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Funzel adieu!
Der Preußische Landbote verabschiedet sich mit tiefer Trauer im Herzen von einem großartigen Blatt! Doch – es bleibt dabei: Es ist eine Katastrophe epischen Zuschnitts. Von solch einem Hammer wurden das letzte Mal die Dinosaurier getroffen. Deren Killer kam damals aus dem All – unser aus Berlin! Da gab es also eine Beilage, die mit allen großen Blättern des deutschen Sprachraums mühelos mithalten konnte, ja, welche sogar verbindliche Standards setzte. Und diese Beilage konnte sich – das war nota bene ihr Alleinstellungsmerkmal – sogar eine eigene Zeitschrift leisten. Die Rede ist von der legendären Funzel, welche kostenlos den Eulenspiegel, Deutschlands genialste Satirezeitschrift, mitschleifte und über die Runden rettete. Wenn der Kioskverkäufer an der Ecke verkündete, die neue Funzel wäre da, dann wurde man bleich im Hamburger, Kölner und Mainhattener Zeitungsviertel. Doch nun brach auch diese Säule deutschen Geistes zusammen unter dem steten Ansturm des Ozeans der menschlichen Dummheit. Natürlich, um Funzel und Eule zu verstehen, bedurfte es mindestens einer halben Hirnwindung mehr, als sie eine Amöbe aufzubieten in der Lage ist. Und wer hat das schon? Als ihr Verlust erstmalig in den Redaktionsräumen des Preußischen Landboten bemerkt wurde, gefror den Genossen Redakteuren Blut und Gesichtsausdruck. Schweigend setzte der Redaktionslehrling die preußische zivile Dienstflagge auf Halbmast und man hätte sich wohl zu einem ehrenden Gedenken erhoben, wenn die Beine nicht reihum den Dienst versagt hätten. Der stellvertretende Chefredakteur des Landboten kabelte mit zitternden Händen ein Schreiben folgenden Wortlauts nach Berlin: Liebe Genossen
Kollegen! Der im Hause des Preußischen Landboten hochverehrte ( - mangels Lichtbild steht ein leerer Bilderrahmen unmittelbar hinter dem Foto unseres Säulenheiligen Dr. Kurt Tucholsky, wie dieser nonchalant, top-elegant und noch gertenschlank auf einer Parkbank sitzt -) Dr. Mathias Wedel replizierte darauf: Lieber Michael
L. Hübner bzw. Kotofeij K. Bajun (Kidanow) Ach wenn, das Johannes
Conrad selig wüsste! Man vernahm einen dumpfen Aufschlag: Der Chefredakteur
hatte sich hinter einen fahrenden Bus geworfen, Herr Katz deklamierte
nur noch verzweifelt: „Oj gewalt, au wei geschrien!“ Bajun stellte sich
zum Abschied melancholisch das legendäre Foto aus einer einstigen DDR-Funzelausgabe
auf den Schreibtisch, mit einem kleinen schwarzen Bändsel versehen.
Es zeigt eine ostdeutsche Hausfrau
mit Haarwickler und Nudelholz in der Hand im Windfang ihres Hauses stehend.
Vor ihr, auf den Stufen des Windfangs zur Straße hinunter, steht ein
kleiner Schimpanse. Und die Hausfrau kommentiert die Szene mit den Worten:
Das ist der Gipfel! Früher kam Erwin immer mit einem Affen aus der Kneipe
nach Hause. Nu kommt der Affe schon allein!
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© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012
10.07.2017