Vor Todesangst gestorben – oder
Eisberg voraus!
B. St. Fjøllfross
Havelsee.
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung titelte Sofia Dreisbach ihr Interview
mit der promovierten Pfarrerin Dr. Nikola Schmutzler mit dem epochalen
Satz: Aus Angst vor dem Sterben haben wir aufgehört zu leben.
Wir wollen diesen Satz eine Weile wirken lassen.
Diese wenigen Worte fassen eine gesamte Tragödie klar und präzise zusammen
– eine tragische Situation, in der sich die moderne Welt – und Deutschland
ganz vorne mit dabei – befindet.
Wenn man sich das Interview genauer durchliest, dann stellt sich heraus,
dass die Pfarrerin letzten Endes etwas geringfügig anderes fokussierte,
als der Preußische Landbote herausliest. Ihr ging es wohl eher um die
Beziehungen der Menschen zum Tod, zum Sterben und der Kultur, die um
dieses Thema herum entwickelt wurde. Sie sieht Corona bedingte Einbrüche,
welche das Land um Jahrzehnte hinter das Erreichen dieser Errungenschaft
zurückgeworfen hätten.
Wir zielen auf etwas anderes ab: Wir sehen in all den verzweifelten
und ruinösen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus
das Desaster zu Tage treten, dass die Menschen überhaupt keine Kultur
um das Sterben und den Tod entwickelt haben. Das, was die Pfarrerin
meint, kann dann wohl bestenfalls eine kulturelle Fassade gewesen sein.
Hier offenbart sich der Wahnsinn, den Tod als natürlichen und unabdingbaren
Teil des Lebens völlig ausklammern zu wollen und seine Präsenz, wenn
sie sich denn einmal unnachgiebig offenbart, mit einer Art gesamtgesellschaftlichem
Deichbau abwehren zu wollen. Verzweifelter Aktionismus. Rungholt, Hamburg
und New Orleans lassen grüßen.
Hier offenbart sich Hybris. Es ist die alte Hybris der Menschen, die
sich trotz des gescheiterten biblischen Turmbauprojekts zu Babel immer
wieder und in penetranter Stete dazu versteigt, zu behaupten: Dieses
Schiff kann selbst Gott nicht versenken! Doch, kann er. Ein simpler
Eisberg auf der Jungfernfahrt hätte ausreichen können, die Menschheit
dauerhaft eines Besseren zu belehren.
Der Tod ist ein Regulativ des mehrzelligen Lebens seit zwei bis drei
Milliarden Jahren. Der Tod verhindert, dass das proliferierende Leben
an sich selbst erstickt. So bedauerlich es seit Anbeginn für einzelne
Individuen war, dass ihre Körper als Träger ihrer irdischen Existenz
wieder in ihre molekularen und atomaren Bestandteile zerlegt und diese
Bestandteile dann anderem Leben zu erneuter Verwertung oder Rekombination
zur Verfügung gestellt werden - so sehr die Menschheit selbst mit theologischen
Phantastereien versuchte, den Tod wenigstens mit der Aussicht auf ein
ewiges Leben nach dem Tode ideell zu besiegen – es ist alles vergebens.
Das Einzige, was hilft, ist eine konsequente Verwertung der Erkenntnisse,
die wir seit Jean-Baptiste de Lamarck, Alfred Russel Wallace und Charles
Darwin gewonnen haben. Deren Akzeptanz und Einbau in unsere persönliche
Lebensphilosophie allein kann uns befähigen, „keinen stillen Tod zu
sterben, während wir noch leben“ – quasi aus Angst vor dem Tod auf das
Leben zu verzichten.
Wer sich in ein Glashaus inmitten eines Hochsicherheitsbunkers mit Rundumversicherung
begibt, um damit den Risiken des Alltags zu entfliehen, mag vielleicht
sein Leben um einiges verlängern. Am Ende aber wird er oder sie jedoch
mit einiger Sicherheit feststellen, dass dieses Leben kaum wert gewesen
ist, gelebt worden zu sein – denn es ähnelte unter solchen Umständen
eher einer puren Existenz statt einem ausgefüllten Leben.
Der Preußische Landbote hat mit Querdenkern nichts gemein, welche die
vorherrschende Situation ausnutzen, um ein bisschen Fronde zu spielen.
Nichts hat der Landbote gemein, mit Leuten, welche die Gefährlichkeit
dieses Virus in Abrede stellen oder zu relativieren trachten.
Des Landboten Attitüde aber ist die kühle Rationalität und die Relationalität.
In diesem Sinne richten wir das Fernrohr vom Bugsteven des Deutschland-Dampfers
in die Fahrtrichtung und melden der Brücke: Eisberg voraus!
Wir wissen noch nicht, welcher Art dieser Eisberg ist. Wir sind keine
Propheten. Wir wissen nur, dass er da draußen bereits unterwegs ist
und stramm auf unseren Kurs zu hält.
Sei es der Kollaps der Wirtschaft, der mit Pleitewellen und einer Verelendung
der Massen bei parallel einhergehendem Zusammenbruch der Sozialtransfersysteme
korrespondieren kann – die Selbstmorde der Bankrotteurs und die Opfer
der Ausschreitungen bei den dann zu erwartenden sozialen Unruhen mögen
den Corona-Statistiken getrost gegenüber gestellt werden.
Seien es die in ihren Spätfolgen nicht ausgetesteten Impfseren – Contergan
lässt grüßen.
Seien es die massiven Umbrüche in vormals funktionierenden demokratischen
Strukturen, die mehr und mehr diktatorische Züge annehmen und demokratische
Errungenschaften verkümmern lassen wie einen abgestorbenen Ast am Baum.
Denn eine Regierung, das zeigt die Erfahrung, die erst einmal Blut geleckt
hat, wird kaum freiwillig die einmal an sich gerissenen Machtmittel
wieder aufgeben. Warum? Nicht einmal so aus bösem Willen oder der gemutmaßten
verdorbenen Natur der Regierenden heraus. Nein, es regiert sich mit
einem Mehr an Diktatur und einem Weniger an Demokratie einfach leichter
und bequemer und effizienter und …
… und all diese Begründungen kann man ja im Nachhinein dann argumentativ
nachschieben. Alles unter dem Oberbegriff „zum Wohle des Volkes!“ Man
kennt das bereits. Nur, was das Volk tatsächlich als sein eigenes Wohl
empfinden würde, danach wird der „große Lümmel“ (Dr. Heinrich Heine)
natürlich nicht gefragt. Das wäre ja noch schöner! Wo kämen wir denn
da hin? Wo sind wir jetzt?
Der Preußische Landbote sagt es Ihnen: Wir begleiten einen Ochsenkarren,
der den letzten Merowinger-König Childerich III. Ende des Jahres 751
am Haupthaar geschoren in das Kloster Sithiu zu lebenslanger Verwahrung
bringt. Childerich war ein Souverän von Gottes Gnaden, so wie das Volk
der Deutschen gemäß seinem Grundgesetz. Regiert wurde er von einem mächtigen
Geschlecht von Hausmeiern, den Karolingern, die irgendwann mal beim
Heiligen Vater anfragten, ob bei diesen Machtverhältnissen nicht ein
gesunder Pragmatismus vertretbar sei, welcher demjenigen die Macht zubilligt,
welcher sie auch tatsächlich ausübt. Der Sukzessor Petri sagte dazu
Ja und Amen und der arme Childerich, seine Frau Gisela und sein Sohn
Theuderich wurden in verschiedenen Klöstern inhaftiert und wurden somit
nicht nur um ihr eigenes, sondern auch noch um ihr gemeinsames Leben
betrogen. So kann es … nein, so ergeht es Souveränen, die ihre Macht
anderen anvertrauen und den Hausmeiern Schrägstrich Regierungen dann
versäumen straffe Zügel anzulegen.
Im Übrigen wusste schon der Kriegsverbrecher
und Morphinist Hermann Göring, dass man sich billig jedes Volk dieser
Welt gefügig machen könne, wenn man ihm nur Angst zu machen versteht.
Wir ergänzen: Je diffuser diese Angst gezeichnet wird und je weniger
bekannt ist, wie den Ursachen dieser Angst wirksam beizukommen ist,
desto eher suchen die verängstigten Schafe die Nähe des Hirten und lassen
sich willig führen, wohin ein cleverer Hirte es wünscht.
Als primäres Wohl empfindet das Volk derzeit übrigens überwiegend eine
weitere Illusion, die es sich neben dem „Eiapopeia vom Himmel“ (ebenderselbe)
gegenwärtig zu gerne überhelfen lässt: die Illusion, die von der Regierung
und deren Nachbrennern auch gebetsmühlenhaft genährt wurde, dass es
nämlich möglich sei, gegen diese Todesangst einen wirksamen Damm aufzuschütten.
Einen Damm, wie einst die chinesische und dann die Berliner Mauer –
den antifaschistischen Schutzwall, wie wir uns lebhaft erinnern. Einen
Damm wie einst den Limes und den Hadrianswall … riesige, in Aufführung
und Unterhaltung enorm kostenintensive Bauwerke, die eine Bedrohung
von außen abwehren und kontrollieren sollten und im Endeffekt nicht
nur den bereits in voller Fahrt befindlichen Niedergang der Systeme
zuverlässig wie ein Indikator aufzeigten, und zwar der Systeme, die
als Bauherren auftraten.
Dieser Damm wird von den ungetesteten Impfseren und den sogenannten
Lock Downs repräsentiert, katastrophalen Inzisuren in das Wirtschaftsgetriebe
einer Gesellschaft. Das Volk wird sozusagen ins künstliche Koma versetzt.
Hoffentlich stellt von draußen zwischenzeitlich niemand den Strom für
die Beatmungsgeräte ab, äh … wo soll der eigentlich noch herkommen,
dieser Strom? Wer erzeugt ihn, wer bezahlt ihn? Von was?
Doch zurück zu unseren vorgenannten immensen Verteidigungsanlagen: Nicht
die Stärke des Systems wurde durch die Investition und spätere Unterhaltung
solcher Dämme, Mauern und Wälle bezeugt, sondern dessen fortschreitende
Schwächung, innere Aushöhlung, der nahende Zusammenbruch, die unvermeidliche
Kapitulation vor Kräften, denen niemand auf die Dauer gewachsen ist.
Ach, Klio, du Göttin der Geschichtsschreibung, was hättest du uns zu
lehren, wenn dir nur jemand zuhören wollte! Noch mal: Die chinesische
Mauer wurde errichtet, um die Mongolen und andere Steppenkrieger aus
dem chinesischen Reich fernzuhalten. Als sie fertig war, war es der
chinesische Staat auch, und zwar so sehr, dass General Wu Sangui 1644
den Mandschu die Tore öffnete. Alles, wozu dieses Jahrzehntausendbauwerk
noch diente, war, den Ort des Einfalls des äußeren Feindes zu determinieren.
Ihr Zweck, eine Invasion zu verhindern, war zu diesem Zeitpunkt bereits
ad absurdum geführt.
Abgesehen von anderen gesellschaftlichen Spannungen, die in jener Epoche
auch in China geherrscht haben – es war nicht zuletzt der alle Ressourcen
fordernde und über Generationen das Land schwer belastende Bau der Mauersegmente,
die als der Große Drache zu Weltberühmtheit gelangten, welcher den Aufstand
auslöste, der hinwiederum Wu Sangui die Tore öffnen und dem Feinde Einlass
gewähren ließ.
In diesem Sinne noch einmal vom Krähennest des Preußischen Landboten:
Eisberg voraus!