Herman van Veen
eine Vauban-Festung gegen die menschliche Dummheit
Kotofeij K. Bajun. Havelsee. Geboren
wurde er, da befand sich das Deutsche Reich, das auch seine Heimat besetzt,
geschunden und verwüstet hatte, in seinen letzten verzweifelten Abwehrkämpfen.
Es ist davon auszugehen, dass die Nachkriegszeit auch für Holland und
seine Heimatstadt Utrecht kein Zuckerschlecken war. Die Menschen mussten
ans Überleben denken. Die große Zeit der VOC war vorbei – die Niederlande
hatten ebenfalls arg zu kämpfen.
Herman aber wurde Musiker. War das etwas Bodenständiges, als er in seiner
Heimatstadt Musik und Musikpädagogik studierte? Konnte so etwas seinen
Mann ernähren?
Wir glauben, Herman ist nicht der Mensch, der danach fragte. Er studierte
im Hauptfach „Das Leben“. Dafür musste er wahrscheinlich nicht in den
Hörsaal. Sein Lehrer war der „Trommler, der beharrlich in ihm schlug“.
Herman muss dieses Leben lieben und das Leben liebt Herman.
Wie sonst kann man wunderschöne Lieder schreiben, die einem die Tränen
in die Augen treiben, ohne auch auch nur einem Quäntchen verlogener
Romantik, süßlichem Kitsch oder anderem rosarotem Schwachsinn Raum zu
lassen. „Kleiner Fratz auf dem Kinderrad …“ Da saust er dahin, der kleine
Wolfi unseres Redakteurs Herrn Hübner. Und es ist haargenau so, wie
Herman es besang. Genau so! Da steckt so viel Liebe in den Zeilen, dass
sie wohl das Zeug hätte, die Welt zu retten.
Denn Herman ist ein Gerechter. Ob die Juden das nun genauso sehen und
ihm früher oder später die höchste Auszeichnung der Menschheit um den
Hals hängen oder auch nicht. Das ist egal. Vor Gott ist Herman ein Gerechter
unter den Völkern. Einer der Seelen rettet. Ein Clown der Superlative.
Einer der in der Liga eines Popow mitspielt, ohne wahrscheinlich je
den Ehrgeiz verspürt zu haben, darauf hinzuarbeiten.
Herr Hübner erzählte uns einst, er könne sich an eine Kindersendung
erinnern, in welcher Herman durch ein Spukschloss gestreift und dabei
an einen Geisterritter in seiner Rüstung geraten sei. Warum und wieso
das Gespenst sich auf einmal dematerialisierte, Herr Hübner weiß es
nicht mehr. Aber er erinnert sich an Herman, wie dieser in die Halsöffnung
der Rüstung von oben hineinrief: „Mach doch kein Quatsch, Ritter, komm
raus!“
Nichts könnte Herman besser beschreiben: Das Gespenst will ihm Angst
machen, aber Hermans Sorge gilt dem Geist, ob er sich auch nichts getan
habe.
Nun ist Herman selbst ein Ritter, ein echter Ritter des Ordens von Oranien-Nassau.
Ob ihm das etwas bedeutet? Wohl eher weniger. Seine Tochter Babette
bedeutet ihm etwas, dieser einstige kleine Fratz auf dem Kinderrad.
Vielleicht sah er in ihr alle Kinder und adressierte mit seinem Lied
auch alle Großen, die das innere Kind in sich bewahrten und jenem Trommler
zu folgen bereit sind, der beharrlich in ihnen schlägt.
Hermans Schöpfung ist die kleine Ente Alfred
Jodokus Kwak. Eine Ente
… und kein Tiger, Löwe oder Raubsaurier, deren Attribute von vornherein
mit Macht durch körperliche Überlegenheit und Gewalt über andere assoziiert
werden. Diese archaische Projektionsfläche bietet Herman den Kindern
von vornherein nicht an. In gewisser Weise ist seine Ente Alfred auch
ein Antipode der saudummen amerikanischen Hau-drauf-Cartoons á la Tom
und Jerry, Road Runner und Coyoten-Carl oder in der jetzigen Fassung
Grizzly und die Lemminge.
Herman, dieser grundgütige Mensch, präsentiert seinen persönlichen Gegenentwurf:
Eine kleine, gelbe Ente stellt er auf im Kampf mit der Dummheit und
lässt sie gegen das Böse in dieser Welt antreten und am Ende lässt er
sie, seinem Credo entsprechend, siegreich sein.
Seit Albert Einstein ist es Konsens, dass die Menschliche Dummheit unendlich
ist. Doch auch ein Genie wie Einstein kann sich mal irren. Seine Fehlannahme
in Bezug auf den „lokalen Realismus“ im Zusammenhang mit der Verschränkung
von Quanten beweist es. … und einmal ist keinmal. Also: Wenn Einstein
die Unendlichkeit der Menschlichen Dummheit postulierte und eine Theorie
als widerlegt gilt, wenn man auch nur einen Faktor aufzuzeigen in der
Lage ist, der ihr fundamental widerspricht, dann nennen wir diesen Faktor
bei seinem Namen: Herman van Veen.
An diesem Manne kommt die nach Curd Goetz gefährlichste Mikrobe, die
Mikrobe der Menschlichen Dummheit, welche die Menschheit und ihre lebendigen
Mitgeschöpfe vom Anbeginn der menschlichen Entwicklung an bedroht, nicht
vorbei. Hier ist ihr Maß und Ziel gesetzt! Am Urmeter von Hermans Menschlichkeit
wurde sie gemessen und gewogen und für zu leicht befunden.
Herman hat ein zärtliches Gefühl für jedermann, für jede Frau, welche
diese Welt bereichert und wir haben dieses zärtliche Gefühl für Herman,
der ein gewichtiger Teil dieses Reichtums dieser Welt ist.
Bleib noch lange bei uns, Herman. Mach, dass wir noch lange, lange nicht
an deiner Rüstung stehen und verzweifelt rufen müssen: „Mach keinen
Quatsch, Herman, komm raus!“ Du bringst die Farbe in die Welt und ohne
dich wird sie grau und einsam, du Ritter der Liebe, der zarten Töne
und der puren Schönheit, der du in deiner Rüstung mehr Zuversicht und
Hoffnung unter die Leute bringst, als das selbst eine Johanna von Orleans
je vermocht hätte. Herman – Preußen liebt Dich.
Und wenn sich der Preußische Landbote in seinen unzähligen Holmgängen
mit den Feinden von Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit im Berserkertum
verlieren sollte, wenn er Gefahr läuft, seinen Feinden ähnlicher zu
werden als es ihm lieb sein kann, dann hat er immer noch einen Trumpf
im Ärmel, eine Richtschnur, einen Ariadnefaden, der ihn sicher zu den
Werten zurückleitet, die er die seinen nennt und die zu verteidigen
er einst geschworen hat: Herman van Veen!