Deutscher Frauenfußball
in Peking – eine Glanzleistung wahren Sportsgeistes
J.- F. S. Lemarcou
„Wenn ich richtigen
Fußball sehen will“, brüllte Don Miquele durch
die Räume der Redaktion, „dann fahre ich auf eine
märkische Kuhbläke und schaue den Bauernburschen beim
Bolzen zu. Oder aber ich sehe mir Frauenfußball an. Die
Frauen sind die einzigen, die, wie die Spanier sagen würden,
Eier in der Hose haben. Die greinen nicht ihren Porsches und
den Schlagzeilen der Boulevardpresse hinterher, lassen sich
nicht für Millionen-Ablösen verhökern, bespringen
sich nicht wie die Bonobos, verzichten auf die martialischen
Gesten, sondern spielen einfach nur einen blitzsauberen, herrlichen
Fußball.“ Ehrfürchtiges Schweigen. Dann: Applaus!
Es ist ja richtig: ein schönes Spiel muß nicht technisch
perfekt sein, oder strategisch ausgefeilt – ein schönes
Spiel zeichnet sich dadurch aus, daß man den Spielern
die Freude am Spiel anmerkt und eben nicht den Druck des Klassenerhaltes,
den unbedingten Zwang zur Steigerung des eigenen Marktwertes
– all diese Ersatzkriegshandlungen, die von als Trainern
verkleideten Generalen und ihren als Spielern maskierten Soldaten
initiiert werden. Das ist trotz einiger artistischer Leistungen
am Ball und manchmal wirklich staunenswerter Spielzüge
alles so zum Gähnen langweilig, so überprofessionell,
so abgedroschen. Es ist halt eine Fußballindustrie.
Nun soll das alles nicht heißen, daß wir dem Matriarchat
undifferenziert die Füße küssen. Frauen sind
nicht die besseren Menschen – die schlechteren aber auch
nicht. Es hat wohl eher damit zu tun, daß der seit Jahrhunderten
männlich dominierte Fußball als feminin betriebener
Sport nur sehr, sehr zögerlich in die hohlen Schädel
der Möchtegern-Silberrücken dringt. Wer zu beschränkt
ist, weibliche Beine unter anderen Gesichtspunkten zu bewerten
als in ihnen nur den verheißungsvollen Eingansbereich
zu männlich-orgastischen Freuden zu sehen, der wird gar
nicht anders können als sich gegen die unwiderlegbar höhere
Qualität des Frauenfußballs zu verwehren. Das aber
sagt nur etwas über die Dummheit, Hilflosigkeit, Ignoranz
und Realitätsferne von einigen Millionen deutscher Männer
etwas aus.
Die Damen mögen uns verzeihen – aber wir würden
just diesen Zustand gerne noch so lange als möglich konserviert
wissen. Denn wenn erst die Werbe- und Sponsorenindustrie auf
diese Frauen aufmerksam wird, dann geht das verflachende, langweilige
Sporttheater sicher auch bei ihnen los. Und das wäre unendlich
schade. Dann blieben uns wirklich nur noch die bolzenden Bauernburschen-
und -mädels.
Die deutsche Frauennationalmannschaft um Birgit Prinz hat sich
in der Verlängerung ein wundervolles 2:0 gegen die schwedischen
Damen erspielt. (Merken Sie’s: wir sprechen ganz bewußt
nicht davon, daß Deutschland Schweden „geschlagen“
hätte und was da an unsäglichem Vokabular noch umhergeistert.)
Der Preußische Landbote hat naturgemäß mit
den Farben Schwarz-Rot-Gold nicht allzuviel am Hut, weil uns
als Preußen unsere polnischen, russischen und livländischen
Nachbarn näher sind, als beispielsweise die Franken, Hessen
oder Pfälzer. Das Reich ist uns ziemlich wurscht. Dennoch,
als die deutschen jungen Frauen diesen durch und durch sportlichen,
ungedopten und unmanipulierten Sieg erragen, bemerkten wir zum
ersten Male schmerzlich die Abwesenheit des schwarz-rot-goldenen
Tuches. Wir werden uns eines anschaffen. Unseren deutschen Fußballerinnen
zu Ehren. Chapeau, Mesdames!