allen anderen Freunden der geistlosen Unterhaltung:
Das „Dschungelcamp“ lockte wieder Millionen vor die Mattscheibe.
Pflichtgemäß berichtete unser Erzfeind „Bild“ Tags
darauf über die neuerlichen Eskapaden der Protagonisten. Und wir?
Wir beteten. Wir flehten zu dem Gotte Abrahams, Isaaks und Jakobs, er
möge seine urwaldbewohnenden Kreaturen mobilisieren. Boas, Anakondas,
Pfeilgiftfrösche und Piranhas, Vogelspinnen, Riesenameisen und Moskitos,
Moskitos, Moskitos. Und er möge diese Heerscharen des Zornes wider
jene senden, die seines Namens höhnen und ein Spott sind auf die
Krone der Schöpfung!
Ob wir vom „Landboten“ jetzt unter die alttestamentarischen
Propheten und Eiferer gegangen sind, höre ich Sie fragen. Nein, sind
wir nicht. Aber was zuviel ist, ist zuviel!
Da wagen es die Schmierfinken vom Schundblatt, auf die unsagbaren Strapazen
der Gaukler hinzuweisen, die diese zum hochbezahlten Gaudi ihrer grenzdebilen
Verehrer auf sich nehmen. Der Teufel soll sie holen! Äh, nee, doch
lieber nicht! Das nehmen wir mit Rücksicht auf den von uns sehr geschätzten
Herren der Unterwelt zurück. So sehr kann der sich gar nicht gegen
den allmächtigen Vater Israels vergangen haben, daß er die
Pein verdient hätte, diese Gestörten für den Rest der Ewigkeit
zu beherbergen.
Indios leben seit Jahrzehntausenden in diesem Regenwald. Sie ertragen
die „Grüne Hölle“, die ihre Heimat ist, ohne viel
Jammern und Klagen. Sie leben in ihr und sie leben mit ihr.
Nur daß sie ihnen genommen wird – Tag für Tag –
und jeden Tag ein bißchen mehr. Eine Fläche von über dreihundert
Fußballfeldern muß in jedem Jahr dafür herhalten, daß
besonders protzsüchtige Prolls aus unverdient reichen Ländern
der Welt in Wohnungen und Automobilen voller Edelholz sitzen und via Television
dem idiotischen Treiben ihrer perversen Lieblinge zuschauen. Sich an deren
scheinbaren Qualen weiden, sich an deren giftigen Bemerkungen übereinander
delektieren, Wortwechseln, die noch weitaus toxischer sind als das Curare
des Pfeilfrosches oder das Gift der Vogelspinne.
Ein bißchen vorgespieltes Abenteuer für den sensationslüsternen
Abschaum, dem die Mantel – und Degenfilme, Tatorte und Katastrophenberichterstattungen
schon lange nichts mehr geben. Der sich an den öden – drögen
„Big Brother“ – Shows schon übersättigt hat
und den die ewig gähnend langweiligen Soaps und gespielten Gerichtsszenen
auch nicht mehr bewegen, die Werbepausen aufmerksam zu überdauern.
Für den Zaster lassen sie alle die Hosen runter und widern uns an
mit ihrem erbärmlichen Seelen – Gemächt. Alles was räudig
und des Versteckens wert ist am Verhalten des Nackten Affen, aber auch
wirklich alles, was Goethes Postulat „Edel sei der Mensch, hilfreich
und gut!“ entgegensteht, alles was den zehn Geboten, der Bergpredigt
oder dem Kantschen Imperativ höhnt – hier wird es uns aufgedrängelt.
Ja, hat denn Gottes Ebenbild wirklich und wahrhaftig einen unbezähmbaren
Drang, sich in Kot und Unrat zu wälzen oder zumindest anderen dabei
zuzuschauen?
Oder gibt es immer noch zwei Gattungen „Mensch“, die sich
weitaus stärker voneinander unterscheiden, als es der Neandertaler
und der homo sapiens je taten, obgleich sie rein biologisch nicht zu trennen
sind? Die einen, die diesen Dreck süchtig konsumieren und die anderen,
die angesichts dieses Grauens gar nicht so viel fressen können, wie
sie kotzen möchten.
Halt! Sie fragen, ob hier ein Spießer die Feder führt? Ein
erzkatholischer Mucker, ein muselmanischer Eiferer, ein verknöcherter,
zur Liebe nicht mehr fähiger Neidhammel?
Nee, mein Lieber! Wir Kämpen vom „Landboten“ sind durch
die Bank Faune, Söhne Pans und Epikurs. Casanova, Plautus und Juvenal,
Bocacchio und Tucholsky sind die leuchtenden Sterne an unserem Himmel
und wenn wir so recht besoffen sind, dann…, na dann lachen wir eben
auch mal über Charles Bukowsky. Aber selbst der verkörperte
noch einen gewissen Standard, den die durchgestylten Schwachköpfe
auf der Gehaltsliste von RTL nun völlig entbehren. Außer ihren
Silikontitten, der Jauche in ihren Schädeln und ihrem dämlichen
Gesülze haben diese Canaillen nichts vorzuweisen.
Die lebendige Kreatur mit Ausnahme des Nackten Affen erfüllt ohne
Murren den Willen ihres Schöpfers. Sollte ER sie angewiesen haben,
sich diese Biomasse einzuverleiben oder sie zumindest unschädlich
zu machen, worauf das Getier daraufhin verständlicherweise panisch
die Flucht ergriff, so können wir es weder dem Einen noch den anderen
verübeln. Hier ist Rebellion auch gegen das Gebot Gottes angezeigt,
auch wenn das bedeutet, daß wir das quäkende, geifernde und
blödelnde Volk der Dschungel-„Promis“ weiterhin ertragen
müssen.
Und so kehren wir schmerzverzerrt das Antlitz zu dem, der über den
Wolken thront und beten mit dessen Sohn: “...und erlöse uns
von dem Übel!“ Amen
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