In eigener Sache
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B. St. Fjøllfross
Immer wieder werden die Herrn
Redakteurs (das ist kein grammatikalischer Fehler, sondern der Pluralis
Borussiae – die preußische Mehrzahl – die das auslautende
„e“ durch ein „s“ substituiert) des Preußischen
Landboten gefragt, in welcher Auflage das Blatt wo und in welchen
Abständen erscheine.
Die Antwort darauf ist denkbar simpel: Es erscheint weltweit unter
der ISSN 1613-8910, es erscheint im Internet, es erscheint in unregelmäßigen
Abständen. Wenn man im Schnitt einen Artikel pro Woche kalkuliert,
dann liegt man in etwa richtig. Manchmal ist es mehr, mitunter weniger
– das kommt darauf an, welche Themata sich anbieten oder zur
Verfügung stehen.
Nichtsdestotrotz – wenn man den Erscheinungsort benennt –
dann gibt das meist lange Gesichter: „Ach so, na ja, dann…“
Da schwingt so der Unterton: „Na, dann ist das ja keine wirkliche
Zeitung…“
Eine richtige Gazette, so eine aus Fleisch und Blut, die muß
man am Kiosk kaufen können! Papier muß in der Hand rascheln
und knistern. Und hernach sollten sich schon das Butterbrot und die
Umzugsgläser in die Zeitung einwickeln lassen. Vor allem aber:
Man muß bezahlen, seine Pfennige über einen Tresen wandern
lassen – dann taugt das was.
Was umsonst ist, ist umsonst, nicht wahr! Kostenlose Broschüren
sind doch zu allermeist angefüllt mit hohlem Gebrabbel, für
das sich kein Aas interessiert. Kosten muß es, kosten!
Dahinter steckt der uralte Irrglauben, daß alles, was einen
gewissen Wert verkörpert, nur auf dem Weg des Kaufens oder Tauschens
zu erwerben sei. Weil es irgend jemand auf der Welt schon besitzt,
vor Einem besitzt! Das muß einfach so sein! Und dann führt
der Weg zu diesem Gut nur über Raub oder Kauf. Zugegeben, in
99,9% aller Fälle mag das so stimmen. Aber Ausnahmen gibt es
immer.
Wer nun diesem Wahn blindlings so verhaftet ist, daß er –
alleine dem Umstand der statistisch betrachtet äußersten
Unwahrscheinlichkeit geschuldet – den Klumpen Gold zu seinen
Füßen nicht aufhebt – ‚der kann ja da eigentlich
gar nicht liegen’ – der vergibt sich selbst etwas.
Man mag nun postulieren, wenn der Landbote etwas tauge, dann würde
er sich zweifelsohne auch auf einem kommerziellen Markte behaupten.
Nun, das eben ist blanker Unsinn. Daß das ganze Gegenteil der
Fall ist, haben uns Weltbühne und Bildzeitung – jeweils
von einem diametralen Ansatzpunkt aus – hinlänglich bewiesen.
Die Weltbühne war ein Juwel. Sie hatte ständig mit dem Banquerott
zu kämpfen. Die Bildzeitung hingegen floriert prächtig.
Nein, das hängt in erster Linie mit dem Strickmuster der Bevölkerungsmehrheit
zusammen. Und – nein, das hat etwas mit dem Anspruch an sich
selbst zu tun, wie sich eine Gazette vom Format des Landboten auf
einem Markt verkaufen kann oder will. Und der Landbote will sich überhaupt
nicht verkaufen!
Sehen Sie, es ist doch so mit der vielgerühmten Freiheit der
Presse: Jedes Printmedium, daß von seinen Absatzzahlen lebt,
muß Rücksichten nehmen. Es muß genau hinhorchen,
was Inserent und Kunde wollen. Und das muß es bedienen. Dann
hat es ständig auf dem Sprung zu sein, juristisch einwandfrei
und wasserdicht zu publizieren. Denn wo sich auch nur zwei Pfennige
zusammenfinden, da leuchtet im Auge des Nachbarn schon die Begehrlichkeit.
Die ganze Freiheit dieses Organs besteht lediglich in der Wahl der
Mittel – keinesfalls im Inhalt.
Unabhängig ist man erst, wenn man wie einst Siegfried Jacobsohn
sagen kann: Mein Herr (meine Dame respektive), Sie können mein
Blatt lesen oder es sein lassen. Eine andere Wahl und Einflußmöglichkeit
bleibt Ihnen nicht!
Des Brot ich eß, des Lied ich sing! Der Landbote bäckt
und ißt sein eigenes Brot. Deshalb wird er auch in Zukunft die
eigene Melodie trällern. Das ist unsere Freiheit. Wir erkaufen
Sie mit unserer franziskanischen Armut.
Diesen Preis zahlen wir gerne dafür, daß wir uns noch jeden
Morgen im Spiegel ertragen können. Und das ist ein gutes Geschäft!