Baaks
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Fuchs und Werbung

B. St. Fjøllfross
Eine namhafte und sehr gute Traditionsfirma auf dem Gebiet der Waschmittelerzeugung sowie eine ebenfalls sehr bekannte Bausparkasse haben eines gemeinsam: Sie lassen eine Comic-Figur in Gestalt eines Fuchses für sich werben.

Der Fuchs, der im europäischen Kulturraum seit altersher Schläue und Klugheit symbolisiert, der überall durchkommt und es versteht, alle Lebenslagen mit einem Minimum an Aufwand zu meistern, soll dem umworbenen Kunden ein Identifikationsmoment implizieren. Die Werbebotschaft lautet: Kaufst du unser Produkt, dann beweist du an dir die Eigenschaften des Fuchses: du bist clever, du verstehst deinen Vorteil zu nutzen! (Insofern sind die Gestalter dieser Werbefigur die wahren Füchse...)

Hier wird Schlauheit als umsatzförderndes Zugmoment suggeriert.

Wie aber verträgt sich das mit dem aktuellen Hang der Gesellschaft zur Kultivierung des Schwachsinns und der Blödheit? "Dumm und Dümmer" sind Kassenschlager, "Die Doofen" boomen, Slapstickbarden reichen sich die Klinke in die Hand und werden von einer stetig wachsenden Fangemeinde umjubelt. Das alles hat bestenfalls noch eine gemeinsame Wurzel mit dem Phänomen des Dummen August aus dem Zirkus. Dieser hatte dem Publikum die Illusion vermittelt: "Seht her, hier ist einer, der ist dumm! Und im Kontrast dazu seid ihr klug." Er gab also dem Volk das Gefühl, sich erheben zu können. Ein Urbedürfnis der meisten Menschen. Das zu befriedigen zahlt man schon mal das Zirkusentree. Die geheime Botschaft des guten Clowns, sozusagen das Anliegen eines jeden Narren von Format, dem Publikum einen diskreten Spiegel vor die Nase zu halten, kommt wohl stets nur bei einer kleinen Fraktion der Zuschauer an. Wichtig ist den meisten, daß da ein armes Schwein agiert, das noch mieser dran ist als sie selbst und ihnen somit das befreiende Lachen, (das verwandt ist mit der Schadenfreude,) ermöglicht.

Wie gesagt, das sind unter Umständen die Wurzeln der Blödelmanie, die derzeit fast ungebrochen im Lebensraum der deutschen Kulturnation endemisch grassiert.

Die jüngste Botschaft lautet anders: Wie schon in einem anderen Artikel besprochen, wird nunmehr die Idee vom Erfolg ohne Anstrengung postuliert: Du kannst doofer sein als dein Pausenbrot, dennoch schaffst du es locker bis ganz nach oben. Rumkaspern reicht! Alles was bis dato als unfeines Benehmen galt und gesellschaftlich abgelehnt wurde, bewirkt jetzt scheinbar das ganze Gegenteil. Die Kreise, die dem Doofen früher hermetisch verschlossen waren, nehmen ihn nun mit einem Hosiannah auf. (Das tun sie natürlich nicht wirklich, sondern nur für die Fernsehkameras - also für Geld und Publicity - weil der Pöbel das sehen will und dementsprechend dafür zahlt.) Und außerdem geht der Fakt oft unter, daß dieser Sprung nur ganz wenigen gelingt. Wer im normalen Leben ebensolche Possen reißt, macht in der Regel noch immer eine Bauchlandung.

Aber danach sehnen tun sich fast alle. Was? Sie sehnen sich nach Verblödung? Nein, nicht wirklich! Es geht nur um die berühmten gebratenen Tauben aus dem Schlaraffenland, die den Leuten in den Mund fliegen sollen, ohne daß diese sich dafür regen brauchen.

Also was will das Volk nun? Schlauheit des Fuchses oder die vorgegaukelte Dummheit und Sinnentleerung der modernen Schwachköpfe. Das Verona-Feldbusch-Prinzip also? Kurt Tucholsky kam der Wahrheit schon sehr nahe, als er prophetisch verkündete, das Volk sei doof aber gerissen.

Sie wollen gerissen sein wie der Fuchs, um nicht hinter dem Pflug gehen zu müssen und trotzdem das Hühnchen des Nachbarn stehlen zu können. Was die Welt darüber hinaus noch zu bieten hat, ist nebensächlich.

Das dürfte der Grund sein, warum sich also der Fuchs als Werbe- und Sympathieträger noch immer sehr gut eignet. Aber Vorsicht: Auch Verona Feldbusch ist mit ihrer zur Schau gestellten, nichtsdestoweniger prätendierten Dummheit eine hervorragende Botschafterin von Werbeaussagen. (Wenngleich hier die Kombination überdimensionales Sexappeal und dümmliche Naivität eine entscheidende Rolle spielen. Hier lautet die Implikation: Männer! Ihr könnt eine Sahneschnitte wie mich mit Leichtigkeit erobern, weil ich viel zu naiv bin, eure wahren Absichten zu durchschauen. Egal, wie blöd ihr seid und was ihr für Mist verzapft - ich werde immer zu euch aufschauen. Frauen! Macht's genauso wie ich und ihr kriegt alle Männer 'rum, vornehmlich die, auf die ihr aus dem ein oder anderen Grunde scharf seid.)

Richtige Vollidioten hingegen hat noch niemand ohne den Kontrast zu einem Cleveren in der Werbung agieren lassen, es sei denn, man wollte zum Ausdruck bringen: Wenn du das hier kaufst/ nicht kaufst, bist du schön doof. Also tu' gefälligst das Gegenteil, wenn du nicht die selbe jämmerliche Figur abgeben willst, wie der von uns plakatierte Hirni! (Werbung der Firma, die das Betriebssystem OS2 für Apple-Macintosh-Computer auf dem Markt brachte.)

So gesehen ist also der - wenngleich umjubelte - Volltrottel offensichtlich noch nicht das angestrebte Ideal fürs Volk.

Bezeichnend ist jedoch, daß die Eule als Vertreterin der Weisheit ebenfalls nicht dafür in Frage kommt, Produkte zu bewerben. Denn Weisheit muß erworben, in einem langen und schweißtreibenden Prozeß erkämpft werden. Das ist selbst dem Dümmsten klar. Und eben das will kaum einer.

Quintessenz? Klug und gebildet: nein! Schlau und gerissen: ja! Dumm und ungebildet: wenn's der Attraktivität auf das andere Geschlecht förderlich ist, kann man sich zumindest das entsprechende Mäntelchen überstreifen - also: akzeptabel!

Der Baaks (der damit wieder mal zum Außenseiter wird....)

1.Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003