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Sprache 2
An Herrn W. Hess, Chefredakteur
Bild der Wissenschaft
wissenschaft@konradin-medien.de
Berlin-Spandau, den 24.Julei 2003
abgedruckt in der
Bild der Wissenschaft
Heft 10/2003
Sprache in der Wissenschaft
Lieber Herr Hess,
Mit Ihrem Einleitungsartikel
haben Sie mir aus der muttersprachlichen Seele gesprochen.
Pionieren, wie Herrn Prof. Hans-Wolfgang Arndt kann man nur die Daumen
drücken.
Es sind derer leider noch sehr viele, die meinen, die wissenschaftliche
Welt müsse unter sich bleiben. Zu diesem Zwecke werden sprachliche
Barrieren aufgetürmt, die zu überwinden Interessierte aus dem
Stamm der Laien nicht hoffen brauchen. Selbst promovierte Physiker haben
kaum eine Chance, den Gedankengängen der Chemiker in der publizierten
Fachliteratur zu folgen. Dieses Verhalten ist nicht nur dem interdisziplinären
Sinne abträglich, es blockiert auch den essentiellen Rückhalt
in der Bevölkerung, dessen die Wissenschaft und Forschung dringend
bedarf. Denn wer finanziert denn letztendlich die Tätigkeit der klugen
Köpfe?
Ihr geschätztes Blatt verfolgt die Linie der Verständlichkeit
schon sehr lange. Aus diesem Grunde ist das Blau der „bdw“
auch Hauptrepräsentant in meiner wissenschaftlichen Gazettothek.
Die „Spektrum der Wissenschaften“ ist ein ebenfalls hervorragendes
Blatt, hat aber leider die Zeichen der Zeit bei der Auswahl ihrer Autoren
und Texte noch nicht verinnerlicht. So blieb mir nichts anderes übrig,
als das „Mutterblatt“, die „Scientific American“
aus Harlan/Ill. Zu abonnieren. Denn es ist so, wie Sie schreiben. Die
Amerikaner drücken sich verständlich und für den vorgebildeten
Laien nachvollziehbar aus. Weder Inhalt noch Aussage leiden darunter auch
nur im Mindesten.
Es ist also höchste Zeit, im deutschsprachigen Raum umzudenken.
Reine Fachliteratur gehört in entsprechende Fachveröffentlichungen,
nicht in Magazine!
Wissenschaftler, wollen sie gehört werden, müssen verstehen,
daß Geistesarbeit keine Angelegenheit des Elfenbeinturmes und interner
Zirkel sein darf. Hier darf es nicht um persönliche Eitelkeiten gehen,
sondern darum, Fortschritt in die Köpfe derer zu transportieren,
die letztendlich davon profitieren sollen.
Wir wollen keine Comics. Aber anspruchsvolle Berichterstattung kann auch
ohne Kodifizierung, Pomp und Schnörkel daherkommen. Sonst läuft
sie am Ende Gefahr, daß ein kleines Kind am Straßenrand steht
und ruft: „Der Kaiser hat ja nichts an!“ Zumindest der Verdacht
wird manchmal durch geschraubten Ausdruck impliziert, daß hinter
den Texten weniger zu finden sein wird, als sie vorgeben. Wir kennen das
Phänomen aus der Schulzeit: Wer wirklich was zu sagen hat, tut das
verständlich, kurz und prägnant. Die mangels Masse nichts beizutragen
haben, kommen schnell ins eiern.
Daher nochmals Dank für
den guten Beitrag an exponierter Stelle.
Es grüßt Sie
herzlich
Ihr Fjöllfross
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