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Hierarchien
B. St. Fjøllfross
Starke Persönlichkeiten umgeben
sich als Chefs mit charakterstarken Mitarbeitern. Nur sie können
es sich leisten. Sind die Subalternen schwache Kreaturen, so läßt
dies ziemlich eindeutige Rückschlüsse auf das Naturell des Chefs
zu. Es ist schon erschütternd, wenn man beobachtet, wie viel Energie,
wie viele Ressourcen, wie viel Kapazität, kurz: wie viel Produktivität
im Umgang der Menschen miteinander scheinbar sinnlos vergeudet wird. Man
sieht immer wieder, wie Vorgesetzte sich mit Minderbemittelten umgeben
und diese subalternen Gestalten wirklich fähigen potentiellen Mitstreitern
vorziehen. Diese werden sodann – und das scheint wirklich ein Paradoxon
zu sein – von eben jenen Unfähigeren kommandiert – und was noch schlimmer
ist, von diesen oftmals auch noch schikaniert. Letzteres findet seine
Ursache ganz natürlich in den Komplexen, die Dümmere Klügeren gegenüber
zu entwickeln pflegen. Wenn sie dann noch die Möglichkeit geboten bekommen,
es „denen“ mal so richtig zu zeigen, so werden sie auch in aller Regel
davon weidlich Gebrauch machen. Es ist ihnen Wollust. Hier sind sie die
Überlegenen! Hier haben sie das Sagen! Hier nutzt dem klugen Manne seine
Klugheit einen Dreck! Das Paradebeispiel ist der wilhelminische Unteroffizier,
der einen Abiturienten oder Studenten zum Rekruten bekommt. Dieser Unteroffizier
macht es sich nachgerade zum höheren Ziel, dem „Fatzke“ seine Allüren
und seine Bildung auszutreiben, aus diesem nutzlosen Material einen ordentlichen
Menschen zu schleifen. Wobei es der naturgemäß beschränkten Einsicht des
Kasernenhoftyrannen anheim fällt, was unter einem „Menschen“ zu verstehen
sei. Aus jedem Lebensbereich dürften genügend Beispiele vorliegen, wenn
sie auch nicht immer in der geschilderten krassen Form einhergehen. Es
lohnt die Frage, warum diese Phänomene so mächtig sind, daß sie jeder
menschlichen Einsicht trotzen. Ja, daß sogar Unternehmer gegen die Interessen
ihres eigenen Profitdenkens handeln und sich gleichsam knechtisch diesem
Verhalten unterwerfen. Nur dies vorweg: Es geht alles ganz natürlich zu!
Der Nackte Affe ist per se ein Rudeltier. Und in hochorganisierten Rudeln
herrschen die Gesetze der Hierarchie, die den Besten favorisieren sollen.
Natürlich ist es fast jedem Mitglied des Rudels ins Programm geschrieben,
den Platz Nummer Eins anzustreben. Da sind Konflikte mit dem aktuellen
Inhaber dieses begehrten Platzes nicht zu vermeiden. Konflikte sind immer
eine unangenehme Geschichte. Wer will das schon! Und die meisten Chefs
erinnern sich noch recht gut, welche Kämpfe es sie gekostet hatte, auf
die von ihnen gehaltene Position zu gelangen. Sie können kaum daran interessiert
sein, „Schlangen an ihrem Busen zu züchten“, sprich, ihre eigene Konkurrenz
ins Haus zu holen. Genau das aber würden sie aller Wahrscheinlichkeit
nach tun, wenn sie intelligente und fähige Leute in subalterne Machtpositionen
lancierten. Das entspräche der quasi selbstmörderischen Gefährdung ihrer
eigenen Machtbasis. Daher die retardierten und daher oftmals hündisch
ergebenen und loyalen Zwischenbefehlsträger, denen in aller Regel noch
soviel Einsicht zur Verfügung steht, daß sie erahnen, daß sie das geistige
oder organisatorische Niveau ihres Vorgesetzen nie würden erreichen können
und für die geringe Machtzuweisung mehr als dankbar sind. Sie werden sich
dieses Vertrauensbeweises täglich würdig erweisen! Sie sind die „Domini
Canes“ – die Hunde des Herren, die zuverlässig jeden potentiellen Störenfried
verbellen und verbeißen. Sie werden die bestehende Ordnung mit Klauen
und Zähnen verteidigen. Ist doch ihre eigene Existenz vom Weiterbestehen
dieser Ordnung direkt abhängig. Sollte der Chef straucheln – der steht
wieder auf! Daß er den Grips und die Fähigkeit dazu hat, diesen Beweis
hat er bereits erbracht. Aber wird er sie mitnehmen können oder wollen
bei seinem Neuanfang? Was wird dann aus ihnen? Und von den neuen Herrschern,
die sie solange pressieren halfen, ist im Allgemeinen wenig Gutes zu erwarten.
Da haben wir die Mechanismen, die im Alltag so oft Anlaß zum Kopfschütteln
geben: Wie kam dieses Rindvieh an diesen Posten?? Wo doch XY soviel geeigneter
gewesen wäre! Das ist wohl nur in Ausnahmefällen zu ändern – aber diese
Ausnahmefälle gibt es. |