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Die hellen und die blassen Sterne
eine kurze Impression aus der Archäologie im Osten Deutschlands

Kotofeij K. Bajun
Der Dezernatsleiter für das Archäologische Landesmuseum Brandenburg, Dr. Rainer Kossian, sagte einst ob der mauen Besucherzahlen seines Hauses resigniert: Gib mir eine Himmelsscheibe von Nebra und ich gebe dir ein volles Haus, Blödsinn, sagen wir! Es muss heißen: Gib mir eine Personalie wie den anhaltinischen Landesarchäologen Harald Meller und Gott schenkt dir eine Himmelsscheibe als Draufgabe. Und dem André Spatzier noch ein deutsches Stonehenge – und der Redakteur dieses Beitrags der Mittelost-Korrespondentin des Preußischen Landboten eine Replik des wundervollen fürstlichen Armreifs von Leubingen.

So herum funktioniert das! Wobei absolut nichts gegen die exzellente Präsentation der Brandenburger Landesarchäologie im Gebäude des hervorragend rekonstruierten Pauli-Klosters zu sagen ist. Das ist Museum auf hohem Niveau. Und auch die unvergessen Sonderausstellung "1636 – ihre letzte Schlacht" von Frau Dr. Sabine Eickhoff war ganz großes Kino ...

... aber eben auch ein Stück aus dem Lehrbuch, wie man einen Glücksfall, echtes Kapital, einen Sechser mit Zusatzzahl mitsamt seiner bienenfleißigen Entwicklerin in der Wüste verhungern lassen kann. Denn da hatten wir die besagte Personalie erster Güte und das Artefakt gleich dazu – das Massengrab aus Wittstock. Und da hatten wir dann auch ein mangelndes Interesse, dass dieser Ausstellung der ihr gebührende Erfolg beschieden sei. Edinburgh ... Stockholm ... , nö nach Dresden war in München dann Schluss. Es sei zur Ehre der geprellten Brandenburger gesagt, dass die Bajuwaren die Wanderausstellung wie die Schuwiaks behandelten. So nachtragend kann man ja gar nicht sein - nicht nach 374 Jahren! Oder? Doch - die Bayern schon - niemand ist so rachsüchtig wie ein geohrfeigter bayerischer Katholik.

Das einzige Defizit auf brandenburger Seite – Frau Eickhoff ist eine eher zurückhaltende, harte Arbeiterin im Weingarten des Herrn. Die Ambitionen einer echten Rampensau, wie sie der beliebte Berliner Landesarchäologe Matthias Wemhoff sehr zum Vorteil seiner Branche präsentiert, gehen ihr ab. Das ist kontraproduktiv, denn leider menschelt es auch in diesem Geschäft: Wer auf die Trommel drischt, wird wahrgenommen – lediglich fleißige Hintergrundarbeit ohne das entsprechende Palaver färbt bestenfalls die Federn der anderen.

Also lassen wir dieses traurige Thema hinter uns und schauen auf Dinge, die das Herz erfreut. Es ist ja nicht allein die Gnade der spektakulären Hinterlassenschaften der Schnurkeramiker, Glockenbecher, Aunjetitz-Leute und wie sie alle genannt wurden – es ist die Art und Weise, wie Harald Meller und seine Mitstreiter diese privilegierte Situation umsetzen und ihren Beritt international namhaft machen. Das fasziniert!

Nun mangelt es dem Herrn K. aus Brandenburg an der Havel an brillanten Ideen beileibe nicht. So ist uns erinnerlich, dass es einen Gedanken gab, die damals noch leerstehende Halle des ehemaligen 850er Walzwerks in Brandenburg um das Jahr 2010 herum zu einem Depot umzubauen, in dem von Kriegen und Zerstörung bedrohte Artefakte krisensicher eingelagert werden könnten. Die Barbarei von Bahmian, das Wüten des IS, die Plünderung der irakischen Museen zur Zeit der amerikanischen Besatzung – all das verlieh den Projekten des umtriebigen K. schon eine konkrete Substanz.

Nur – zu Ende gedacht war das Ganze eben nicht. Allem voran die Finanzierung: Wer soll denn den Abtransport und die Einlagerungskosten für die in Frage kommenden Kulturgüter bezahlen? Die armen Teufel vor Ort, ein paar zerlumpte Beduinen vielleicht, oder ein Kultusministerium des betreffenden Landes, das nur noch dem Namen nach existiert? Oder vielleicht die UNESCO? Oder gar vielleicht der deutsche Steuerzahler? Zumindest für letzteren winkte die märkische Landesregierung seinerzeit ab und – der Ballon war geplatzt, der Drops gelutscht ...

Bei Mellern ist das alles anders. Da baut Mitteldeutschland kurzerhand die Ringanlage von Pömmelte wieder auf, und Goseck auch und widmet der Himmelsscheibe in Nebra ein hochmodernes Museum und weist die Fürstengräber touristisch gekonnt aus und potenziert routiniert Artefakt um Artefakt zu einem Zuschauermagneten.

Und weil man die Propagandafront beinahe beliebig erweitern kann – Matthias Wemhoff macht es televisionär vor – schreibt Harald Meller fleißig Bücher. Auch solche, die ein Laie verstehen kann – und die schreibt er sehr, sehr gut. Es macht Spaß, sie zu lesen, sie sind schlüssig, sie machen neugierig und ... was machen wir nur dieses Wochenende? ... Ach weeßte was, wir pilgern zu all den Stätten, über die Herr Meller so schön geschrieben hat! Da stehen wir dann in Pömmelte und es verschlägt uns den Atem.

Weil das so ist, greift das alte deutsche Wirte-Dogma: Ein zufriedener Gast zieht viere nach! Also flugs ein Selfie gemacht und an alle potentiell dafür in Frage kommenden Adressaten verteilt und schon nach drei Minuten trudeln die ersten Kommentare ein: "Wo issen das?", und "Mensch, das ist mal 'ne Idee für den nächsten Samstag" und "Wollen wir da nicht mal zusammen hin?"

Dann noch ein Beitrag im Landboten – nein, der Radakteur bekam dafür keinen Brakteaten Rabatt auf die Replik des goldenen Fürstenrings und auch keinen verbilligtes Entree und keinen warmen Händedruck – das braucht's auch gar nicht – wirklich Gutes hat eben schon immer die besten Chancen sich zum Markt-Selbstläufer zu entwickeln.

Kaum gesagt, wabert wiederum die Erinnerung an Frau Eickhoff in unseren Köpfen herum. Diese Frau zwischen Elbe und Saale ... - was für eine Vision! Exzellentes käme mit Ausgezeichnetem zusammen und ein neuer, heller Stern eines neuen Reiches von Nebra auf dem Gebiet der Altertumsforschung könnte sich über dem Mitteldeutschen Himmel erheben.

 
B
13. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

20.12.2018