Die Assassinen von Madrid
S.
M. Druckepennig
Als am 11. März 2004 die spanische Hauptstadt Madrid von schweren
Attentaten heimgesucht wurde, die die völlig unvorbereitete Bevölkerung
zum Ziel hatten, da gingen die Menschen auf die Straßen und klagten
die feigen Mörder an, „Assassini“ zu sein. Obwohl in
den Ländern mit romanisch dominierten Sprachen dieses Schimpfwort
unterschiedslos alle feigen und hinterhältigen Killer charakterisiert,
bekommt es in diesem Falle einen besonderen Beigeschmack. Behauptete
nämlich die spanische Regierung aus politischen Erwägungen,
die mit der Politik dem Baskenland gegenüber zusammenhängen,
vom ersten Augenblick an steif und fest, diese Anschläge gingen
eindeutig auf das Konto der ETA, so scheint sich jetzt peu a peu herauszustellen,
daß die Al Quaida des Osama bin Laden hinter diesem Verbrechen
steckt.
Als Rache, wie sie sich in Bekennerschreiben ausdrückt, für
die spanische Beteiligung am Irak-Krieg der Amerikaner.
Unser Erzfeind auf dem Zeitungsmarkt erging sich in seinen Aufmachern
wieder einmal in kabbalistischen Zahlenspielereien. Am 11. 9. wären
die beiden Türme von New York zerstört worden – 911
Tage später hätte es im Madrider Berufsverkehr gekracht. Die
Leute von „Bild“ beweisen einmal mehr, welche Klientel sie
anzusprechen suchen. Dieser hirnschellige Firlefanz soll uns an dieser
Stelle nicht weiter interessieren.
Was uns jedoch sehr interessiert, ist, was in den Köpfen dieser
Menschen vorgeht, die in ihren Bekennerschreiben erklären: „Ihr
liebt das Leben, wir lieben den Tod!“ (Nebenbei, wenn sie das
wirklich tun, ja warum töten sie sich dann nicht samt und sonders
selbst? Wäre das Pack ehrlich, dann würde es nämlich
sagen: Wir lieben unser Leben und euren Tod!“ Dann wüßte
jeder gleich, worum es hier eigentlich geht und würde nicht noch
nach möglichen Gründen dafür suchen, warum menschliche
Wesen so handeln.)
Das Perverse ist, daß die spanische Bevölkerungsmehrheit
gegen eine Beteiligung am mesopotamischen Abenteuer eingestellt war
und bei den jetzigen Wahlen die Regierung des Ministerpräsidenten
Herrn Aznar entsprechend abwatschte. Hätten die Bombenleger nur
einen Funken Verstand in ihren Hohlköpfen, hätten sie diesen
Umstand ins Kalkül gezogen. Aber darum ging es ihnen nicht. Das
einzige, was diese feigen Schwachköpfe seit ewigen Zeiten können,
ist Mord und Totschlag, Angst und Schrecken verbreiten. Sie sind geistesgestört,
irre, unheilbar krank in ihrer pathologischen Vorstellungswelt.
An diesem Punkte jedoch zeigt sich wieder einmal die Ambivalenz des
Abendlandes. Würden einheimische Gruppierungen ähnlichen Charakters
auf diese Art und Weise in Erscheinung treten, so wäre man ruckzuck
mit einer solchen Klassifizierung bei der Hand. Stammen die Täter
aus Arabien, so verstummen diejenigen nicht, die immer wieder und immer
wieder den Finger auf den Punkt legen, daß der Westen den armen
Arabern ja über Jahrhunderte so übel mitgespielt hatte in
seinen kolonialen Bestrebungen. Während doch der militante Islam
mit seiner offenen und toleranten Hochkultur nichts anderes im Sinne
hatte, als den Rest der Welt mit Feuer und Schwert zu erobern, damit
alle Menschen sich unter den Diktus Allahs beugen, wie ihn die islamischen
Kalifen und Potentaten zu interpretieren geruhen. Mein Gott, der Westen
war halt nur etwas schneller und effizienter. Hier gibt es kein Gut
und kein Böse!
Doch selbst diejenigen, die sich nicht damit aufhalten, in weinerlichem
Tone zu quengeln, was denn einem Menschen angetan werden müsse,
bis er derart austickt, finden zu keiner adäquaten Reaktion.
Es kommt einem global gesehen so vor, als spielten diese Mörder
die Rolle der rotzfrechen und aggressiven Göre, die es nicht lassen
kann, die Erwachsenen gegen das Schienbein zu treten und noch anzuspucken,
während diese sich darauf beschränken, zu sagen: „Du,
du! Das gehört sich aber nicht. Das ist ganz ungezogen von dir.
Wenn du das noch ein paarmal machst, gibt es heute abend keinen Pudding!“
Großartig, liebe Freunde der antiautoritären Erziehung! So
bekommt man diese Schädlinge endlich in den Griff! Ich sehe schon,
wie sie weinend in sich zusammenbrechen und schnoddernd schluchzen:
„Ich tu es auch bestimmt nicht wieder!“
Insofern fragen wir uns, was den ansonsten von uns so geschätzten
Herrn Grass geritten haben mag, als er den Vorschlag machte, eine ausgediente
Kirche seiner Heimatstadt Lübeck zum Zwecke der interkulturellen
Verständigung in eine Moschee zu verwandeln. Als ob wir am Verlust
der Hagia Sophia nicht jetzt noch zu knabbern hätten… Na
gut, Schwamm drüber!
Nichts gegen religiöse Toleranz! Fatal ist nur, daß sich
in der Nähe einer neuen Moschee alsbald solche Gestalten tummeln,
wie sie der „Kalif von Köln“ gern um sich scharte.
Nun ja, Herr Innenminister Schily reagierte schnell, hart und entschlossen:
Er verbot den Klub! Das wird die militanten Muselmänner bis ins
Mark getroffen haben! Davon erholen sie sich nicht mehr – Herrn
Schilys Wort drauf!
Was will der Westen? Den Terror auf Kosten seiner Bevölkerung aussitzen?
Warten, bis die bösen Buben unter dem Turban des mörderischen
Spieles überdrüssig geworden sind und sich doch lieber wieder
Kamelwettrennen zuwenden? Wie blauäugig muß man eigentlich
sein, um sich solchen irrealen Hoffnungen hinzugeben?
Die Bombenleger testen! Sie erkunden, wieweit sie gehen können,
ohne daß ihnen eine entsprechende Antwort zuteil wird. So, wie
das Kinder bis zum Abschluß der Pubertät im Allgemeinen zu
tun pflegen.
Leider können wir nicht behaupten, daß die Reaktionen Israels
bisher von überragendem Erfolg gekrönt wären. Aber wir
sind überzeugt, das ganze bewegt sich in die richtige Richtung.
Natürlich schafft man mit der gezielten Liquidierung der Assassinen
und ihrer Führer Märtyrer. Selbst bei den Arabern, die den
mordenden Landsleuten bislang kritisch gegenüberstanden. Natürlich
ist es moralisch nicht zu rechtfertigen, daß man sich an kompletten
Sippen von Selbstmordattentätern schadlos hält, nur um potentiellen
Nachahmern zu zeigen, daß sie ihre Lieben geschlossen mit ins
Unglück stürzen. Aber was um Himmels Willen will man, kann
man tun? Den Arabern Valium, Haloperidol oder Prozac in den Tee schütten?
Um sie ruhigzustellen? Oder vielleicht einem jeden Araber die Segnungen
der westlichen Welt in dem Maße zukommen lassen, wie sie die Sultane
der ölfördernden Emirate genießen? Das hilft auch nichts.
Oder hätte Saudiarabien sich je von seinem märchenhaften Reichtum
abhalten lassen, die Al Quaida heimlich zu unterstützen?
Vielleicht sollten wir wirklich den Grass’schen Vorschlag aufnehmen,
und den Muselmännern eine Moschee nach der anderen auf die grüne
Wiese setzen unter der Bedingung, daß sie sich vor Betreten derselben
erst einmal eine Stunde von einem Vertreter der deutschen Hochpsychologie
beseiern und belabern lassen. Wir wissen es auch nicht. Das einzige,
was sich aus dieser ganzen Tragödie herauskristallisiert, ist,
daß die okzidentale Kultur am Ende ihres Lateins ist, daß
Rom ein zweites Mal aus den Fugen gerät und dröhnend in sich
zusammenbricht. Der Ansturm der Barbaren hat begonnen. Und die gemästete
Dekadenz der westlichen Hemisphäre hat dem nichts wirkungsvolles
mehr entgegenzusetzen.
Vielleicht bleibt nur der resignierende Schluß, daß das
nun mal der Lauf der Dinge ist und auch die Assassinen irgendwann einmal
das gleiche Schicksal erreicht. Selbst deren Urvater Hussein ibn Sabah
und den syrischen Alten vom Berge hat es irgendwann einmal erwischt.
Aber was haben wir davon? Wo ist der Trost für die Hinterbliebenen
von New York und Madrid? Wo die Hoffnung für die, die als nächstes
auf dem Programm der hirnlosen Bombenleger stehen.
Von daher nehmen wir die ungeliebten Amerikaner in Schutz, was ihre
Art und Weise der Behandlung der Al Quaida Leute auf Guantanamo betrifft.
Diese Menschen haben die Prinzipien der Menschlichkeit verworfen und
haben demzufolge auch jeden Anspruch auf menschliche Umgangsformen verwirkt
und verloren. Und siehe, wenn man diese feigen Kujone am Hals packt,
zeigen sie ganz fix ihr wahres, jämmerliches Gesicht: winselnde
und greinende Kreaturen, die mit ihrem Gequengel selbst noch bei denen
Mitleid zu erregen versuchen, denen sie vorher alles nahmen. Und sie
finden Gehör! Das ist die eigentliche Bedrohung für das Abendland!
Und die kommt aus den Reihen der Bedrohten selbst! Die Mörder finden
Gehör unter den Nationen der Opfer! Das ist der Gipfel der Dekadenz,
die zum unweigerlichen Zusammenbruch der westlichen Gesellschaft führen
muß.
Man möge im Westen endlich aus dem Schlaf der Unvernunft erwachen
und begreifen, daß man Leuten nicht im Rahmen eines Wertesystems
begegnen darf, die genau dieses System ablehnen und von Grund auf verwerfen.
Wenn es beispielsweise einer imaginären friedlichen Nation einfallen
sollte, sich bei Unmutsäußerungen darauf zu beschränken,
den Störenfried wegzupusten, und sich dieser entsprechend den Konventionen,
die diese Gesellschaft getroffen hat, auch daran hält und den Rückzug
antritt, dann versagt diese lobenswerte, weil niemandem wehtuende Methode
spätestens in dem Augenblick, in dem ein Panzerfahrer sagt: „Ich
scheiße auf eure Absprachen!“, eine Granate ins Rohr legt
und abfeuert. Da können dann alle pusten, soviel sie wollen, spätestens
wenn die Granate explodiert, hat sich’s ausgepustet. Da heißt
es dann, Panzerbrechende Waffen zu entwickeln, will man überleben
und den Aggressor stoppen. Endloses Gepuste, Kerzengeschwenke, Schweigeminuten
und sozialpsychologische Analysen sind da völlig deplaziert. Der
Feind hat ernst gemacht, jetzt muß gehandelt werden, oder alles
ist verloren.
Es wäre diesbezüglich besser, man lernte in Punkto Terrorismusbekämpfung
von den Russen. Als dort zu Sowjetzeiten mal ein Flugzeug des Inlandverkehrs
von ausreisewilligen Bürgern nach Teheran umgelenkt werden sollte,
wurde die Maschine zum „Zwischentanken“ gelandet, von einer
russischen Spezialeinheit nach dem Motto des heiligen Dominikus gestürmt:
„Tötet sie alle, Gott wir die seinen schon erkennen!“,
dann wurde selektiert, und die Unschuldigen bekamen posthum einen Orden
an die Brust geheftet. Fortan wußte ein Jeder, es hat keinen Sinn!
Selbst die makabre Theatervorstellung einiger tschetschenischer Terroristen
und Terroristinnen in einer Moskauer Bühne in tiefsten „demokratischen“
Friedenszeiten wurde im Prinzip so und nicht anders gelöst. Die
Rechnung der Banditen, der Kreml ließe sich von der Meinung der
„Weltöffentlichkeit“ beeindrucken, löste sich
in Luft auf. Wir klatschen Applaus! Denn das ist die Sprache, die die
Halunken verstehen. Wer das Schwert zieht, soll durch das Schwert umkommen,
sagte der Rabbi Joshua einst warnend zu seinem Gefolgsmann Simon Petrus.
Ja, so soll es sein. Da sagen wir: Amen!