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Die Firma Olympus und das „µ“
Jean-Francois S. Lemarcou
Olympus hat gewonnen! Die renommierte
Firma, die sich unter anderem mit dem Bau hochwertiger Digitalkameras
befaßt, hat ein Werbeplakat entworfen, das die Blicke auf sich zieht.
Und das ist ja schließlich die Aufgabe von Werbeplakaten. Dieses
hier wirbt für eine Kamera, zu deren Namen sich der griechische Buschstabe
„µ“ gesellt hat.
Nun gehen die Werbedesigner ganz richtig davon aus, daß ein Großteil
der Bevölkerung über soviel Bildung verfügt wie ein grasendes
Rind auf der Weide. Also wird nach Art eines Wörterbuches der Lautwert
des Buchstaben in internationaler Lautschrift erklärt. Und das liest
sich dann so: [mju]
Fällt Ihnen etwas auf? Die modernen Olympier, die ihren Namen von
dem Berge des klassischen Attikas schlechthin bezogen haben – sie
geben uns den Klagelaut einer englischen Katze wieder! Bravo! Und wir
wissen, die englische Katze klagt nicht grundlos. Denn, was sich hier
abspielt, das ist ein Trauerspiel.
Dieser zwölfte Buchstabe im griechischen Alphabet, dieses „µ“
wurde schon als [my] ausgesprochen, als sich auf den britannischen Inseln
noch Briten und Pikten auf keltisch verständigen und selbst die römische
Besatzung noch in ferner Zukunft lag. Ja Rom selbst war noch ein gottvergessenes
Dorf am Tiber, ein Nichts für alle Etrusker und Italer. Eine englische
Zunge aus dem Stamm des germanischen Sprachverbandes mit einem gewaltigen
romanischen Einfluß war daher zur Zeit der klassisch-hellenischen
Blüte eine trans-alpine Utopie von weitaus größeren Dimensionen,
als für unsere Gegenwart das Raumschiff Enterprise.
Aber nun, nach dem letzten vom deutschen Volke gründlich verlorenen
Kriege, ist es absolut zwanghaft geworden, dem ehemaligen siegreichen
Gegner den Speichel zu lecken. Wir sind in Deutschland halt, nicht im
Irak… Die Nazis waren ein Trauma und die Amerikaner waren peripher
an der Befreiung von diesen Höllenhunden beteiligt. Aber ein Höllenhund
– das war Saddam Hussein auch! Ebenfalls ein notorischer Massenmörder
und Menschenvernichter. Und doch bewahren sich die Mesopotamier eine ihnen
eigene Würde. Nicht so wir. Natürlich ist uns diese Anbiederei,
wenn wir schon wählen müßten, lieber als der mörderische
Wahnsinn, der sich im Zweistromland unter der Rigide der „Befreier“
abspielt. Das Zukreuzekriechen ist allemal unblutiger. Dennoch, irgendwann
angesichts des eigenen Spiegelbildes am Erbrochenen zu ersticken, das
ist auch nicht so lustig!!! Gott sei Dank sind die Deutschen in der Masse
zu stumpfsinnig, sich dieses Defizits einer eigenen, normalen Identität
bewußt zu werden oder gar darunter zu leiden.
Und jetzt schießt Olympus den Vogel ab! Ein kerngriechischer Buchstabe
muß nun englisch ausgesprochen werden, obwohl er im lateinischen
Alphabet nichts, aber auch gar nichts verloren hat. Das nennen wir die
Arschkriecherei sublimieren! Das heißt ein Prosit auf Unbildung
und Dummheit ausbringen. Und das von einem Unternehmen, dessen Namenspate
der griechische Sitz der Götter ist. Vater Zeus und alle Erinnyen
- laßt es krachen!
Olympus hat verloren! Nicht viel. Gott bewahre! Nur uns. Als Kunden nämlich.
So gut das Produkt sein mag – sogar unsere Rechner kennen es und
halten die entsprechenden Treiber problemlos vor – wir wollen es
nicht mit anenzephalischen Landsleuten teilen, die blöde genug sind,
sich von einer solchen Werbung zum Kauf verleiten zu lassen. Und wir wollen
ein Gerät kaufen, das aus den Händen rundum gebildeter Leute
stammt, oder zumindest von solchen, die ihre Bildung nicht zugunsten kriecherischer
Werbemoden verleugnen. Denn das halten wir für unseriös! Wer
uns etwas verkaufen will, der möge uns in sauberem Deutsch, Russisch,
Französisch, Englisch, Latein oder Spanisch erklären, was sein
Gerät kann und leistet. Aber er möge sich für eine dieser
Sprachen entscheiden und kein babylonisches Kauderwelsch brabbeln. Wer
sich nicht klar in einer Sprache auszudrücken versteht und dieses
Manko mit Firlefanz und Spinnereien auszugleichen sucht, der will etwas
verschleiern und statt ehrlicher Anpreisung mit Mummenschanz und Effekthascherei
sein Geld machen. Solchen Leuten aber trauen wir nicht über den Weg!
Und mit was?
Mit Recht!
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