Plauer
Porzellan
eine Ausstellung des Stadtmuseums im Frey-Haus
zu
Brandenburg an der Havel
K. K. Bajun
Dieses Haus ist schon etwas Besonderes. Nicht nur, daß es –
wie der Name schon andeutet – zu Zeiten seiner Errichtung von allen
Steuern und Lasten befreit wurde, nicht nur, daß es unbestätigten
Gerüchten nach mit den Steinen der wohl einst schönsten
Wallfahrtskirche Norddeutschlands aufgeführt wurde – dieses
Haus, das Domizil des Obersten von Massow, beherbergt das Brandenburger
Stadtmuseum.
Obgleich die alte Chur- und Hauptstadt zweifelsohne die historisch interessanteste
Ansiedlung Ostelbiens ist, steht den Museumsleuten auf Grund der desolaten
Finanzlage ihrer Heimatstadt nur wenig Raum und noch weniger finanzielle
Mittel zur Verfügung, um dem Besucher alles zu bieten, was der geschichtsträchtige
Boden hergibt.
Dennoch, was die Mannschaft um den Herrn Direktor Dr. Kohnke aus ihrem
engen Verfügungsrahmen hervorzaubert, verdient Hochachtung. Die Dauerausstellungen
zur Heimatgeschichte sind umfassend und informativ in dem bestechend schönen
Bau des Spätbarock und seinen Nebengebäuden untergebracht. Sogar
eine kleine heimatkundliche Abteilung bereichert die Exploration, ergänzt
von einem glitzernden Lapidarium.
Ein Zimmer des Zweiten Stockwerkes wurde nun einer Sonderausstellung gewidmet,
deren Exponate aus einem beinahe mythischen Material sind: Plauer Porcellan.
Kenner werden jetzt mit der Zunge schnalzen. Mur wenige Jahre währte
die Ära der Plauer Manufaktur unter dem preußischen Minister
Görne. Nie kam man dem Geheimnis des Weißen Goldes auf die
Spur, wie es von Böttger für den Dresdner Hof angefertigt wurde.
An dieser „Erfolglosigkeit“ scheiterte das Plauer Experiment,
nachdem es 1713 so hoffnungsvoll an den Ufern der Havel begonnen hatte.
Der Ton war rot und gut, die Meister behende, und pfiffig. Unter ihren
geschickten Händen entstanden die berühmten rotbraunen bis schwarzen
Scherben, deren letztere schon an die feinen Lackarbeiten der Chinesen
erinnerten und sich daher im Rokoko unter dem Eindruck der aufgekommenen
Fernost-Begeisterung größter Beliebtheit erfreuten.
Aber – Mode ist ein schnellebiges Weibsbild. Untreu und wechselhaft
vergönnt sie selten sich oder anderen ein Verweilen. Das weiße
Porzellan mußte es sein – am Besten das Meißner, wenn
man schon für die teuren China-Importe zu klamm war. Der Absatz des
Plauer Steinzeugs wurde rückläufig, stagnierte, brach zusammen.
Um 1726 war der Ofen sprichwörtlich aus. Sechsundvierzig Jahre später
übernahm ein verrückter Herr von Anhalt das Regiment auf Schloß
Plaue, der seinem Vorgänger Görne mit großer Antipathie
begegnete. Und jetzt geschah etwas, was den oben erwähnten mythischen
Charakter des Plauer Steinzeugs begründen sollte: In wahnhafter Dummheit
– die Zeit und die Landschaft schienen solche Naturen begünstigt
zu haben, wie man an dem Offizier Pini sieht, der dem Soldatenkönig
zum Abriß der oben bereits erwähnten Wallfahrtskirche
auf dem Marienberge riet – versenkt unser von Anhalt den Plauer
Schatz in der Havel wie weiland Hagen von Tronje die Klunkern der Nibelungen
im Rhein.
Nein, hier ging es nicht um die Ausschaltung eines gefährlichen Machtfaktors.
Hier war nur die blanke Dummheit am Werk. Haß, Blindheit, Kulturbanausentum.
Aber jede Medaille hat ihre zwei Seiten. Anhalts Irrsinn verhalf dem Plauer
Scherben zu einer sich wieder vermehrenden Aufmerksamkeit, zu einer Legende
und ließ die Kunstkenner am Ende die Erlesenheit und Rarität
des schönen Steinzeugs begreifen. Mittlerweile dürfte das Auftauchen
eines unzweifelhaften Plauer Stückes auf dem Kunstmarkt ein kleines
Erdbeben auslösen.
Um so erstaunlicher ist es, wie dem Geschick der Brandenburger Museologen
eine solche kleine aber feine Ausstellung gelungen ist. Leihgeber aus
ganz Deutschland ließen sich herbei, um das Projekt mit ihren Stücken
zu unterstützen.
Ein Zimmer nur, vier, fünf dreibödige Vitrinen – angefüllt
mit etwa zwei Dutzend Exponaten, nicht alle gesicherter Herkunft –
aber durchweg von augenbetörender Schönheit.
Das „Plauer“ ist nicht wiederauferstanden – wohl aber
sein Ruf und seine Wertschätzung.
Bevor man den Ausstellungsraum betritt, kommt man an dem Modell der Marienkirche
vorbei, die wir bereits zweimal erwähnten, und die ebenfalls ein
Opfer von hirnloser Gier und Dummheit wurde. Unersetzbar verloren, weil
ihr wahrer Wert von den Entscheidungsträgern der damaligen Epoche
sträflich verkannt wurde, kündet das Holzmodell traurig von
dem unschätzbaren Verlust für die Stadt, ihre Bewohner und die
gesamte Kulturlandschaft. Der Landbote berichtet ausführlich davon
in seiner Artikelsammlung „Verlorene Schätze der Stadt Brandenburg“.
Einen Schritt weiter findet sich dann der Besucher inmitten der wenigen
Artefakte einer ebenfalls großartigen Kulturleistung der einheimischen
Bevölkerung: des Plauer Porzellans.
Davon inspiriert sollte sich das Bewußtsein für die noch vorhandenen
Schätze in einem jeden von uns etablieren. Bewahren, erhalten, der
tumben Vernichtung wehren – das ist die Forderung, die sich aus
der Ausstellung ergibt.
Der Preußische Landbote beglückwünscht die Damen und Herrn
vom Stadtmuseum Brandenburg zu ihrer Initiative und wünscht der Exhibition
möglichst viele Besucher, die unsere Begeisterung für das Gezeigte
teilen.
Die Ausstellung ist bis zum 25.September
2005 geöffnet.
Adresse des Stadtmuseums Brandenburg
an der Havel:
Stadtmuseum im Frey-Haus
Ritterstraße 96
D-14770 Brandenburg an der Havel
Tel. (03381) 522048
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag - 09 bis 17 Uhr
Samstag und Sonntag - 10 bis 17 Uhr
Entree:
€ 3,-
ermäßigt € 1,-
Beide Billets berechtigen zur Besichtigung des ganzes Hauses.
Photoerlaubnis € 1,-
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