Frau Ayaan Hirsi Ali
– eine Aufklärerin der islamischen Welt
Jules-Francois Savinien
Lemarcou
Es war einmal ein Dichter aus
der islamischen Welt, der hieß Salman Rushdie. Und dieser Dichter
schrieb „Die satanischen Verse“. Dafür verhängtem
hohe islamische Würdenträger eine Fatwa über ihn, die
besagte, daß jeder, der Herrn Rushdie künftig begegne,
berechtigt und aufgefordert sei, ihn umzubringen. Allah wolle es so!
Nun, Herr Rushdie ist noch immer am Leben und fast scheint es so,
als habe Allah das Urteil seiner geistigen Richter verworfen und aufgehoben.
Doch halt! Dieser Schluß hätte auch eine fatale Seite:
Hieße das nicht, daß Derselbe, der Einzige, Allah es abgesegnet
hätte, daß der holländische Filmemacher van Gogh –
ein Sohn des Hauses van Gogh, dem der weltberühmte Maler entstammt
– von feiger Assassinenhand auf offener Straße niedergemeuchelt
worden wäre? Unser Herz würde sich dagegen empören,
das zu glauben.
Die Kollegin und Coproduzentin Herrn van Goghs, die holländische
Parlamentsabgeordnete Frau Ayaan Hirsi Ali schwebt noch immer in latenter
Lebensgefahr, seit sie mit Herrn van Gogh jenes vieldiskutierte und
bei Fanatikern verrufene Filmwerk schuf, daß sich mit der verbreiteten
Situation der Frau im Islam befaßte. Stets begleitet von Bodyguards
kann sie sich nur in gepanzerten Limousinen durchs Land bewegen. Zumindest
ihr Leben in Freiheit ist definitiv vorbei, weil die Killer des Alten
vom Berge auf den Moment lauern, da sie auch ihr Leben zum Verlöschen
bringen können. Um dann zu tosen, es sei Allahs Wille vollstreckt
worden. Doch das ist Idiotie! Wenn Allah seiner Tochter Hirsi Ali
ans Fell wollte, er bräuchte nicht Kains verdorrte Hand dafür…
Nein, diese Mörder vollstrecken ihren eigenen Willen und pfeifen
auf Allahs Gebote. Sie tun das, weil Frau Hirsi Ali mit unnachsichtiger
Wucht aufdeckt, was in einer Anzahl islamischer Familien vor sich
geht und was nach dem Willen dieser Familien hinter den Mauern ihrer
von archaischen Ehrbegriffen geprägten Häusern versteckt
zu beleiben hat. Vor allem geht es ihr um die Degradierung der Frauen
solcher Familien zu einem weitestgehend entrechteten Gegenstand von
Heirats- und Verkupplungspolitik, der mit der Entlassung aus der eigenen
Familie nicht etwa die eigene persönliche Freiheit erlangt, sondern
vielmehr auf entwürdigende Art und Weise durchgereicht wird.
Ansehen ist solchen Frauen nur zugänglich, wenn sie als Söhne
gebärende Reproduktionsmaschinen erfolgreich sind. Werden sie
nicht mit Söhnen „gesegnet“ erwartet sie oft die
Hölle auf Erden. Schikanen auf allen Seiten – ein Leben
lang. Dann dienen sie bestenfalls noch als gelegentliche Lustbefriedigungsobjekte
ihrer Herrn und Meister. Sollten diese an Persönlichkeitsstörungen
leiden, so dürfen die gequälten Frauen zusätzlich als
wehrlose Prügelobjekte herhalten. Das gilt insbesondere, wenn
sie es wagen, das Recht auf eine eigene Verwirklichung, auf eine selbstbestimmte
Lebensführung anmelden. Das kann schon mal mit der gewaltsamen
Verkürzung ihres irdischen Daseins enden.
Das alles entspricht nicht der Seele des Islam, des Islam der das
Licht des Orients erstrahlen ließ, als Europa trotz des Feuers
der unzähligen Scheiterhaufen in finsterste Dunkelheit versank.
Wo sind Harun-al-Raschid, ibn Sina, Salah-ad-Din, und wo sind die
großen Kalifen von Cordoba, von deren Förderung von Kunst,
Kultur und Wissenschaft die Menschheit noch heute entscheidend zehrt?
Es macht für uns, die wir Töchter und Söhne des sogenannten
Christlichen Abendlandes sind, den Eindruck, daß der Islam,
der nunmehr in seinem fünfzehnten Jahrhundert angekommen ist,
sich nach dogmatischen Aspekten beleuchtet, dort befindet, wo wir
in unserem 15. Säkulum standen: In einer Zeit, die nach entscheidenden
Reformen nachgerade brüllte, weil sich die religiösen Institutionen
von Gott und seinem Willen abgewandt hatten, verweltlichten und unverblümt
den Machtinteressen einiger Weniger angepaßt und untergeordnet
waren. Der Papst Alexander VI. Borgia unseligen Angedenkens verkörpert
letztendlich diese ganze reaktionäre Epoche.
Eine solche Zeit gebiert natürlich auch jedesmal mutige Menschen,
die eine Neubetrachtung und eine Neuordnung der Dinge vehement einfordern.
Mitunter mögen sich unter diese auch fanatische Wirrköpfe
einzuordnen versuchen, die keinen Deut besser sind, als die, die sie
zu entmachten suchen. Die französische Revolution liefert uns
die entsprechenden Beispiele zuhauf.
Dennoch, Heroen wie Wicklif, Hus, Dr. Th. Münzer, Giordano Bruno,
Galilei, Sickingen und Hutten, Erasmus von Rotterdam, Friedrich von
Spee, Pirckheimer und der Piemontanus, und nicht zuletzt unsere Nachtigall
von Wittenberg stellten sich dem überkommenen und festgefahrenen
System entgegen und bezahlten häufig mit lebenslanger Repression
oder gar ihrem einzigen und gottgegebenen Leben.
Wenn aber der Islam aus der fatalen Vita seiner älteren Schwesterreligion
zu lernen bereit ist, dann wird er nach eingehender Untersuchung der
Geschichte des europäischen Umbruchs um die Mitte des letzten
Jahrtausends feststellen, daß sich der Fortschritt hin zu einer
liberaleren und offneren Gesellschaft nur gewaltsam verzögern
– keinesfalls aber verhindern läßt.
Diese Verzögerung aber geht zu Lasten der einfachen Leute –
derer, die den Fortbestand ihrer Religion mit ihren Herzen und Köpfen
über die Generationen hinweg garantierten. Was also Fanatiker
wie die „christlichen“ Häscher der Inquisition oder
aber die modernen Taliban erreichen ist das Gegenteil dessen, was
sie angeblich zu bewahren trachten – das Volk wendet sich stets
über kurz oder lang ab von einer geistlichen Welt, deren Existenz
sich nur noch durch solche Gewaltverbrecher legitimieren läßt.
Die Folge davon ist ein durch und durch bigottes System, wie es beispielsweise
die U.S.A. repräsentieren. Die Folge davon ist ein massenhafter,
von absoluter Gottlosigkeit geprägter „Liberalismus“,
der zu nichts anderem als einem Massenverfall aller gesellschaftserhaltenen
Werte und damit direkt in eine tödliche Anarchie führt.
Das wäre überzogene Polemik, sagen Sie? Nun, Sie brauchen
nicht einmal mehr nach Los Angeles South Central oder in die New Yorker
Bronxx zu fahren, um sich vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu überzeugen.
Legen Sie sich im Sommer 2005 an die Algarve und warten Sie ab, bis
sie von einer Horde jugendlicher Bandenräuber am Strand überfallen
und ausgeplündert werden! Mit der neuen Armut, die kein religiös
fundiertes Mitleid mit den Armen mehr kennt, kommt die Gewalt der
Jaquerien des Mittelalters, der Coquillarden und der Bauernhaufen,
der Hussiten und der entfesselten Mordbrenner zurück.
Wer immer im Islam genau diese Entwicklung zu verhindern wünscht,
sollte sich den progressiven Tendenzen in seiner Religion anschließen.
Das bedeutet, man kann zu Frau Ayaan in Kontrast treten, man kann
eine andere Meinung entwickeln, aber man muß dieses Gefecht
auf intellektuelle Art austragen, mit dem Geist, mit dem Verstand,
mit dem geschliffenen Argument. Vor einem und einem Viertel Jahrtausend
entwickelte der Halbmond genau diese Form der menschlichen Auseinandersetzung
zu einer Blüte, wie sie kaum jemals zuvor und sicher nie wieder
danach beobachtet werden konnte.
Dolche und jede andere Art von Waffen sind nur der Ausdruck von unterlegener
Dummheit und primitivster Schwäche. Sie bedeuten, daß jemandem,
der sich ertappt fühlt, ganz böse auf die Füße
getreten wurde und sich dieser Jemand nicht anders zu behelfen weiß,
als mit dumpfer uns stumpfer Gewalt. Der Koran deckt ein solches Vorgehen
mit keiner Sure. Ebensowenig deckt er nach unserer Kenntnis das Verbrechen,
daß sich ein Mensch über den anderen erhebe. Insofern kann
eine Frau nie ein Mensch minderer Klasse sein, und kein Mann darf
je über sie verfügen oder ihr gar Gewalt antun.
Dieser patriarchalische Mumpitz ist nachträglich von ängstlichen
Männern in die islamische Weltsicht hineininterpretiert worden,
weil sie ihre Frauen anders nicht zu halten wissen. Liebe ist ihnen
ein zu unsicheres Geschäft. Und Liebe verlangt Dinge zu geben,
die nur Starke zu geben vermögen. Nichts für Schwächlinge,
die allein physische Überlegenheit anzuerkennen vermögen.
Es sind beinah globale Verlassensängste, die sich in diesem Irrsinn
widerspiegeln. Um so verwerflicher ist es, daß eben jene Frauen,
die am meisten unter diesen archaischen Verhältnissen leiden,
diese idiotische Tradition am konsequentesten weitertragen. Sie erziehen
ihre Söhne in diesem Schema, und sie treiben ihre Töchter
dem Elend zu, das sie selbst einst erfuhren.
Zum Teufel mit der pseudofeministischen Gleichmacherei! Es gibt zwei
Arten von Menschen: Frauen und Männer. Diese aber sind in all
ihrer Verschiedenheit absolut gleichberechtigt. Und wenn das Wörtchen
„absolut“ je eine Geltung besaß, dann an dieser
Stelle! Diese beiden Arten Mensch können sich nur unter der Prämisse
der absoluten Gleichberechtigung zu einem harmonischen Menschheitsbegriff
zusammenfügen, der am besten durch das chinesische Yin-Yang-Prinzip
verdeutlicht wird. Eine Unwucht in diesem Rad des Lebens hat für
die Menschheit als Ganzes desaströse Folgen. Das mögen sich
die kleinen Haustyrannen beiderlei Geschlechts geflissentlich vor
Augen führen, auch wenn ihr Horizont für gewöhnlich
nur bis zur Schwelle ihres Hofes reichen mag.
Frau Ayaan hat sich vom Islam losgesagt. Das ist ihr gottgegebenes
Recht. Und wenn sie darüber irgend jemandem Verantwortung schuldet,
dann nur und ausschließlich Allah selbst. Und dieser gnade einem
Jedem, der sich in selbstherrlicher Manier zum Deuter und Vollstrecker
göttlicher Allmacht aufschwingt! Denn das ist das Letzte, was
der staubigen Kreatur des Sechsten Tages zukommt. Dafür gab’s
schon einmal eine Sintflut.
Frau Ayaan kritisiert mit scharfer Stimme unislamisch perverse Auswüchse
des Miteinanders von Menschen, die ihr verbrecherisches Tun versuchen,
von Koran bemänteln zu lassen. Auch das ist ihr Recht –
und wenn es Allah nicht paßt, dann ist die Rache Sein und nicht
irgendeines Anderen.
Und Frau Ayaan legt ihre zarten Finger unnachgiebig auf die wahre
Ursache des Leidens ihrer Geschlechtsgenossinnen: Daß nämlich
denen, die am lautesten schreien, die Botschaft des Islam am wenigsten
gilt. Daß sie es sind, die den Koran schänden, indem sie
ihn zum Werkzeug für ihre Machtgelüste degradieren, so,
wie es verbrecherische „Christen“ Jahrhunderte lang mit
der Bibel taten.
Islam bedeutet Achtung vor dem Anderen. Der Islam ist eine Religion
der Liebe und nicht des Hasses. Das fünfmalige Gebet in Richtung
Mekka, alle Moscheenbesuche, alle zur Schau getragenen Übungen
der Frömmigkeit werden denen vor Allahs Angesicht nichts nutzen,
die seine Botschaft durch ihre Ansichten und ihren Lebenswandel mit
Füßen traten. Den Frauenquälern und Selbstmordattentätern
wird kein Paradies zuteil werden. Für diese gibt es eine andere
Bestimmung. Und der Herr der Unterwelt wird sich eine Ewigkeit lang
persönlich bei ihnen zu bedanken die Gelegenheit haben, für
all die Steinwürfe zu Mekka, die das Böse in einer Steinsäule
suchten statt im eigenen Herzen.
Wiewohl zur Atheistin konvertiert, hat sich Frau Ayaan zur glühenden
Anwältin eines Islam entwickelt, der von Köpfen aus der
Steinzeit unausgesetzt vergewaltigt und bis zur Unkenntlichkeit verbogen
wird.
Für fühlen uns in Gemeinschaft mit allen ehrlichen Moslems
beiderlei Geschlechts, wenn wir in jedem Tag, aus dem uns Frau Ayaans
liebenswürdiges Gesicht entgegenleuchtet, Allahs wahren Willen
erkennen: Seinen Zuspruch zu Seiner tapfer kämpfenden Tochter
Ayaan Hirsi Ali.