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Mit Cannabis ins Land jenseits aller Realitäten Don M. Barbagrigia. Berlin. Sieh an! Sieh da! Unter der Grünen Rigide – man verzeihe uns, dass wir der alten Arbeiterverrätertante SPD keine Erwähnung mehr tun – sie gibt als vermeintliche Seniorpartnerin in der aktuellen Koalition eine wahrlich jämmerliche Figur ab – wurde jetzt also die Droge Cannabis so ein bisschen freigegeben. Naaa – nicht so ganz dolle – aber so ein paar Pflänzchen darf jedermann anzüchten und ein paar Gramm immer dabei haben und natürlich darf er oder sie dann das Zeug auch rauchen und sich die Birne zudröhnen. Marihuana und Haschisch – sicher, sie gehören zu den weichen Drogen, aber doch zu den Einstiegsdrogen, die bereits so mancher tödlichen Drogenkarriere den Weg ebneten. Drogen – das ist ein Thema, dem sich der Landbote bislang eher selten widmete. Wir suchten keinen Kontakt zu diesem Teufelszeug und wollen das auch gar nicht. Nun gut – auch Alkohol oder Tobak ist ja den Drogen zuzurechnen und in früheren Jahren hat so manch ein Landbote genüsslich an seiner Zigarre gesogen oder die Pfeife geschmaucht. Dass in der Mitte die Maßkrüge guten Bieres standen, Pilsener, Lager, Kölsch und Porter, die nordischen Oele und die guten Weizen aus dem Süden, das Kilkenny – gesprochen „Kiltsch“ oder das schwarze Guinness und manchmal auch das Tsingtao aus den deutschen Braukesseln der gleichnamigen chinesischen Metropole – immer zwar alles hoch selektiv – aber doch Alkohol. Und klar, der wurde akkompaniert durch so manche Buddel erlesenen russischen Wodkas, oder einen 100-$-Whisky von Schottlands herrlicher Insel Islay, einen 78%igen Jamaikaner, bei dem derjenige, der ihn verdünnen wollte, auf die Pfoten bekam, dass ihm Hören und Sehen verging … , gute, geistige Kost verachtete man auch in der Redaktion nicht. Das wurde mit der Zeit zwar seltener – dennoch kann sich der Leser sicher sein, dass hier kein prüder Abstinenzler- und Prohibitionistenverein vom Leder zieht. Das hat nun alles seine Wurzeln in der europäischen Historie. Was sollte man auch machen in den Zeiten, da der Konsum natürlichen Wassers bestenfalls noch für die paar Hanseln relativ ungefährlich war, die an der Quelle eines Gebirgsbaches siedelten? Alle anderen brauchten entweder ein gestähltes Immunsystem oder eben alkoholische Getränke, die den tödlichen Mikroben sicher den Garaus machten. Nur wurde das Zeug im Allgemeinen in physiologischen Dosen genossen. Womit wir nicht behaupten wollen, dass es die dem Mittelalter so gerne unterstellten Saufgelage nicht tatsächlich gab. Zu einem gesellschaftlichen Problem aber schienen sie nur in Russland, Polen oder Schweden geworden zu sein. Natürlich erließ der Prophet Mohammed – gepriesen sei sein Name – aus gutem Grunde ein Alkoholverbot. Die enthemmende Wirkung des berauschenden Gesöffs führte immer wieder zu ebenso leidvollen wie vermeidbaren Katastrophen. Wenn sich zwei junge, wehr- und arbeitsfähige Männchen um ein Stammesfräulein in die Haare bekamen, weil der Alkohol die Wirkung des Testosterons noch potenzierte, dann konnte der gesamte Stamm durch den Ausfall der beiden ganz fix in eine existentielle Notlage geraten. Das kann die Freundin oder Ehefrau auch heute noch, wenn der Olle besoffen zum Gestaltwandler wird. Nein, diese bewusstseinsverändernden Drogen fordern eines ihren Konsumenten ab: Maß halten! Doch welcher Nackte Affe fühlt noch einen inneren Drang, sich selbst Zügel anzulegen? Wem erscheint dies noch als erstrebenswerte Tugend? Die Jugend entdeckte das Komasaufen für sich, welches für uns nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen ist mit dem herrlichen Porträt, das Herr Oswald von Wolkenstein ausgangs des 15. Jahrhunderts von einer Sauftour zeichnete, als er der Welt das wunderbarste Trinklied aller Zeiten schrieb: „Wolauff, wir wellen slauffen …“ Doch abseits vom Willen zum Überleben, was treibt moderne Zeitgenossen dazu, sich über ein verträgliches Maß hinaus die Kante zu geben, sich abzuschießen, auf dass es „des frühen Morgens herrlich in der Gosse ende …“ wie Dieter Noll es so wunderbar in seinem „Werner Holt“ zitierte? Warum kiffen Menschen, warum „fixen“ sie? Was geht in ihnen vor? Drogen, so schrieb es einer unserer Redakteure in seinem schriftlichen Vermächtnis an seinen kleinen Sohn, sind chemische Substanzen, die das neuronale System verändern um Realitätsverweigerern eine temporäre Flucht vor den Anforderungen der Umwelt zu ermöglichen. Da sind also Leute, die mit sich und der Welt nicht klarkommen und die eiern mit ihrem rosaroten Segelboot mitten durchs Delirium. Hinterher kommt der Affe oder der Kater, oder sie sind „turkey“, der Körper spielt verrückt – sie leiden wie die Hölle – scheiß drauf, her mit dem nächsten Schnaps, dem nächsten Schuss! Man sagte den ersten Grünen nach, dass viele von ihnen solche Graskonsumenten gewesen seien. Vielleicht – wir wollen da nichts unterstellen, was wir nicht handfest untermauern können – waren auch sie es, die diesen Drogenkonsum in die bürgerliche Mitte hineintrugen. Die Yuppies der späten Achtziger und der Folgejahre, die in Frankfurt Mainhattan mit den echten Ersparnissen hart arbeitender Menschen Monopoly und Roulette spielten und Milliarden versenkten, die benötigten mehr und mehr Drogen wie Kokain und LSD, um wieder „runter zu kommen“, denn während ihres Milliarden-Geschachers standen sie ja ständig unter Strom. Die anderen fraßen Panzerschokolade, wie die Droge Ecstasy von den Nazis genannt wurde. … und diese Droge fraß sie und wandelte sie in wahre Monster. Immer und immer wieder lautete der Grundtenor, der Süchtigen, sie bräuchten eine „Auszeit“ von einem Leben, dessen sie nicht mehr Herr wurden. Man ist also unzufrieden und sieht keine Möglichkeit, die Dinge dergestalt zu verändern, dass sie den inneren Bedürfnissen zumindest in einem akzeptablen Umfange entsprechen. Waren darum die Fusel-Regale der DDR-Kaufhallen so gut gefüllt, wo doch an vielem anderen böser Mangel herrschte? Es geht die Rede, Partei und Regierung hätten die Bevölkerung mit dem Blauen Klaus, dem Blauen Würger und wie das Gelumpe hieß, ruhig stellen wollen. Das Bier in der Stahlwerkskantine des VEB Stahl- und Walzwerkes Brandenburg, einer veritablen Knochenmühle von Format, stand selbstverständliche neben der Brause. Nur übertreiben sollte man es halt nicht. Die Schrebergärtner waren bei ihren Grillfesten regelmäßig so besoffen, wie viele Parteifunktionäre nach ihren „Besprechungen“. In Westdeutschland, dem gehätschelten Schaufenster des Kapitalismus nach Osten, man diese Dinge mit einer süffisanten aber dennoch in sich schlüssigen Analyse. Doch wieder bestätigt sich, dass man das Maul nicht so weit aufreißen sollte, wenn man den Bettler verhöhnt. Schon morgen könnte man neben ihm sitzen und siehe – die Bundesrepublik bricht den Rauschgiftdamm auf. Diese Paste bekommen die nie wieder in die Tube zurück: Dammbrüche entwickeln stets eine Eigendynamik. Die Bundesregierung folgt dem Druck der Straße? Wirklich? Das wäre ja das erste Mal! Aber sei es drum! Gesetzt der Fall, es wäre so. Wo kommt er denn her, dieser Druck? An welcher Stelle begann er sich aufzubauen? Satte Menschen sind träge beim Spieß, wenn es gilt in den Krieg zu ziehen und glückliche Menschen trüben ihr Glück nicht durch Drogen. Das ist eine Binsenweisheit. Somit wäre das Zeugnis, das sich die Bundesregierung mit der Legalisierung des Cannabis hinsichtlich ihrer eigenen Arbeit ausstellt, wiederum ein denkbar schlechtes. Aber das ist nun wirklich nur noch ein weiteres Puzzleteil, das sich nahtlos in den Gesamteindruck einreiht, den die fürchterlichste Bundesregierung, welche dieses Land je zu ertragen hatte, hinterlässt. Diese Regierung
kann man sich nicht mal mehr schön saufen. Aber Drogen helfen da auch
nicht. Abwählen – das würde helfen. Darauf einen Dujardin! |
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B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003 14.01.2024 |