Baaks

zurück zum Landboten

 

zurück zur Stammseite "BÜCHER"

 

Rowan Atkinson CBE


Eine Hommage


Jules-Francois S. Lemarcou. Rathenow. In nahezu jeder Redaktion gibt es heutzutage wohl einen Fernseher. Der läuft so nebenher – früher meist CNN oder BBC, Deutsche Welle oder n-tv … Wirtschafts- und aktuelle Nachrichten tickern durch das Laufband am unteren Bildrand und mitunter auch Schweinchen Dick, Tom und Jerry, Grizzly und die Lemminge, Scooby Doo und was derlei Unfug mehr ist.

Wir wissen dann, dass der Ladenschwengel, dieser Lümmel wieder seine Pfoten an der Glotze hatte. Während Herr Bajun flucht wie ein Kesselflicker und schwört, dem Lorbass eins über die Pfoten zu geben, Signore Barbagrigia den Kopf schüttelt über den ewig selben und drögen Schwachsinn in der Flimmerkiste und dessen Entsprechung im Kopfe des fetten, faulen, Unfug konsumierenden Lehrlings, erträgt der Alte die Blasphemie meistens mit der stoischen Miene G. J. Cäsars, als die Meuchler nahten ihn zu erdolchen. „Lasst mal, der wird schon noch …“ lauten dann meist die Worte, welche sich durch den Nebel seiner Pfeifenschwaden vernehmen lassen.

Mit just dieser Ruhe aber ist es schlagartig vorbei, sobald die Karikatur von „Mr. Bean“ auf der Mattscheibe erscheint, die sich mit ihrem Teddy im Arm durchs Bild klamaukt. Dann explodiert die Lautstärke und das Gebrüll könnte in etwa bedeuten: „Wo is de lütte Düvelsbraden! Ick peddet Aas in sin Mors, dat er tau’n Finster ruut flegt, Himmelhund der jottverdammichte!“

Und dann an meine Adresse: „Monsieur, schrieven Se watt över den Rowan ATKINSON, den Schauspeler ut Ingland! Avvers wat klauket, wat em gerecht ward!“

Also, etwas, was ihm gerecht wird …

Na, dann wollen wir mal …

Es ist schwer, gegen ein Bild anzukommen, was in der breiten Masse der Bevölkerung einzementiert zu sein scheint. Das Volk liebt nun einmal den schalen, geistlosen Unfug, den Dollbrägen, den dummen August, den bräsigen und banalen Humor von Ohnsorg, Komödienstadl und Millowitsch, den Dottore und Pulcinella, Harlekin und Pantalone – Torte ins Gesicht und mit dem Knüppel noch eins hinterher. Als Zuckerguss noch eine deftige Zote obendrauf – dann strahlt die Dummheit pausbäckig und von ganzem, einfältigen Herzen!

Mr. Bean – tapsig, linkisch, grimassierend, tollpatschig, verschroben, vom Pech verfolgt … ja, das trifft des Volkes humorigen Nerv: So isser, der Nachbar. Ich natürlich nicht! Ich bin ja in der Lage die Komik der Situation zu erkennen, was mich schon zu einem weisen Menschen macht …

Mit solchem clownesken Gehampel und Gegrunze kann man seit Urzeiten Geld machen – aber ist das Rowan Atkinson?

Ich sage Ihnen, wer Rowan Atkinson ist! Black Adder ist er. Und wer Black Adder kannte, der wusste haargenau, was wirklich in diesem Rowan Atkinson steckt. Der kann mehr als sich wie Herr Waalkes – der im Übrigen auch nicht ohne ist – durch die Gegend kaspern.

Atkinson ist ein Schauspieler von Weltklasseformat, globale Oberliga. Ganz großes Kino. Zeigen Sie mir einen, der mit unglaublicher Leichtigkeit aus dem komischen ins seriöse Fach wechseln kann und dabei bei sich selbst bleibt! Fällt Ihnen keiner ein? Gut! Ich zeigen Ihnen jemanden: Rowan Atkinson. Schauen Sie sich seinen Maigret an! Da ist er, der Rowan Atkinson – und niemand denkt bei diesem genial, ernsthaft und bis in die Knochen seriös mimenden Charakterdarsteller auch nur eine Sekunde daran, dass das derselbe Mann ist, dem in den Mr. Bean-Serien ein Hammer nach dem anderen auf die Füße fällt. Hier erleben wir seelischen Tiefgang, Nachdenklichkeit, Betroffenheit und das kommt eins zu eins rüber. Das kommt an. Das ist echt!

Atkinson zählt zu den Achttausendern seiner Branche – ohne jeden Zweifel. Wäre das einem Pierre Richard – großartiger Mann übrigens – auch gelungen? Einem Charlie Chaplin? Stan Laurel und Oliver Hardy, Buster Keaton?

Gerard Depardieu – Le Grand Seigneur – der …, jaaaa, doch … Ernsthaft, halbkomisch (mit Pierre Richard), saukomisch als Obelix – doch, der hat auch diese Kompetenz, durchaus.

Der Meister aber heißt Rowan Atkinson.

Ja, auch in Black Adder war er der ewig Scheiternde, der verbissen an seinen Plänen festhielt, akkompagniert von einem ebenso genialen Baldrick (Tony Robinson). Der Bursche hatte aber auch weitere Teufelsweiber und -kerle an seiner Seite: Tim McInnerny, Stephen Fry, Brian Blessed, Miriam Margolyes, Geoffrey Palmer … Was für Giganten jeder für sich! Was für ein göttliches Ensemble! Wären da nicht die Jungs von Monty Python, so hätte man sagen wollen: Unerreicht, konkurrenzlos, bravo, bravissimo! Soviel Witz, soviel intelligenter Humor, soviel Grips, soviel schauspielerischer Superlativ. Britannien kann keine üble Nation sein, wenn sie in der Lage ist, solche Töchter und Söhne zu gebären.

Die entscheidende Szene aber ist die letzte der Black-Adder-Folgen, die, in welcher Captain Black Adder mit seinen Kameraden aus dem Graben in das Stahlgewitter des Niemandslands hinausklettert. Schauen Sie sich diese Szene an! Und wenn Ihnen eben noch die Tränen vor Lachen hinunterkullerten – greifen Sie nach dem Taschentuch – sie brauchen es! Denn jetzt heulen sie richtig! Jetzt heulen Sie, weil es weh tut, weil sie wissen, dass all diese Jungs in wenigen Sekunden zersiebt sind von feindlichen Maschinengewehren, zerrissen von Granaten und Schrapnellen, zerfetzt von Kanonen und Bomben … auf den Feldern von Flandern, für ein sinnloses Gemetzel inmitten des großen Weltenbrandes.

Überall sonst kann man sich trösten: Es ist ein Film! Es ist nur ein Film. Es mag ja so gewesen sein. Vielleicht schlimmer noch. Aber es ist nur ein Film. Man weiß, da ist der Kameramann, der Regisseur, der Junge, der die Angel mit dem Mikrofon hält … Die gehen nach der Klappe in die Garderobe, ins Teezelt, weiß der Teufel wohin. Die sind nicht tot.

In dieser Szene aber vergisst man das alles. Das ist einem einzigen Manne geschuldet: Rowan Atkinson. Einem der großartigsten Charakterdarsteller des Planeten.

Und weil das so ist, und weil dieser Mann sakrosankt ist und zu schade für hirnlosen, infantilen und kindischen Klamauk, er lasse die Kassen klingeln, wie er will – deshalb lebt der Lehrjunge des Preußischen Landboten sehr gefährlich, wenn er mit seinen Griffeln das Gerät veranlasst, den Zeichentrick-Mr. Bean abzustrahlen. Nein, das wollen wir nicht. Denn diese banale und vulgäre Witzfigur hat nur einen Existenzzweck: Sie schärft wie nichts sonst den enormen Kontrast zwischen sich und einem der brillantesten Schauspieler des Empires, Europas und der ganzen Welt: des Kommandeurs des Most Excellent Order of the British Empire und hoffentlich bald geadelten Sir Rowan ATKINSON. Für einen großen Mimen:

Ein dreifaches Hurra, Hurra, Hurra!

 
B
13. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

21.09.2022