Rot gegen Braun
Lina muss in den Bau
David M. Katz. Havelsee. Hart
ist es: Ein paar Linksextremisten wurden in Dresden zu hohen Haftstrafen
verknackt, weil sie dem Staat das Gewaltmonopol entzogen und ein paar
Neonazis angriffen.
Sympathisanten beschimpften die Richter als Faschisten und das Urteil
ein Ergebnis von Klassenjustiz. Das eine wie das andere ist natürlich
ideologischer Blödsinn.
Bei aller Sympathie für die wehrhafte Linke – aber sich mit ihren Feinden
auf ein Niveau zu begeben, heißt, sich desselben Verbrechens schuldig
zu machen. Moralisch gesehen gehören die zwölf Terrorjahre und Auschwitz
für die Linksextremisten entlastend auf die Waage – juristisch gesehen
… nicht! In diesem Punkte müssen wir das Gericht einfach in Schutz nehmen.
Der Preußische Landbote steht jedem Extremismus außer dem der extremen
Demokratie feindlich und ablehnend gegenüber. An die Adresse der linksextremen
Haupttäterin und ihrer Kombattanten gerichtet können wir nur fragen:
Worin liegt der Unterschied, ob wir von Schergen der Gestapo oder von
den Knochenbrechern der GPU abgeholt und eliminiert werden?
Den Nationalsozialismus in all seinen Erscheinungsformen konsequent
zu bekämpfen, ist ein Gebot für jeden Demokraten. Wenn sich der Nationalsozialismus
mit Gewalt die Macht holen will, oder wenn er sie wie 1933 auf legalem
Wege erlangt hat, dann aber gewalttätig wird, dann muss auf einen harten
Klotz ein harter Keil gesetzt werden. Das steht außer Frage. Dass man
den Anfängen wehren muss auch. Aber das Gneisenau fälschlicherweise
zugeschriebene Militärdogma, Angriff sei die beste Verteidigung, greift
hier aus mehreren Gründen nicht.
Gneisenau war zu klug, um so einen Unfug zu verzapfen. Tatsächlich schrieb
er: „Jeder Angriff muss mit einem Verteidigen enden.“
Was soll das auch? Jeder verdroschene Nazi ist ein Märtyrer. Hallo?
Horst-Wessel-Lied? Feldherrenhalle? Blutzeugen? Klingelt’s da nicht
in euren linksextremistischen Krawallbirnen?
Hier und jetzt aber rechtsfreie Räume eröffnen zu wollen, Lynchjustiz
zu etablieren und Cowboy und Indianer zu spielen – man mag von den hehrsten
Gefühlen für die Sache der Arbeiter, Bauern und aller unterdrückter
Völker erfüllt sein oder sonst einer Utopie erfüllt sein, aber das geht
einfach nicht.
Ihnen das Wasser abzugraben, an ihre Verbrechen erinnern, ihnen keine
„national befreiten Zonen zuzugestehen“ – das alles geht in Ordnung,
aber alles, was darüber hinausgeht, führt nur in die Anarchie der späten
Zwanziger und frühen Dreißiger.
Ein dem Landboten bekannter Vater eines damals kleinen Schuljungen sagte
ihm – das muss anfangs der Siebziger gewesen sein: Wenn du angegriffen
wirst, mein Junge, dann erlaube ich dir, deinen Gegner zu erschlagen
und ich werde immer hinter dir stehen. Greifst du an, erschlage ich
dich!“ Harter Tobak – aber in der Sache korrekt!
Das ist es, was wir an die Rot-Front-Leute weitergeben: Angriffe und
auch Präventivattacken sind keine Option. Wenn sie glauben, dass sie
sich mit den Neonazis auf die brutale Tour auseinandersetzen müssen,
dann sollen sie sich wenigstens nicht so abgrundtief und dämlich anstellen,
dass ihnen der Rechtsstaat den schwarzen Peter aus dem Ärmel ziehen
muss.
Es sei denn, die jungen Kämpfer der Weltrevolution hatten von Anfang
an eine plakative Aktion im Sinne. Das wäre schäbig. Die Verbrechen
der Nazis zu instrumentalisieren , das Elend der in den Konzentrationslagern
inhaftierten und der von dem Raubkrieg betroffenen Opfer der Nazis für
die eigene Sache in ideologische Geiselhaft zu nehmen, wäre hundsgemein.
Das wird keinem dieser Opfer gerecht.
Wir können nicht sagen, ob die Haft diese Leute läutern wird. Fanatiker
sind selten heilbar. Zumindest die Jeschowtschina und die Gulags sollten
das Blut dieser Hitzköpfe etwas herunterkühlen.
Ein Leser des Landboten kommentierte den Vorgang so: Gebt jedem dieser
Irren einen Knüppel in die Hand! Die einen kriegen rote und die anderen
bekommen braune Armbinden. Dann verschließt die Stadiontore und postiert
Soldaten auf den Rängen. Dann löst sich das Extremismus-Problem von
allein.
Dieser Meinung sind wir nicht. Denn das hatten wir bereits. Wie gesagt:
in Weimar. Das brachte gar nichts, außer Erich Kästners Erkenntnis,
dass die Kommunisten in den Notaufnahmen des Krankenhauses am Urban
die mit den Schusswunden und die Nazis die mit den Stichwunden waren.
Eine gute Bildung würde eventuell helfen. Aber die kostet. Vielleicht
nicht mal so viel wie ein fünfjähriger Gefängnisaufenthalt. Aber Bildung
taugt nichts, wenn sie nich ubiquitär wirkt. Und manchmal taugt sie
auch gar nichts – wie man am Beispiel Kim Jong Uns ablesen kann.
Uns aber machen die Leipziger Affäre und die nachfolgenden Krawalle
Angst: Wie wir es prophezeit haben – es geht wieder los. So wie damals.
Enden wird es wieder mit Trümmern, Blut und Tränen – und hunderttausenden,
wenn nicht Millionen Toten.