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Über den Teufel

S. M. Druckepennig
Eine der ärgsten Listen aber des Teufels ist es, die Menschen glauben zu lassen, er sei nicht vorhanden. (Verzweifelte Argumentation mancher Kleriker wider die Aufklärer)

Man komme nicht auf das schmale Brett, ich verstünde mich als advocatus diaboli. Der Herr und Bringer des Lichtes bedarf meiner kümmerlichen Dienste nicht, sowenig wie meiner armseligen Seele. Es geht in diesem Artikel einzig darum, das Miteinander der Menschen erträglicher zu gestalten. Ein erster Schritt dazu wäre die Beendigung der unseligen Verleugnung eigener Schuld und das kindische Abwälzen dieser auf einen Anderen, Nichtanwesenden.

Eine der größten gutgemeinten Torheiten der Menschheitsgeschichte war die Kreation des Teufels. Meines Wissens geht sie einher mit der Etablierung der ersten dauerhaften monotheistischen Religionen – die sich auf diese Weise zu bitheistischen Religionen mauserten. Damit wurde das Böse personifiziert und externalisiert. Die Menschheit nahm diesen Blödsinn dankbar auf. Enthob er sie doch scheinbar der Verantwortung für die eigenen Untaten. Sie konnten ja von nun an sagen, sie seien von einem Dämonen fremdbestimmt gewesen. Ein weiterer Schritt zur Bequemlichkeit. Der peinliche Innere Schweinehund konnte nun exzellent kaschiert werden. Dämonen gab es schon in schamanistischer Vorzeit. Sie waren für alles mögliche Übel verantwortlich: Krankheiten, Viehsterben, Regenarmut, Überschwemmungen, fehlendes Jagdglück und vieles mehr. Die frühe monotheistische Religion eines gewissen Abraham aus Ur im Zweistromland verbannte Götter und Dämonen Schritt für Schritt aus ihrem Denkgebäude. Inanna, Ištar, Pazuzu und Baal flogen in hohem Bogen ’raus. Wer sollte nun aber für die Schlechtigkeit der Menschen verantwortlich sein? Also kam man auf den Gedanken, einen Ziegenbock symbolisch mit der Schuld der Menschen zu beladen um das arme Tier hernach mit Stockschlägen und Steinwürfen hinaus in die unbarmherzige Wüste zu jagen. Das war allemal bequemer als aufrichtig in den Spiegel zu schauen. Ein gegen den Vater aller Dinge rebellierender Engel war aber schon gefunden. Der Träger des Lichtes, der Leuchtentrager, der Erste unter den Erzengeln – sein Aufruhr und unterstelltes hegemoniales Bestreben entsprang zutiefst menschlichem Denken – in keinem Falle aber dem eines Erzengels, der vermöge seiner göttlichen Natur nur wertfrei denken und urteilen kann. Die Christen und Muselmänner nun, die sich als Deszendenten des jüdischen Glaubens aus diesem heraus entwickelten, nahmen dieses Angebot mehr als dankbar an. Wie gesagt, es war herzlich gut gemeint: Es sollte den Menschen eine Gewissenslast abnehmen und sie freier in ihrem Handlungsrahmen machen. Auf lange Hinsicht der gefährlichste Trugschluß, dem die Menschheit jemals erlegen ist. Die armen Narren merkten nicht, daß sie – dämonenverschuldet oder nicht – die Zeche für ihre Taten zu zahlen hatten. Aber sie waren für die Kurie, diesen großen Abkassierer und Vorläufer der Scientology-Sekte erpreßbar geworden in ihrer schrankenlosen Naivität. Und weil das so war, liefen alle klaren Denker, die dem Menschen die Verantwortung für sein Handeln rückübertragen wollten, geradewegs Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu landen. Schließlich gingen sie an eine gewichtige Einnahmequelle der Geistlichkeit und der eng kooperierenden Weltlichkeit – Jenseitsmärchen und theologische Geschichtchen hin oder her! Es bestand kein Bedarf an Aufklärern – selbst von Seiten der Geschundenen nicht – sie wollten ihren Trost nicht missen, mochte der auch über einen noch so faden Beigeschmack verfügen, gerade wie der Fusel, den sie soffen. Und dem Lieben Gott blieb Reinheit und Unschuld erhalten – konnte man sich doch an seinem Widersacher schadlos halten. Beide zur Rechenschaft ziehen war sowieso illusorisch. (In diesem Zusammenhang ist es interessant zu beobachten, wie Millionen von Muselmännern zu Mekka eine Steinsäule, die den Lichtbringer symbolisiert, mit Steinen bewerfen und meinen, sie hätten ein gutes Werk getan. Herr, ich glaube, es steht nicht einmal in Deiner Macht, die geistige Finsternis zu erhellen, in der sich diese Kindsköpfe bewegen.)
Interessant ist ebenso, wie die Juden das Problem angingen. In der Genesis lassen sie die Schlange der Eva zum Thema „Apfel vom Erkenntnisbaum“ sagen: „Eritis sicut DEUS, scientis bonum et malum!“ Nicht der Teufel also, der Mensch hatte die freie Entscheidung und hat sie behalten, seit die Ureltern den Apfel fraßen. Nicht der Teufel tut die Werke des Bösen – die Kreatur aus Staub und Dreck begeht sie. Alles andere sind Ammenmärchen. (Und im übrigen: Wenn der ALTE wirklich jemanden beauftragen würde, den Abschaum seiner Schöpfung bis zum Letzten Gericht zu verwalten, mal ehrlich, wäre es da nicht naheliegend, eher seinen zuverlässigsten Gefolgsmann mit diesem Scheißjob zu betrauen als den erklärten Oberkriminellen und Empörer? Das wäre ja, als hätte die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika Al Capone nach Alcatraz gebracht, um ihn dort zum Gefängnisdirektor zu befördern. Sollte Gott dämlicher sein als der Große Weiße Häuptling in Washington?)
Ich weiß wohl, daß es unmöglich ist, den Nackten Raubaffen in seinem Wesen auch nur ein Jota zu bessern. Diesen verhängnisvollen Irrtum haben schon viele begangen und mit ihrem Leben bezahlt – nicht zuletzt der Sohn Gottes, der arme Wanderrabbi Joshua aus Bethlehem. Aber es wäre schon viel geholfen, wenn ein paar Raubaffen mehr den Mut aufbrächten, ihre verkommenen, eigensüchtigen und bösartigen Charakterseiten zu akzeptieren, niemand anders denn sich selbst zurechnen zu wollen und mit dieser Wahrheit zu leben. Es wäre diese Welt schon um vieles lebenswerter, wenn man den Popanz „Teufel“ durch den Begriff „Innerer Schweinehund“ ersetzen würde und das Individuum im vollen Umfange in die Pflicht dafür nähme, wie es mit seinem Inneren Schweinehund umgeht. Es muß wieder eine werteorientierte Moral etabliert werden, die ohne ständige Angstgenerierung auskommt – die Leute aber dennoch in Zucht und Schranken hält. Denn die Ernte, die uns die Paulinische Aussaat bescherte, ist die Schrankenlosigkeit. Paulus, der allerchristlichste Demagoge und Frauenhasser meinte es gut und sperrte die Leute ein in den Knast der Angst und Furcht vor Gotteszorn und Höllenfeuer. Das Rezept ging nicht auf: Die Leute, die von Natur aus gutartig veranlagt sind, wären es auch unter anderen Prämissen gewesen. Der Rest blieb boshaft, brutal und rücksichtslos (Kreuzzüge, Dreißigjähriger Krieg, Papst Alexander VI, etc.). Die Aufklärer meinten es gut, sprengten unter gewaltigen Opfern diese Fesseln um den Mob, wie oben erwähnt, von dieser drückenden Last zu befreien und der dankte es ihnen, indem er völlig außer Rand und Band geriet. Wo es vorher am puritanischsten zuging, brach der Wahnsinn der menschlichen Dummheit und der pervertierten Daseinsformen am verheerendsten aus. Man besehe sich Musiksender wie Viva oder MTV, oder besuche Erotikläden und studiere deren Angebote beispielsweise an Pornofilmen. Das alles hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Ersten der Erzengel zu tun. Das ist Menschenwerk – sonst gar nichts! Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Uriel sich über die verbrecherische Dummheit der Kreation seines Chefs auch am liebsten auskotzen würde, wenn er denn kotzen könnte. Keinesfalls jedoch ist ihm auch nur im Entferntesten ein Interesse an der Promotion dieses Elends zu unterstellen. So ist denn die einzig mögliche Schlußfolgerung: Ein jeder arbeite an sich und mit sich. Da sich aber kaum jemand, verglichen mit der Masse der Menschen, diesem Grundsatz beugen wird, so ist anzunehmen, daß diese Welt mit dem ausgetickten Nackten Raubaffen eines schönen Tages geschlossen zum Teufel geht. Gott aber erbarme sich der unschuldigen Kreatur, die der Nackte Affe mit sich in den Abgrund reißen wird. Amen

1.Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003